Samstag, 25. August 2018

Sehr persönlich und fast schon lyrisch

Cloud 6 zeigt sich vielfältig auf dem neuen Album

Spielerisch und leicht. Blues hat nicht immer was mit alten Männer, die über eine verflossene Liebe jammern. Es geht auch frisch und leicht. Das beweist Cloud 6 mit dem neuen Album "Leaving Home".

Blues sei irgendwo zwischen Jazz, Swing, Rockabilly zu Hase, kalauerte mal Michael Arlt. Es ist ja wohl eher so, dass der Blues der Vater all dieser und noch viel mehr ist. Sei's drum. Auf jedem Fall bewgen sich die vier Musiker bei "Leaving Home" genau in diesem Bermudadreieck.

Diese Vielfalt ist nicht der Orientierungslosigkeit geschuldet sondern dem tieferen Verständnis einer Musik, die auf Dogmen verzichtet. 11 Songs haben sie in diesem Album zusammengefügt und zeigen damit eine Vielfalt, die bei Newcomern überrascht.

Das Tomtom-Gewummer beginnt, dann setzt die prägnante Stimme von Kim Shastri ein, dazu eine geslappte Gitarre ohne Effekte. Der Start ist rau und ungekünstelt und klingt ein wenig nach Jerry Lee Lewis. Es geht ja auch um animalische Angelegenheit. Die Background-Vocals halten das Tempo hoch bis Valentin Vollmer zeigen darf, dass ein Gitarren-Solo im Blues flott vor sich gehen kann. Auf jeden Fall klingt es stark nach tolle und Pomade.

Kim Shastri bedient bei Cloud 6 die Tasten und das
Mikrofon.        Foto: Kügler
Stilwechsel, "Run Baby Run" bewegt sich rückwärts und swingt wunderbar wie einst Cab Calloway. Mitschnippen lässt sich nicht mehr unterdrücken. Auch hier setzt der satte Chor ein und bereitet den Weg für das Piano-Solo.  Bei  "I still love you all" swingt es späer noch mal genauso. Das macht einfach gute Laune oder eben "Bei mir biste scheen", das Zitat ist nicht zu überhören.

Ganz reduziert kommt "Leaving Home" daher. Die Gitarre und der Bass legen die Basis, über der Shastri am Piano improvisiert. Auf der Oscar-Petterson-Skala gibt das ja schon mal 7 Punkte. Ganz ruhig und relaxt macht sich jeder auf den Weg und zum Schluss trifft man sich wieder.

Es ist wohl der persönlichste Song auf diesem Album. Er erzählt vom Verlassen und Wiederkommen und gibt an dieser Stelle die weitere Richtung vor. Überhaupt ist es ein Werk, das viel von seinen Machern und ihren Vorlieben erzählt. Da kann man auch verzeihen, dass "Leaving Home" einige Parallelen zu John Sebastians "Welcome Home" aufweist. Vielleicht sollte man es als musikalisches Vorspiel verstehen. Man muss ja erst mal was verlassen, um wiederzukommen. Nicht wahr?

Von wegen Jazz, Swing und Rockabilly. In "I got a Girl" steckt viel Mambo drin und wieder ein entspanntes Soll von Vollmer. Zusammen mit der Harb ergibt das passenden Song für eine endlose Sommernacht.

Genug gechillt, mit "Ilona" wird es wieder rau und ungezüngelt. Jetzt geht Cloud 6 ganz ungehemmt mit Zitaten und singt vom "Great Ball of Fire". Referenzen müssen eben doch sein. Nun legt Vollmer auch deutlich mehr Tempo in sein Solo, während Shastri die rechte Ende seines Pianos strapaziert.

Und dann ist es doch da, das Männer-Gejammer über die leere Kassen, die leeren Flaschen und das Girl, das ist gone in the morning: "Going Down" erfüllt alle Kriterien eines Chicago Blues. Doch die straighte Gitarre und die toughe Rhythm Section bewahrt den Song vor dem Abkippen in die Weinerlichkeit. Das klappt bei "Red Wine" nicht ganz so gut.Das Gebrummel in der Tom-Waits-Stimmlage wirkt ein wenig aufgesetzt.

Valentin Vollmer setzt viele Akzente. 
Doch es geht noch persönlicher als "Leaving Home". "Nothing takes the place of you" erzählt davon, was bleibt wenn alles vorbei ist. Shastris Tenor geht ins Nasale, ein bissche Snare-Darum dazu und ein Rhodes, das jault wie ein Coyote in der Vollmondnacht. Kitschig? Nee, herrlich.  Da hat das anschließende "Mary" feine Grenze wohl schon überschritten.

Eine Blues-Scheibe, die mit Kloß im Hals endet. Doch Cloud 6 schaffen das. Nur Stimme, E-Piano, manchmal schimmert die Hammond durch und auch das Schlagzeug meldet sich gelegentlich, dann übernimmt die Gitarre die Melodie. "I will be there" ist fein konstruiert, ehrlich, ein anrührender Schluss und ein Versprechen auf mehr.

Sind Blues und Poesie vereinbar? Doch, Leaving Home zeichnet sich eine eigene Lyrik aus. Dieses Album kann man auch mal an einem regnerischen Tag auf der Fensterbank hörenund sich auf Wolke Nummer 6 träumen. Langweilig wird es nicht, weil die vier Musiker immer noch eine Überraschung parat haben in ihrer erstaunlichen Vielfalt.







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