Donnerstag, 27. August 2020

Eins sein mit sich und den anderen

Festival schließt mit Tanzabend ab

Das Theaternatur-Festival ist dann am besten, wenn es etwas wagt und neue Wege beschreitet. Das hat der Tanzabend "UnEins" unter Beweis gestellt. die drei Choreographien konnte auch die begeistern, sich sich sonst nicht so für Tanztheater erwärmen können. Damit bekam das Festival einen gelungenen Abschluss. 

Es war durchaus ein Wagnis von Intendant Janek Liebetruth. Bisher ist Ballett in Benneckenstein nur auf begrenzten Zuspruch gestoßen. Das er mit der dreifachen Aufführung an den letzten Festivaltagen richtig lag, belohnt den Mut. 

Die Klammer war das gemeinsame Thema. Das Individuum und die Gesellschaft, das Ich und das Ihr stand im Mittelpunkt der drei Beiträge. Damit verbunden war ein Querschnitt durch das, was moderenes Tanztheater ausmacht. Klassik. Modern Dance, Break und ein wenig Akrobatik fanden an den drei Abenden zusammen. Dies ermöglichte die Vielfalt an ausdrucksformen 

Ein Solo, eine Quadrille und ein Ensemble. Auch hier waren die Formen vielgestätigund auch widersprüchlich.

Das Solo

Eine leere Bühne, links ein Stuhl, der aus einem Dorfgemeinschaftshaus zu stammen scheint. In seiner Choreographie verzichtet Yotam Peled auf Requisiten. Der Tänzer lässt in seinem Werk seinen Körper sprechen. 

Aber erst einmal muss man die Stille aushalten. Fast zwei Minuten lang kein Ton und keine Rührung ehe er sich in  Bewegung setzt. Aus der Stille wird ein penetranter Sinus-Ton. Es sind Bewegungen, die beim Zuschauen schmerzen. Peled scheint nicht Herr über seine Gliedmaßen zu sein. Er zuckt, er streckt sich, er dreht sich. Mediziner würden einen tonisch-klonischen Krampfanfall vermuten. Auf jeden Fall wirkt die Figur auf der Bühne fremd bestimmt. 


Aus dem Sinus-Ton wird Rhythmus und die Bewegungen verlaufen nun synchron. In seinem Militärdress vollführt Peled Übungen, die eindeutig Drill sind. Immer noch ist er fremdbestimmt.

Es ist jede Menge Breakdance und Akrobatik in dieser Aufführung. Immer wieder dreht und windet sich Peled auf dem Kopf. Er leidet. Er verdreht sich, weil andere, unsichtbare an ihm drehen. Das lässt den Schmerz fühlen. Aber mit diesere Kombination überwindet er auch die Grenzen etablierter Tanzformen. 

Doch der Tänzer und Choreograph erzählt hier in Etappen die Geschichte einer Emanzipation. Aus dem Gruppenmitglied wird ein Individuum. Stück für Stück, Windung für Windung  pellt er sich aus der Uniform. Er entpuppt sich bis aus der Larve ein schillerndes Insekt geworden ist.

Doch Peled geht weiter. Zum Schluss ist er nackt und verletzlich, aber er selbst. Wie Phönix erhebt er in einem starken Schlussbild aus der Asche seiner Uniformität. Auch hier muss man die Stille wieder aushalten können. Dazu zwingt das reduziert Licht geradezu zur Konzentration  Weil seine Geschichte nicht im Mief des Persönlichen bleibt, sondern über das Ego hinau transzendiert und Anknüpfungspunkte für jedem im Publikum bietet, ist dieses begeistert.

Viererbande

In der Choreographie von Xenia Wiest steht die Dynamik einer Gruppe im Vordergrund. Es geht um das Zueinander positionieren, das Zueinander finden und das sich Voneinander entfernen. Das  

Vier Menschen, ausgestattet mit Klappstühlen, bilden ein Geviert, das die Größe eines Boxrings hat. Jeder verbleibt in seiner Ecke und beschäftigt sich mit sich selbst. Das bietet zwar schöne Einzelleistungen, wirkt aber nicht harmonisch. 



Ein Klavier spielt Tonlinien aus der Romantik, die man vor allem mit Einsamkeit assoziiert. Auch die Sprache der Tänzerinnen und Tänzer verbleibt im klassischen Tanztheater. 

Dann tritt die Tänzerin Alice Gaspari an die Rampe und dreht an einem Radio. Die Lautsprecher spucken das Kratzen eines manuellen Suchlaufs aus, bis die Suchende bei einer klassischen Soul-Nummer. Alle sind wie verzaubert. Auf einmal klappt das Miteinander. Aus den vier Solisten ist ein Ensemble geworden. 

Aus der Klassik wird Jazz Dance. In Geviert ohne Stühle begeben sich die Tänzerinnen und Tänzer auf die Suche nach dem verbindenden Wesen der Musik. Ob man dabei so viel mit den Armen rudern muss, sei dahin gestellt.Tänzerinnen und Tänzer aus der Klassik wirke ein wenig hüftsteif für den beckenfordernden Soul.

Doch jeder Zauber ist schnell zu Ende. Der nächste Sendersuchlauf endet im Feuilleton und einem Vortrag über das paradoxe Verhältnis von Individuum und Gruppe. Daher der Name Füße aus, Kopf an, Stühe aus der Ecke. Alle vier finden sich nun in einem Stuhlkreis wieder. Was die Vier deutlich machen: Man redet mit Händen und Armen über einander. 

Xenia Wiest hat eine feine Beobachtung in eine passende Sprache umgesetzt. Aus dem Diskurs wird schnell ein Nachäffen. Es wird nicht klar, wer den Ton angibt. Die Vier sind synchronisiert als sie aus dem Stuhlkreis heraus wieder den Tanzboden erobern. 

Doch die Harmonie der zweit Szene ist verschwunden. Nun folgt der letzte Bruch. Marco Rizzi verlässt die Gruppe und markiert sich selbst als Außenstehenden. Das ist das letzte Bild, das in Erinnerung bleibt. 

Die Compagnie

Die Choreographie "Konsequenzen" hat Ester Ambrosino bereits 2017 erarbeitet. In der Corona-Krise wird die Frage nach dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, nach Handeln, Unterlassen und Folgen immer wieder neu gestellt. Deswegen hat die Arbeit des Tanztheaters Erfurt schlagartig an Aktualität gewonnen.

Es ist eine surreale Reise ohne Ziel über viele Stationen durch dieses weite Feld, das aber keinen Erzählstrang folgt. Hätte Buñuel Ballett gemacht, es hätte wahrscheinlich so ausgesehen. Es sind überwältigende Bilder, die sich der üblichen Logik entziehen.Es ist vor allem ein gelungenes Zusammenspiel aus den Elementen Tanz, Sprache, Musik und Licht und an diesem Abend der Beitrag mit der meisten Reife.   

Nicht alles erschließt sich dem Betrachter, einiges bleibt im eigenen Code der Gruppe verborgen. Andere Szenen sind von beeindruckender Eindeutigkeit. Das gilt vor allem für die Fesselszene, in der das Individuum im Netzwerk über den Tanzboden geschliffen wird. Oder die "Reise nach Jerusalem", die Inklusion und Exklusion in Bewegung und Gruppendynamik umsetzt. Soziale Prozesse werden durch Tanz verdeutlicht. Was will man mehr? 

 


Der Dreiklang lautet Geheimes, Eindeutiges und Ambivalentes. Damit ist die Inszenierung komplett und gibt jedem die Chance für die eigene "Konsequenz". Dazu gehört der geschlechtslose Riese. Ist es ein Figur aus Pink Floyds "The Wall" oder ein Verwandter von Harry Potters Dementoren? Was macht der Reise eigentlich? Ist das die heilige Konsequenz? Manche Fragen muss man sich selbst beantworten und das ist gut so, denn die Choreographie von Ester Ambrosino  setzt eben auf erwachsene Zuschauer.

Genauso vielfältig sind die Formen. Das Tanztheater Erfurt verbindet in dieser Aufführung Modern Dance mit Jazz Dance und macht Anleihen beim Break Dance. Es sind immer raumgreifende Bewegungen, als wollten die Tänzerinnen und Tänzer selbst in der Klaustrophobie die ganze Welt umarmen. 

Dabei können sowohl die Solisten überzeugen als eben auch die Compagnie als Gruppe. Die Spannung entsteht in aller Regel aus den Einzelleistung im Kontrast zum Ensemble, dass wie ein Körper agiert.

Dennoch hätte konsequente dramaturgische Arbeit der Aufführung gut getan. Bei einer Dauer von 65 Minuten als dritter Teil eines Tanzabend ist die Aufnahmefähigkeit im Plenum dann schon erschöpft. Auf jeden Fall weckt dieser Tanzabend die Vorfreude auf Theaternatur 2021  



Material #1: Mehr Fotos - hier

Material #2: Theaternatur - Das Festival

Montag, 10. August 2020

Der Sandmann fährt Porsche

 Es ist noch nicht soweit: Viele Ansätze, die nicht alle tragen

Es bleibt dabei: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. So geht es auch dem Hauptstück “Es ist noch nicht so weit” beim diesjährigen Theaternaturfestival in Benneckenstein. Es steckt voller vielversprechenden Ansätze, die aber nicht immer umgesetzt werden.

Es ist ein Zwei-Jahres-Programm auf der Waldbühne in Benneckenstein. Nachdem 2019 die Wende unter die Lupe genommen wurde, soll es in diesem Jahr um die Folgen der deutschen Einheit gehen. Auch dafür erging ein weiterer Auftrag an den Autoren Sören Hornung. Während seine letztjährige “Legende von Sorge und Elend” eine Anhäufung von Klischees war, kommen die Figuren in “Es ist noch nicht soweit” wesentlich differenzierter daher.


Sandmann West, Achim und Kassandra am Dachfenster. 
Alle Fotos Frank Drechsler

Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er für diesen Anlass das gewohnte Narrativ von Gewinner West und Verlierer Ost durchbricht. Sein Stück kennt nur einen Gewinner und das ist der Sandmann Ost. Immerhin kann der jetzt Porsche fahren, während sein Kollege aus dem Westen seit 30 Jahren arbeitslos ist. Gewissermaßen eine Retourkutsche auf die ehemals noblen Gefährte des Westvertreters. 

Diese schöne Arbeitsgrundlage hat nur einen entscheidenden Fehler. Der Sandmann West hat die Wende nie erlebt. Er wurde schon im März 1989 von der ARD aus dem Rennen genommen. Ein Treffen der Deinhardt-Drummerin und der Rotkäppchen-Schaffnerin oder der Ampelmännchen wäre also authentischer gewesen. Aber eben nicht so lyrisch. Sekt trinkende Frauen erzählen, selten Geschichten die Kinder verzaubern.

Nun lebt der Sandmann West also mit seiner Tochter Kassandra in einer Dachgeschosswohnung im Osten. Weil es dort günstiger ist. Während er seiner Misanthropie freien Lauf lässt, versucht sie stets, das Gute in den Menschen und der Situation zu sehen. auf jeden Fall will der Sandmann keine Geschichten mehr erzählen und auch keinen Gesichten mehr glauben.

Das Bühnenbild von Hannes Hartmann ist eine Wucht. Es zeigt die Dachgeschosswohnung mal von innen, mal von außen und beherrscht das Geschehen. Gedreht wird es immer und immer wieder mit Muskelkraft und das gibt den Bühnenhelfer den Status von inoffiziellen Mitarbeitern im Sisyphos-Modus.

Wie eine Sternschnuppe taucht Achim auf. Er ist arbeitsloser Straßenbahnfahrer, informiert den Sandmann und dessen Tochter Kassandra über die Supersendungsshow, bei der jeder eine zweite Chance erhält. Dann verglüht Achim wie eine Sternschnuppe.

Erst später wird klar, dass diese Show in der Sandmann-Wohnung stattfinden soll. Ihm steht  de facto eine Enteignung bevor, wie sie viele Ostdeutsche nach 1990 empfunden haben. 

Auch Sissy Foss wird es wie Achim ergehen. Ihr Auftauchen ist nur ein Beitrag zur langwierigen Vorbereitung des vermeintlichen Showdowns. Auch ihr Faden verleirt sich ohne Folge. Während es Benjamin Kramme gelingt,seiner Figur unfreiwillige Komik zu geben, bleibt Carolin Wiedenbröker durchweg blass.

Sissi Foss oben und Kassandra unten
Alle Foto: Frank Drechsler

Das liegt auch daran, dass nur die wenigsten im Publikum verstehen, welch Abstieg mit dem Weg aus Bietigheim-Bissingen im Stuttgarter Speckgürtel in die ostdeutsche Pampa verbunden ist. Man muss schon sehr bewandert sein, in Zeitgeschichte und Soziologie, um alle Anspielungen in diesem Stück deuten zu können. Das gilt insbesondere für die Showeinlage der Kartoffeln, die im Südeuropa gern als Synonym für Deutsche gesetzt wird.

So gelingt es Jennifer Sabel in der Rolle der Kamerafrau Frauke auch nicht, das Tragische am Tod ihres Lebensgefährten herauszuarbeiten. Der Mann aus Ostdeutschland wurde in Afghanistan von einer sowjetischen Hinterlassenschaft des Kalten Kriegs getötet. 

Es ist Patchwork, der Flickenteppich will nicht zu einem Gesamtwerk werden. Es sind zuviele Fäden und es fehlende die ordnende Hand. Das Nähkästchen bietet dem Publikum immerhin viele Möglichkeiten der Identifikation. 

Regisseur Janek Liebetruth gelingt aber eine gekonnte Vermischung von Schauspiel, Videoprojektionen und Klangcollagen. Seine beiden Hauptdarsteller Hans Klima als Sandmann West und Achim Wolff als sein Kontrahent zeigen große Schauspielschule. Leider dauert es aber 60 Minuten, bis es soweit ist, bis die Titanen des Kinderfernsehens aufeinandertreffen. Etwas mehr Dramaturgie hätte da sicherlich geholfen.

Schon mit der Gestik und Mimik zeigt Klima, wie weit der Verlierer sich in sich selbst zurückgezogen hat. Erst als er auf seinen Widerpart trifft, überwindet seine Stimme den Grummelton. Mit allen Teilen kommt er aus sich heraus.

Gleich knallt's. Alle Fotos: Frank Drechsler


Wolff hingegen schmeichelt akustisch, beschwichtigt salbungsvoll als käme er gerade von Predigerseminar. Er macht die großen, raumgreifenden Gesten, die Posen eines Mannes, der auch im Moment des Siegs noch auf Versöhnung setzt. Da ist es schon tragisch, dass sein Vorhaben einer Nachlässigkeit mit dem Gesäß zum Opfer fällt. Das sorgt aber immerhin für einen deutlichen Knalleffekt.

Mit den Programmen der Jahre 2019 und 2020 wollte das Theaternaturfestival einen Beitrag zur Zeitgeschichte liefern. Doch “Es ist noch nicht soweit” kommt zu spät. Im Jahre 30 der deutschen Einheit laute der Konflikte nicht mehr "Ost und West". Das zeigt schon die Tatsache, dass die Hauptsponsoren für das Festival im Westharz zuhause sind.

Die Trennlinien im digitalpostmodernen Deutschland verlaufen mittlerweile an anderen Stellen, zwischen urban und ländlich, zwischen alter Industrie und neuer Dienstleistung, zwischen Aufsteigern und Abgehängten. Damit ist das Stück aber immerhin eine amüsante Nabelschau.

Freitag, 7. August 2020

Futter fürs Kino im Kopf



Ein Stück Filmgeschichte als Buch: Die “Goldfinger Files” sind erschienen

192 Seiten und 2,5 Kilo für 6 Minuten 37 Kinokunst. Mit “The Goldfinger Files” haben Steffen Appel und Peter Waelty ein Werk vorgelegt, das sich um eine Legende der Filmgeschichte dreht, die Schweizer Episoden aus dem Bond-Film „Goldfinger“. Dabei setzt das Buch selbst neue Maßstäbe.

Den Autoren ist mit den „Goldfinger Akten“ eine beispielhafte Mischung aus Detailwissen und dem Blick fürs Ganze gelungen. Cineastische Fakten werden in die zeit eingeordnet, in den gesellschaftlichen Kontext gestellt und Entwicklungen aufgezeigt. Letztendlich steht so die Figur des James Bond für die vielfältigen Umwälzungen der 60-er Jahre.

Dazu kommt die gelungene Präsentation. Die Texte sind auf das Mindestmaß reduziert. Ein Buch über einen Film braucht Bilder und mit 346 Abbildungen gibt es reichlich davon. Dabei schöpfen Appel und Waelty aus einem reichen Fundus. Es sind Fotos der Journalisten Hans Gerber, Josef Ritter und Ernst Kocian ebenso wie die privaten Aufnahmen der Statisten, Hoteliers und der Filmcrew. Dazu kommen Repros aus dem Drehbuch.

Das Format von 27 mal 33 bietet vor allem als Doppelseite reichlich Platz, und Gerd Steidl und sein Team haben ihn bestens genutzt. Seiten füllende Bilder zeigen die einmalige Landschaft und gewähren intime Blicke auf die Darsteller. Sean Connery gibt sich geradezu euphorisch. Ahnt er etwas?
Der gut eingesetzte Weißraum vermittelt eine Ahnung von den sonnigen und heiteren Tagen am Oberalppass im Juli 1964. Das ist Kino fürs Kopf und macht aus dem Betrachter einen Zeitzeugen. Mehr geht nicht.

Das Buch gibt nur 6 Minuten 37 “Goldfinger” wieder. Aber das Werk ist der Blick in eine vergangene Zukunft. Bond-Filme gibt es 25, doch “Goldfinger” gilt immer noch als der beste. Erst mit dem dritten Streifen erreichte die Serie den Kultstatus.

Das liegt an den Hauptdarstellern Sean Connery und Gerd Fröbe. Aber auch daran, dass die Figur des Agenten Bond hier endlich ausgeformt ist. Mit “Goldfinger” wird er zum Idol. Dieser Film eröffnete neue Dimensionen und er ist immer noch einer der umsatzstärksten der gesamten Serie.

Der Aufbau

Das Buch ist nach Drehtagen sortiert. In sieben Kapiteln gibt es Einblicke in die Arbeit am Set, aber noch viel mehr vom Drumherum. Dabei zeigen Appel und Waelty zwei widersprüchliche Phänomene.
“Goldfinger” war bahnbrechend auch in Sachen Product Placement und Professionalisierung.

So verdrängte Ford kurz vor Drehbeginn Triumph als Gefährt für den Racheengel Tilly Masterson. Der Film wurde zu der Bühne für den gerade erst angelaufenen Mustang. Der Deal war so kurzfristig, dass das Drehbuch nicht mehr geändert werden konnte. 

Die Schweizer Behörden zeigten sich äußerst kooperativ. Sie wollten den Film als Imagepolitur nutzen. Schließlich galten die Eidgenossen als Eigenbrötler und Geheimniskrämer.

Dieser Vermarktung stehen Drehbedingungen gegenüber, die heute bestenfalls als “unprofessionell” gelten. Von Abschottung und Geheimniskrämerei keine Spur. An allen Drehtagen waren Fotografen am Set und dokumentierten fleißig. Journalisten führten zwischen den Szenen schnell mal Interviews mit den Stars und abends feierte man gemeinsam im Hotel Bergidyll. Die Strategie ging jedenfalls auf. Schon vor dem Kinostart war die Berichterstattung enorm.

Mit Tilly Masterson tritt auch ein neuer Typus Frau auf. Sie ist die erste, die nicht bei Bond im Bett landet. Stattdessen arbeitet am eigenen Plan. Das war wohl selbst für die 60-er Jahre zuviel und deswegen stirbt sie den Filmtod. 

Appel und Waelty machen eine weitere Innovation deutlich. Mit Auric Goldfinger betritt ein neuer Typ Bösewicht die Filmszene. Er will nicht erobern oder zerbomben. Seine Machtbasis ist die Spekulation und seine Waffe die Wette gegen Währungen. Damit bekommt die Bond-Serie das Motiv der Weltherrschaft über den Tatort Börse und Bond den einzigen ernst zunehmenden Gegner. Der Macht des Reichtums kann selbst das britische Empire nicht standhalten. Der Dialog "Do you expect my to talk?" -  "No, Mr Bond. I expect you to die." ist knapp vor der Realisierung

Für Connery war “Goldfinger” ein großer Schritt nach vorn. Fröbe untermauerte seinen Ruf als Charakterdarsteller. Aber für Tania Mallet in der Rolle der Tilly Masterson war es die Endstation. Sie verzichtete auf weitere Filmrollen. Als Model verdiente sie damals ein Vielfaches der Film-Gage.  Damit sind die “Goldfinger Files” ein Erinnerungsstück an eine verpasste Chance. Connery und Fröbe wurden Götter, Mallet verstarb letztes Jahr weitestgehend unbeachtet.

Die Daten

Erschienen sind “The Goldfinger Files” im Steidl-Verlag Göttingen. Das Buch beinhaltet 346 Abbildungen auf 192 Seiten und kostet 38,- Euro. Die ISBN lautet 978-3-95829-746-3.