Ronja Räubertochter als komplettes Stück bei den Domfestspielen
Es wird gestritten, geliebt, gekämpft und gezittert. Es wird geschrien, geflüstert, gepupst, gesungen und geweint. Mit seiner Inszenierung von Lindgrens Kinderbuchklassiker "Ronja Räubertochter" zeigt Max Merker gewissermaßen eine Kindheit im Zeitraffer-Tempo, von der Geburt bis zur Adoleszens. Die Livemusik von Dominik Dittrich unterstreicht den lebensfrohen Grundton.
Eine riesige Burg aus Getränkekisten bestimmt das Bühnenbild von Martin Dolnik. Der härteste Kritiker von allen (siehe hier) kommentiert nur kurz: "Die müssen aber viel getrunken haben". Die Burg ist seit Generationen die Heimat der Mattis-Räuberbande. Hier fühlen sich der Räuberhauptmann und seine Männer sicher. Hier erwarten sie die Geburt des Mattis-Kinds, des zukünftigen Räuberhauptmann. Das dies ein Mädchen ist, das tut der Räubersache keinen Abbruch.
Gleich ist das Räuberkind da. Fotos: Hillebrecht |
Es wird viel gefeiert, musiziert und gesungen und die Polkas und der Balkanbeat von Dominik Dittrich, natürlich alles live, trägt zur atmosphärischen Dichte und zum Tempo der Inszenierung bei. So laut und schrill wird es wohl bei Räubers zugehen.
Die nächste Szene setzt erst viel später ein. Ronja ist den Windeln längst entwachsen und will nun die Welt entdecken. Denn die ist viel größer als die Mattisburg und der Mattiswald und überhaupt. Graugnome und Walddruden, pah. Achtung Gefahren, ich komme. Alice Hanimyan spielt nicht nur eine freche und frohe Ronja. Sie kann auch die verwirrenden Momente vermitteln, wenn Ronja auf Birk trifft, Abkömmling der verfeindeten Burk-Sippe, oder wenn Glatzen-Per (Hans-Jörg Frey) ihr deutlich macht, dass das Räuber-Dasein hauptsächlich auf dem Ausrauben der anderen basiert. Ronja Räubertochter ist keine Kasperl-Seppel-Geschichte wie der Hotzenplotz, sondern eben die Geschichte einer Kindheit, einer Jugend und einer Lösung vom Elternhaus, eben nur im Räuberwald auf der Mattisburg. Das beruhigt die Eltern von Pubertierenden: Das Diebesvolk hat die gleichen Probleme wie ihr. Denn am Ende steht für Ronja und Birk fest: Wir wollen was anderes als unsere Eltern.
Da herrscht Stille im Publikum: Ronja und ihr Vater versöhnen sich wieder. Foto: Hillebrecht |
Seit dem Hotzenplotz bei den Domfestspielen 2012 scheint Gunter Heun auf den Räuber abonniert zu sein. Mit seiner Bühnenpräsenz und den raumgreifenden Gesten ist er wohl die ideale Besetzung für den Typus "Erst einmal Poltern". Deswegen kann er auch den Vater, der nicht so recht aus seiner Haut heraus kann, so gut vermitteln. Und dann ist da noch die bereits beschriebene Versöhnungsszene. Einfach ein starker Moment, vielleicht die stärkste in der ganzen Inszenierung von Max Merker. Aber wenn er sich mit Räuberrivalen Burka prügeln darf, dann ist dieser Mattis wieder ganz in seinem Element. So macht Räuber sein seit Generationen Spaß und so macht Räubern dabei zugucken genauso lange Spaß. Ein schönes Stück Slapstick mit ebenso schönen Ausgang.
Zum Schluss dürfen Mattis und Burka wieder ganz Räuber sein. Foto: Hillebrecht |
Der Regisseur Max Merker
Der Komponist Dominik Dittrich
Ausstatter Martin Dolnik
Das Stück in der Selbstdarstellung
Der Spielplan der Domfestspiele
Der härteste aller Kritiker - Teil eins
Der härteste aller Kritiker - Teil zwei
Der härteste aller Kritiker - Teil drei
Der härteste aller Kritiker - Teil vier
Der härteste aller Kritiker - Teil fünf
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