Die RoadOper kann nur begrenzt überzeugen
Es ist schon mutig, solch eine Oper in der Provinz zu spielen. Die Kooperation des Theater Nordhausen mit der Hochschule für Musik Franz Liszt verknüpft Film, Popkultur und Avantgard. Am Freitag war Uraufführung von "Bonnie & Clyde" und das Wagnis ist nur zum Teil gelungen.RoadOper ist der Versuch, die Elemente eines Roadmovies auf die Bühne zu bringen. Das geschieht zuerst durch die Gliederung in 13 Szenen, die immer durch einen deutlichen Cut voneinander getrennt sind.
Aber die Oper versucht auch zugleich, den Film selbst in das Geschehen einzubeziehen. Das Spiel auf der Bühne wird immer wieder abgelöst oder auch ergänzt durch Clips. Die beiden Darstellungsebenen sind so tief miteinander verwoben, dass die Darsteller auf der Bühne in einen Dialog mit den Darstellern auf der Leinwand eintreten. Das ist durchaus gelungen, erweitert die schauspielerischen Möglichkeiten und bleibt hängen.
Ein verhängnisvolles Treffen: Die Brüder Barrow und Bonnie Parker Alle Fotos: Tilmann Graner |
Es war die Zeit der Großen Depression, die Weltwirtschaftskrise hatte das Land im Griff und die große Dürre vernichtete die ersten Existenzen der Kleinbauern im Süden der USA. Es waren unruhige Zeiten und weil vor allem die Vertreter der Staatsmacht unter den Opfern von Bonnie und Clyde waren, wurden sie schon zu Lebzeiten zu einer Art neuer Robin und Hood auserkoren. Sie wurden zu einem Teil der Popkultur.
Als solche lassen sie sich nicht ohne den historischen Hintergrund denken. Doch die Roadoper in Nordhausen blendet dies komplett aus. Ein bestimmendes Element im Leben vom Clyde Barrow war die Erfahrung von Not und Elend. Davon findet sich keine Spur. Damit nimmt das Libretto dem realen Geschehen die Schärfe und verschenkt Potential.
Bonnie und Clyde wirken über weite Phasen eher wie ein liebeskrankes Teenager-Paar und nicht wie zwei Sozialrebellen. Die Geschichte der Outlaws wird umgedeutet zu einer "Against all odds"-Geschichte. Dazu passt auch die Liebe des Streifenpolizisten Ted Hinton zu Bonnie Parker, die natürlich unerfüllt bleiben muss. Bonnie und Clyde? Nicht erschossen sondern tot gekuschelt.
Das kurze und schnelle Leben von Bonnie und Clyde war eine Achterbahnfahrt. |
Eine der wenige Ausnahmen bildet die Szene vier. Anna Tarenka in der Rolle der Bonnie Parker gelingt es hie, zu zeigen, wie eine plötzlich gewonnene Macht in Form einer Schusswaffe in einem bisher verfemten Menschen Allmachtsgefühle freisetzt. Das ist erschreckend gut und weist weit über das Stück hinaus.
Das Bühnenbild hingegen ist reduziert und durchdacht und überzeugt. Die schiefe Ebene, die mit wenige Requisiten ergänzt wird, macht von Anfang an deutlich, dass hier bald einiges ins Rutschen geraten wird.
Angesichts der Über macht des gesprochenen Wortes kann man überlegen, ob "Bonnie und Clyde" noch in die Schublade Oper passen. Aber wer sagt, dass in solch einem Werk pausenlos geträllert werden muss.
Musikalisch bewegt sich Komponist Christian Diemer im Rahmen der Zeit. Er greift viele Element der Avantgarde der 30-er Jahre auf. Es wird viel gehackt, gesägt und gezwitschert. Das ist für das ungeübte Ohr erst einmal total atonal und melodiebefreit.
Der Stakkato-Sing-Sang von Anna Takenaka oder von Florian Neubauer in der Rolle des Ted Hinton erinnert an die Klangexperiment des Dadaisten Kurt Schwitters. Man muss schon bereit sein, die Grenzen des gewohnten zu sprengen, um daran Gefallen zu finden.
Theater Nordhausen #1: Das Stück
Theater Nordhausen #2: Der Spielplan
Bonnie & Clyde #1: Der wikipedia-Eintrag
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