Figaros Hochzeit als buntes Bäumchen-Wechsel-Dich in Nordhausen
Sie ist bunt, sie ist schrill, sie macht unheimlich viel Spaß und zum Schluss kriegen die Mädels was sie wollen, weil sie eben nicht artig sind. Mit "Die Hochzeit des Figaros" hat Kay Link am Theater Nordhausen eine Neuinszenierung von Mozarts beliebtester Oper vorgelegt, die den Nerv der Zeit in vielen Belangen trifft und von starken Frauen lebt. Dafür gab es bei der Premiere reichlich Applaus.Im Grunde genommen erleben Fernsehzuschauer dieses Libretto an jedem Nachmittag. A liebt B und B liebt A. Doch obwohl C mit D verheiratet, gönnt C den beiden das Glück nicht. D wieder sinnt auf Rache für die Dauerdemütigung durch die Eskapaden ihres Gatten. Dann tauchen aus der Vergangenheit von A noch E und F auf und wollen auch das junge Glück verhindern, während die Hormone bei Jüngling G für Gefühlsverwirrungen sorgen.
Im Gegensatz zu Figaro durchschaut Susanna den Plan des Grafen recht schnell. Fotos: Tilmann Graner |
Frank Albert hat das Ensemble in die Uniformen des globalen Hotel- und Gastronomiegewerbes gesteckt und ein Bühnenbild aus dem Vier-Sterne-Business-Bereich dazugestellt und Stefan Gimbel setzt mit seinem Licht die passenden Akzente. Der Graf ist golfspielender Businessman und seine Gattin ist die betrogene Frau aus der gehobenen Mittelschicht. "Die Hochzeit des Figaros" ist nicht nur ein Bäumchen-Wechsel-Spiel aus vergangenen und vermeintlich glücklichen Tagen. Diese Opera buffo ist auch eine politische Oper und das ist sie schon immer gewesen. Es geht auch um oben und unten, Hierachien und die Ausnutzung von Abhängigkeiten und um listigen Ungehorsam, um zivilen Ungehorsam gegen absolutisches Ansprüche, gestern wie heute und alles in Musik verpackt. So hat Kay Link hat das Werk vom Vorabend der französischen Revolution in das Hier und Jetzt geholt. Der Domestik von einst wurde zum Mitarbeiter von heute, ständig verfügbar und auf allen Ebenen verfügbar.
In diesem Mozart steckt auch jede Menge Musical. |
Diese Hochzeit des Figaros ist eine Inszenierung, die vor allem von starken Frauen lebt, sei Elena Puszta in der Rolle der Susanne, die ihren Zukünftigen erst einmal erklären muss, welche Spiel sein Herr spielt. Aber es ist vor allem Bianca Koch in der Rolle der betrogenen Gräfin Almaviva. Deren Arie "Porgi, amor, qualche ristoro" am Beginn des zeiten Akts ist Verzweifelung pur, hat ein hohes Gänsehaut-Niveau und der Szenen-Applaus ist wahrlich verdient. Doch die Stimme von Bianca Koch hat eine erstaunliche Brillanz, aber auch Dynamik. Eine echte Überraschung ist Yunfei Lu in der Rolle des Pagen Cherubino. Die Hilflosigkeit des Jünglings steht ihr oft genug ins Gesicht geschrieben.
Graf Almaviva merkt zu spät, was gegen ihn läuft. |
Das Zusammenspiel zwischen Orchester und Sängern klappt reibungslos und Markus Frank entlockt seinem Klangkörper spielerisch die gesamte Vielfalt Mozartscher Tonkunst. Doch manchmal übertreibt er es mit der Dynamik, dann verschwindet der Chor hinter dieser Klangmauer und muss gegen das Orchester ansingen.
Zum Schluss kann dann doch gefeiert werden. |
Der Spielplan in Nordhausen.
Figaros Hochzeit in der Eigendarstellung.
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