Das hoftheater spielt Zwei-Personen-Stück von Walser
Das hoftheater kann nicht nur Komödie. Mit "Die Zimmerschlacht" hat sich das Ensemble auf ein Experiment eingelassen, dass vollständig aufgeht. Mit intensiven Spiel legen Petra Döring-Menzel und Dieter Menzel den Nerv in Martin Walsers erfolgreichstem Drama frei.
Die Zimmerschlacht ist ein Stellvertreterkrieg. Das Zimmer gehört Felix und Kristina, seit 24 Jahren verheiratet und genauso lange dieser Wohnung verhaftet. Die eigentliche Auseinandersetzung soll an anderer Stelle stattfinden. Benno, Felix' Kommilitone und Kriegskamerad, hat seine Gattin Marion abgeschoben. Nun möchte er seinen Freunden seine Neuerwerbung vorstellen, halb so alt wie er und schon auf den ersten Blick reizvoll. Doch Felix und seine Freunde Michael und Achim gönnen Benno diesen Triumph nicht und verabreden sich zum Boykott.
Die letzten Details der Verschwörung werden geklärt. Fotos: tok |
Doch Dieter Menzel deutet schon hier die eigentliche Motivation der Verweigerung an, die später mit allen Konsequenzen intensiv herausgearbeitet wird. Dr. Felix Förster will nicht die Plattform für die Selbstinszenierung seines Freundes abgegeben. Die Minderwertigkeitskomplexe des Studienrats und Lehrers für Erdkunde und Geschichte lassen dies nicht zu. Immer wieder deklariert Menzel ins Telefon, dass man Benno diesen Triumph nicht gönnen wolle. Walser hat immer wieder männliches Balzverhalten thematisiert, etwa in "Ein fliehendes Pferd", seiner erfolgsreichsten Novellen. In "Die Zimmerschlacht" ist dieses Balzverhalten und dessen Sublimation ein Kriegsgrund. Der Krieg der Geschlechter ist vor allem erst eine Auseinandersetzung unter Männern.
Wer hier unterliegt, schleppt jahrelang Komplexe mit sich umher, die sich bei solche einer Gelegenheit entladen. Der Schwache sieht seine Chance zur Rache gekommen und wird von Allmachtsgefühlen duchflutet. Dies verdeutlicht Dieter Menzel in der Rolle des Felix Förster eindeutig, das lebt er für eine Stunde 45 Minuten.
Doch seine Frau will nicht mitmachen bei diesen Spiel. Kritina muss erst überredet werden, den Abend zuhause in eben diesem Zimmer zu verbringen. Es ist eine Mischung aus Trotz, Unverständnis und Vorahnung, die sie an dem Vorhaben zweifeln lässt.Und es ist die schnelle Erkenntnis der wahren Gründe. Es geht ihrem Gatten nicht um die Solidarität mit der abgeschobenen Marion. Es geht einzig um seine Komplexe. Und es geht darum, dass die Verhöhung von Bennos neuer Lebensgefährtin auch ein Herabsetzung der eigenen Gattin verbunden ist. Diesen Wahrheitsgewinn verkörpert Petra Döring eindeutig und sie spricht es deutlich aus: "Felix, du bist ein Nichts".
Die sexuelle Befreiung auf dem Flokati scheitert. |
Die Zimmerschlacht ist ein Kammerspiel. Direkt, intensiv und distanzlos scheint es für das hoftheater gemacht. Aber es ist auch ein Wagnis, das aufgeht. Petra Döring und Dieter Menzel spiegeln einen großen Teil des Publikums wieder und gehen damit in eine Ersatzfunktion. "Wie viel Felix, wie viel Kristina steckt in mir?" hängt als Frage im Raum.
Regisseur Jürgen Kramer hat "Die Zimmerschlacht" in die Gegenwart geholt. Mit der Choreographie von Danielle Dutombé wurde aus der sinnreichen aber spannungsarmen Vorlage ein Zwei-Personen-Stück nicht nur für den Kopf. Aber trotz aller Adaptionen bleibt Kramer der sperrigen Sprachakrobatik der frühen 60-er Jahre verhaftet. Ein kleines Facelifting würde die Rezeption erleichtern.
Der Spielplan im hoftheater
Das Stück
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