"Gold!" im Theater unterm Dach
Der härteste aller Kritiker war mal wieder unterwegs. Auf dem Spielplan stand "Gold!" von Leonard Evers, ein Märchen für zwei Schauspieler und zwei Musiker. Die Inszenierung von Bianca Sue Henne überzeugt mit vielen Einfällen, visueller Opulenz und dem märchenhaften Bühnenbild von Wolfgang Rauschning.Das Libretto von Flora Verbrugge folgt dem Märchen vom Fischer und seiner Frau. Es ist eine Geschichte von Glück, Gnade, Gier und der Katastrophe, die alles wieder ins Reine bringt, einen vermeintlich natürlichen Zustand wieder herstellt. Fast alles ist wie immer, aber nur fast. Denn neben den modernen Zutaten wie Auto und Weltreisen hat das Autorenpaaren noch zwei wichtige Ergänzungen beigesteuert.
Jakob fängt den Fisch.
Fotos: Tilmann Graner
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Neu sind auch die Beziehungen der Akteure. Je reicher die Familie Fischer wird, desto mehr entfremden sich Vater, Mutter und Kind. Erst sind es die großen Räume, in denen sie einsam und verloren sind, kurz vor dem Schluss geht jeder allein auf Reisen und seine eigenen Wege. Nach der Rückkehr stören sie sich an all den anderen Menschen. Da scheint es doch gut, dass sie nach dem Rücksturz in das Elend wieder zueinander finden. Ist das die neue märchenhafte Sicht? Armut schweißt die Menschen zusammen.
In der Anlage erinnert "Gold!" ein wenig an "Peter und der Wolf". Ein Geschichte wird vorgetragen und dazu gibt es Musik. Doch der Klang hat bei den Kompositionen von Leonard Evers eine atmosphärische Funktion. Es schält sich keine Melodie heraus, sondern die Musik soll Stimmungen verstärken und das Publikum auf das Geschehen vorbereiten. Das klappt wunderbar und auch das jugendliche Publikum übernimmt gern die Rolle als Wind oder als tosende See.
Den Darstellern verlangt diese Inszenierung einiges ab. Catriona Morison muss nicht nur singen, sondern sie spielt auch Jakob und Mutter zu gleich. Es dauert einen Augenblick, bis der härteste aller Kritiker die Gleichungen Morison + Mütze = Jakob und Morsion - Mütze = Mütter verstanden hat.
Stefan Landes (rechts) spielt ein Solo mit Benzin- kanister. Foto: Tilmann Graner |
Die Inszenierung von Bianca Sue Henne verzaubert mit ihrer Opulenz, mit der Vielfalt an Einfällen, Formen und Ausdrucksmitteln. Der Wechsel von Ruhe hin zur Hektik verdeutlicht die Dramatik des Geschehen. Jakob fängt den Fisch mit einer Angel und mit einer schönen Pantomime, bei der die Kinder mitzittern. Abends liegt er unter einem Sternenhimmel und alle Kinder schauen nach oben.
Die Fischerin hat ein Auto und einen Chauffeur. |
Auch der Umgang mit den Requisiten ist kindlich leicht. Ein Stock wird zur Angel, ein Reifen zum Lenkrad und einiges existiert nur in der gemeinsamen Vorstellung. Das Spiel mit der Fantasie ist fester Bestandteil der Inszenierung und genau das wollen Kinder.
Richti gelesen, die Bühne ist zweigeteilt und ganz anders als sonst. Dort wo im Theater unter Theater sonst gespielt wird, sitzt nun das Publikum im großen Rund und Catriona Morison und Stefan Landes müssen sich auf ein Podest beschränken. Dort wo im Theater unterm Dach sonst das Publikum sitzt, hat Wolfgang Rauschning eine Dünenlandschaft samt Fischerboot entstehen lassen. Beim Anblick träumt sich das Publikum an ferne Gestade hinwegund bleibt doch mitten im Geschehen. Hier ist Rauschning großes auf kleinsten Raum gelungen.
Der Raum dazwischen dient mal als trennendes Wasser, mal ist er zusätzliche Spielfläche. Doch der sichere Hafen ist für die Darsteller nur das kleine Podest im großen Rund des Publikums.
Eine Frage bleibt ungeklärt: Warum heißt das Stück Gold!, wenn das Edelmetall doch keine Rolle spielte? Vielleicht kennt ja eine Leserin, ein Leser die Antwort.
Das Stück
Die Regisseurin
Der Spielplan
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