DT macht Stationen-Theater in der Tiefgarage
Die Theater sind zu, aber Streaming ist keine Lösung. Das meint zumindest das Deutsche Theater Göttingen und deswegen hat Intendant Eric Sidler eine Premiere für den 9. Mai angekündigt. Das Publikum kann dann „Die Methode“ live erleben.Das gewohnte Wechselspiel von Nähe und Distanz, von Öffentlichkeit und Intimität ist durch die Kontaktsperre aus den Fugen geraten. Deshalb verlangen die aktuellen Umstände nach einer Auseinandersetzung mit den Mittel des Theaters, betont Sidler. Das derzeit vorherrschende Gefühl sei Verunsicherung in vielfältigen Variationen. Dem will man sich stellen.
Das Deutsche Theater hat in den vergangenen Wochen mehrer Formen des Streamings angeboten. Doch auch Sicht des Intendanten kann dies nie ein Ersatz für das Liveerlebnis sein. Das Theater lebe von der Interaktion von Publikum und Darsteller. Deshalb hat man sich im DT schon frühzeitig Gedanken gemacht, wie man Theater und Schutzbestimmungen vereinen kann.
Da geht's rein: Hinz, Thoms und Sidler kontrollieren die Einfahrt. Alle Fotos: Kügler |
Für die Inszenierung ist Antje Thoms zuständig. Grundlage ist der Roman „Corpus Delicti“ und er erscheint wie eine Vorahnung. Juli Zeh hat darin die Folgen einer Gesundheitsdiktatur geschildert. Ausgangspunkt ist der Prozess gegen den Rebellen Moritz und seine Schwester Mia.
Regisseurin Antje Thoms und Dramaturg Matthias Heid haben sich auf vier Personen fokussiert. Diese werden in der Tiefgarage auf vier Stationen verteilt, an denen sie ihre Sicht der Dinge darstellen.
Die Zuschauer fahren diese Stationen dann im eigenen Auto ab. Jeder halt dauert etwa 15 Minuten. Das macht eine Aufführungsdauer von einer Stunde je Auto. Versorgt sind sie dabei mit einem Bluetooth-Lautsprecher, um die Schauspielerinnen und Schauspieler zu hören, ohne das Fenster öffnen zu müssen.
Nähe und Distanz
Eric Sidler sieht mit diesem Konzept einen alten Widerspruch aufgehoben: „Mit dem Auto transportieren wir regelmäßig unseren privatesten Raum durch die Öffentlichkeit“. Dieser sei zugleich Schaustück, Bühne und Schutz vor der Außenwelt. Diese Inszenierung und ihre Technik setze dies nun konsequent um. Mit dieser Inszenierung will man dem Auftrag nachkommen, Denkimpulse in die Stadt und das Umland zu geben.Eine Auto-Kino-Lösung, wie sie andere Theater derzeit favorisieren, sei keine Option gewesen. Auch hier fehle die Nähe von Akteuren und Publikum. Nähe und Distanz seien aber das beherrschende Motto. Ihre Lösung bezeichnen Thomas und Sidler als derzeit einzigartig in Deutschland.
Für Antje Thoms sind die derzeitigen Proben eine neue Erfahrung. Erlaubt ist nur eine „1:1-Situation“. Da alle vier Rollen fünffach besetzt sind, bedeutet dies 20 unterschiedliche Proben gleichzeitig.
Die Mehrfach-Besetzung hatte ursprünglich technische Gründe, so wollte man die Überlastung durch den Dauer Monolog vermeiden. Vorerst sind zwei Stunden Aufführung angesetzt. Später wird diese auf vier Stunden täglich ausgeweitet. Als Aufführungsdauer sind vorläufig vier Wochen angesetzt. Eric Sidler stellt aber schon eine Verlängerung in Aussicht.
Das Konzept wird erklärt.
Foto: Kügler
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Das Ensemble sei hochmotiviert, versichern Sidler und Thoms unisono: „Alle wollen raus auf die Bühne, alle brennen darauf“. Auch in den Werkstätten sei diese Motivation deutlich zu spüren, ergänzt DT-Verwaltungsdirektorin Sandra Hinz.
Die Modalitäten
Der Eintritt wird pro Auto fällig, unabhängig davon, wie viele Insassen sich darin befinden. Sandra Hinz versichert aber, dass man die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften überprüfen werde. Die Besucher werden von der Theaterkasse eine Uhrzeit zugewiesen bekommen, zu der sie sich am Kassenhäuschen vor der Tiefgarage einzufinden haben. Dort müssen sie einen individuellen Code vorweisen. Der Lautsprecher wird infektionssicher verpackt.Der Vorverkauf beginnt für die Abonnenten am 4. Mai. Am Dienstag, 5. Mai, kommen die Tickets in den freien Verkauf.
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