Viktoria Krason zeigt Günter Grass als bildender Künstler
Dass der Nobelpreisträger bildender Künstler war bevor er mit dem Schreiben begann, ist hinreichend bekannt. Aber warum hat Günter Grass den Pinsel und die Nadel beiseite gelegt und hat zur Feder gegriffen. Das erklärt Viktoria Krason in ihren Buch “Von Auseinandernehmen und Zusammensetzen”. Darüber hinaus zeichnet sie noch ein Bild über die Auseinandersetzungen in der Kunst der jungen Bundesrepublik. Erschienen ist das Buch nun im Steidl-Verlag.
Das Cover ziert ein Foto aus der Zwischenzeit. Es zeigt Günter Grass mit einer Graphik zu seinem Gedichtband “Die Vorteile der Windhühner”. Es ist vorläufig das letzte Werk als bildender Künstler, aber sein erster kommerzieller Erfolg als Schriftsteller . Erst in den 70-er Jahren wird sich der Literat wieder dem Zeichnen zuwenden. Das ist Grass persönliche Form von Auseinander und wieder Zusammen, von Dingen die zusammengehören und wieder miteinander verschmelzen.
Dabei war es für Grass lange Zeit gar kein entweder oder sondern ein sowohl als auch. Der Student der bildenden Künste hat gedichtet und seine Lyrik auch veröffentlicht. Mit umfangreichen Material zeigt die Autorin, dass für den jungen Mann diese Betätigungsformen gleichwertig waren und sich sogar ergänzten. Deutlich wird mit Faksimile aus Grass Arbeitsbuch. Hier ordnete der Student die Disziplinen Prosa, Lyrik, Drama, Malerei, Graphik und Skulptur einander zu.
Rechts Schriftsteller, Mitte und links Windhühner. |
Die Kunstszene in Bundesrepublik sollte von den entstehenden Zerwürfnissen lange geprägt werden. Somit leistet Krason auch einen Beitrag zum tieferen Verständnis der Diskussionen. Sie macht deutlich, dass diese Diskussionen mit ideologischer Härte geführt wurden. Dabei ging es nicht nur um die Auseinandersetzung Moderne im Westen und Sozialistscher Realismus im Osten. Die Gräben zwischen den Abstrakten und den Gegenständlichen waren im Westen wohl noch wesentlich tiefer. Immerhin ging es um Lehrmeinungen und damit auch um Vergangenheitsbewältigung,
Das Werk ist ein Buch für die Laien. Sein Reiz liegt darin, dass Viktoria Krason es schafft, all die akademischen Debatten ohne Fachbegriffe nachzuzeichnen und somit in verständliche Sätze zu fassen. Auseiander nehmen und zusammensetzen ist nun eine der wichtigsten Tätigkeiten der modernen Kunst und ihrer Akteure. Betrachten, analysieren und in einen neuen Kontext stellen. So läuft es und anhand zahlreicher Bildbeispiele vermag die Autorin die damaligen Entwicklungen und Kunststile zu erklären.
Somit versteht man, auf welchem Fundament Günter Grass in dieser Phase steht. Letztendlich sind es eben jene erbitterten Diskussionen, Klüngeleien und das Postengeschacher an den westdeutschen Hochschulen, dass Günter Grass zu dem Entschluss führt, mit der bildenden Kunst für lange Zeit auszusetzen.
Also fanden die Deutschen und die zeitgenössische Kunst in diesem Jahren wieder zueinander. Aber das taten sie mit solch einer akademischen Gründlichkeit, dass es wieder auseinanderging. Dieses Schisma bestimmte die westdeutsche Kunstszene über Jahrzehnte.
Aber auch seinen Wiedereinstieg in das Metier in den späten 60er und frühen 70er Jahren erklärt sie schlüssig. Nachdem es die Kulturpolitik war, die ihm vom Zeichentisch an die Schreibmaschine hat wechseln lassen, sind es eben die politischen Umbrüche, die ihn dazu führen, anfangs mit grafischen Arbeiten seine literarischen Werke zu begleiten. Mit “Auseinandernehmen und Zusammensetzen” gelingt es Viktoria Krason einen Aspekt im Œuvre von Günter Grass tiefer und schlüssig zu beleuchten, der ansonsten mit “ach weiß ich doch” viel zu leichtfertig abgetan wird. Sie erklärt, warum man den Literaten Grass und den Bildhauer und Grafiker Grafiker eigentlich voneinander trennen kann.
Das Buch:
Viktoria Krason, “Auseinandernehmen und Zusammensetzen”, erschienen im Steidl Verlag, 304 Seiten mit 205 Abbildungen, ISBN 978-95829-787-6
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