Theater Rudolstadt zeigt in Nordhausen eine durchwachsene Komödie
Staatstragend fängt es an, staatstragend hört es auf. Dazwischen entspannt sich beim "König der Herzen" ein Spiel, das nicht so recht weiß was es will, das an seinen eigenen Ambitionen scheitert. zum Schluss ist der König der Herzen eher ein Prinz der guten Absichten.Ein Problem der Inszenierung ist die Tatsache, dass die Komödie nie so recht in Schwung kommt. Der versprochene Höhenfeuerwerk an bissigen Gags entpuppt eher als Knallfrosch. Dann nimmt das Stück zwar an Fahrt, bekommen die Schauspieler Schwung, doch schon bald treten sie wieder auf die Bremse, biegen ab und nehmen einen neuen Faden. Das Schimanski-Prinzip funktioniert hier nicht. Nur durch die Aneinanderreihung von Schimpfwörten entsteht noch keine ehrliche Darstellung. Am Ende der Premiere am 27. Februar bleibt der fahle Geschmack, das hier jemand wohl zuviel auf einmal wollte.
Clarke und Bailey haben die Situation eigentlich unter Kontrolle. Alle Fotos: Scholz |
Das, was eine bissige Satire sein soll und beginnt wie eine klassische Screwball-Komödie, klapp,Tür auf, Auftritt, Geschrei, Abgang, Tür zu, klapp, wird bald zu einem Belehrungsstück über den Zauber des Islams. Die Seitenhiebe auf die political correctness, die sieht nur derjenige, der sie sehen will.
Die Gefechte um die Worte und das Ringen um die Akzente der Bedeutungen, all dieser Wortwitz der Texte von Alistair Beaton verschwindet hinter den holzschnittartigen Figuren. Dort die korrupten und egozentrischen Politiker, die sinnentleerten, glaubenslosen und konsumbegierigen Europäer und dort die glaubensfesten und integeren Moslems, die kommende Kraft sind. Zivilsationsmüde und orientierungslos gegen moralfest, sittenstreng und aufstrebend. Mehr schwarz-weiß passt auf keine Komödien-Bühne.
Inspektor Holbroke ist so etwas wie der Hanswurst. Foto: Scholz |
In der Zeit nach den Anschlägen von Paris und Kopenhagen verlangt die Wahl dieses Themas sicherlich Mut. Im Jahre 2007 geschrieben wurde Komödie von der Realität überholt. Zwar war der Autor Alistair Beaton lange Jahre selbst Teil des englischen Politikbetriebs und eine Komödie hat bestimt nicht den Anspruch, knallharte Analysen von Entscheidungsprozessen zu liefern und wenn sie wirklich Brisanz besitzt, dann in ihren antidemokratischen Plattitüden und der Verklärung der britischen Monarchie. Prinz Richard kommt daher wie ein Prophet, der mit einer neuen Heilslehre das morsche System hinwegfegen wird.
Die Inszenierung ist eigentlich wohltuend old school. Das Bühnenbild zeigt ein Kaminzimmer, wie es das Klischee für einen englischen Landsitz vorsieht. Regisseur Carl-Herrmann Risse beschränkt sich auf die klassischen Stilmittel. Es gilt das gesprochene Wort. In dieser konventionellen Aufführung sind es die handwerklichen Fähigkeiten des Ensemble, die für den Genuss an diesem Abend sorgen.
Matthias Winde läuft in der Rolle des Premierminister Nick Bailey zu Höchstform auf. Treffsicher artikulierend und immer mit der passenden Geste bleibt trotz aller überraschenden Wendungen Herr der Lage. Das beste Tony-Blair-Look-Like seit Erfindung des Unterhauses. Die Miene bleibt undurchschaubar. Er verkörpert sowohl den Machtzyniker als auch den Verfassungspatrioten glaubhaft. Zwar ist Winde nicht der Politiker am Rande des Nervenzusammenbruchs, aber er macht den schmalen Grat deutlich, auf den Politiker wandeln, wenn es für sie auf des Messers Schneide steht.
Markus Seidensticker ist ihm als Oppositionsführer Stephen Clarke ebenbürtig. Doch arbeitet er wesentlich stärker mit dem ausdrucksstarken Gesicht. Da wird die Miene oft zum wortlosen Kommentar.
Marcus Ostberg legt seinen Harry Holbroke, Chef der königlichen Garde, doch als Kaspar der Truppe. Aber die wohl inszenierte Begriffsstutzigkeit und das Ringen um die richtigen Wörter gehören zu den Pluspunkten an diesem Abend.
Der Herr Oppositionsführer hat große Visionen.
Foto: Scholz
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Annie Brett, Referentin und Redenschreiberin des Premier ist da schon aus anderen Holz geschnitzt. Anne Kies legt sie resolut und durchsetzungs- und wandlungsfähig an. Sie ist die große Frau, die hinter jedem großen Mann steckt.
Johannes Arpe in der Rolle des Referenten Toby Frost überzeugt mit Bühnenpräsenz und ihm wären mehr Auftritte zu wünschen. Toby Frost bleiben als Homosexuellen die wenigen inhaltliche Kritikpunkte am Islam vorbehalten.
Gut gemeint ist des Gegenteil von gut gemacht, das gilt auch für den "König der Herzen". Das gilt auch für das doch kitschige und pathetische Ende. Aber was bleibt, ist die eine handwerklich überzeugende Darbietung des gesamten Ensembles.
Der Spielplan in Nordhausen
Das Theater Rudolstadt
Der Autor Alistair Beaton
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