Zauberhaft, einfach nur zauberhaft. Was sich in der Ankündigung wie ein Historienspiel liest, entpuppt sich beim Zuschauen als Mut-Mach-Stück. "Der Raub des Prinzen Hugo" ist Theater für Kinder, dass alles bietet, was Kinder am Theater so lieben. Rike Reiniger ist Autorin und Regisseurin zugleich und mit dem Stück hat sie ein Werk vorgelegt, für das die Vokabel Gesamtkunstwerk vielleicht zu hochgegriffen erscheint, das aber alle Mal rundum gelungen ist und mehr sein sollte als das Kinderstück bei den diesjährigen Schlossfestpielen in Sondershausen.
In der Rollen von zwei Gauklern berichten Maria Hengst und Franz-Xaver Schlecht von einer historischen Begebenheit aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Prinz Hugo ist der Sohn des Grafen von Mansfeld, der mit Graf Günther von Schwarzburg befreundet ist. Damit der junge Mansfelder Gottesehrfurcht und Schönschreiben lernt, wird er zu Schwarzburg auf das Schloss Sondershausen geschickt.
Albert (links) und Hugo haben einen denkbar schlechten Start. Alle Fotos: D. Wagner |
Unter solchen Umständen wird ein Zehnjähriger schon einmal vom Heimweh angefallen. Das versteht das Publikum der Premiere nur zu gut und deshalb wundert sich auch keiner, dass Maria Hengst in der Rolle des Hugo an dieser Stelle erst einmal singt.
Spägter wird noch an einigen anderen Stellen gesungen, denn Musik spielt in diesem Stück eine große Rolle als Transportmittel für Gefühle, im Guten wie im Unguten. Kinder verstehen dies und stören sich auch nicht daran, dass die Komponisten Händel und Vivaldi doch erst gut 150 Jahre nach den Geschehnissen das Licht der Welt erblicken werden. Solche Detailfragen, das ist etwas für erwachsene Erbsenzähler. "Der Raub des Prinzen Hugo" ist sicherlich keine Kinderoper, er zeigt dem Nachwuchs aber,was man mit dem Mittel Musik machen kann. Das funktioniert im Liebhabertheater an diesem Tag so gut, weil die Zusammenarbeit mit dem Ensemble aus dem Loh-Orchester unter der Leitung von Daniele Squeo so gut funktioniert. Die sieben Musiker sind an diesem Nachmittag zurückhaltende Begleiter, musikalische Kommentatoren des Bühnengeschehens.
Auf der Baustelle Schloss Sondershausen trifft Hugo auf Prinz Albert, Sohn von Günther. Natürlich müssen die beiden die neue Rangordnung erst einmal wortwörtlich ausfechten. Das Kreuzen der Klingen erfreut nicht nur den härtesten aller Kritiker (siehe hier), sondern auch alle anderen. Die Nähe zum Bühnengeschehen im winzigen Liebhabertheater steigert die Spannung. Aber natürlich freunden sich Albert und Hugo an, singen gemeinsam die dunklen Gedanken in finstere Nacht weg und lobpreisen den Wert der Freundschaft. Ach ja, und dann ist da noch Schnuffi, der Schlosshund, der für Hugo auch ein ganz besonderer Freund wird.
Wenn es denn sein muss,dann greifen die Gaukler auch zu den Mitteln des figurentheaters. |
Weil nun alles Brandschatzen nicht den gewünschten Erfolg bringt und die Hunderte von Spießgesellen langsam ungeduldig werden, entsinnt Hacke einen neuen Plan und der funktioniert, weil Graf Günther nicht zuhause ist und die beiden Prinzen auf sich gestellt sind. Doch am Ende siegen die Prinzen und das Gute, weil ihre Freundschaft so stark ist, ihnen Mut macht und hilft, übermächtige Gegner wie die dunklen Gedanken, die Mutlosigkeit und den finsteren Hacke zu besiegen.
Es ist nicht nur die Beste-Freunde-Geschichte, die den Liebreiz des "Raub des Prinzen" ausmacht. Ob es sich so oder so ähnlich oder vielleicht ganz anders zugetragen hat, das ist zweitrangig. Der Wert der Freundschaft und der Sieg der vermeintlich Kleinen, dies geben die beiden Gaukler den Kindern mit auf dem Weg.
Es ist vor allem die Art wie, Reiniger ihre Geschichte durch Maria Hengst und Franz-Xaver Schlecht erzählen lässt. Sie greift in das Füllhorn des Kindertheaters und fügt Clownerie, Akrobatik, Slapstick, Pantomine, Figurentheater, Fechtduelle und ein wenig Oper zu einem gelungenen Ganzen zusammen, ohne das ein Teil erzwungen wirkt, sondern alle Teile auch dort sind, wo sie hingehören. Einen ordentlichen Spritzer kindgerechter Toberei und Anarchie gibt es dann auch noch. Ob Kinder darüber reflektieren ist zweitrangig. Den Kindern im Liebhabertheater gefällt es einfach und deshalb sparen sie auch nicht mit Szenenapplaus. Ach, den mitgereisten Eltern gefällt es auch, ob reflektiert oder nicht. Sie wissen die Leistungen der beiden Schauspieler einzuschätzen.
Hugo sitzt im Kerker, fürchtet sich aber nicht, weil Schnuffi da ist. |
Die Schlossfestspiele in Sondershausen
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Der härteste aller Kritiker - Teil eins
Der härteste aller Kritiker - Teil zwei
Der härteste aller Kritiker - Teil drei
Der härteste aller Kritiker - Teil vier