Sayasaki: Butoh-Tanz im Jungen Theater
Eine Choreographie, die Mut macht in diese Zeiten, zeigte
das Junge Theater am vergangenen Wochenende. Unter der Leitung von Tadashi Endo
war dort in den letzten Wochen „Sayasaki“ entstanden. Dennoch zeigt die
Uraufführung ein beeindruckendes Werk mit Schwachstellen.
Endo hat den Butoh vor mehr als vierzig Jahren nach Südniedersachsen
gebracht. Diese Form des Tanztheaters thematisiert immer wieder den Schmerz in
seinen unterschiedlichen Formen. Da ist es also naheliegend, eine
Butoh-Choreographie zu Corona zu machen.
Ausgehend von der Theorie, dass die Lasten der Pandemie hauptsächlich
auf den Schultern der Frauen lasten, hat Endo das Stück mit den Tänzerinnen
Virginia Torres Peres, Satoko Shimizu und Natsuko Kono entwickelt.
Zwei von drei gemeinsam gegen den Dämon Foto: Maciej Rusinek |
Es ist eine Choreographie mit einer rauen Poesie. Ausgangspunkt ist eine Eigendichtung, nach der die Pandemie ein Hilferuf der Erde ist. Vom Wispern zum Schreien ist im Untertitel zu finden. Dementsprechend bietet das Stück akustisch vieles zwischen Stille und Lärm. Es sind Klangcollagen aus Naturgeräuschen, traditioneller japanischer Musik und Free Jazz. Aber am stärksten wirken die Bilder auf der Bühne, wenn eben Stille und die Zuschauer sich in die Darstellung versenken können.
Dies gilt insbesondere für die Blumen-Szene. An deren Ende
liegen Hunderte von Blütenblättern auf der Bühne. Ihr Knallrot ist ein starker
Kontrast zum dominanten Schwarz-Weiß, der Hoffnung macht in dieser tristen
Welt.
Es dauert eine Weile, bis die Dramaturgie wirkt. Es
entblättert sich eine Geschichte der Befreiung. Von Bild zu Bild emanzipieren
sich die Frauen. Am Ende hat der Dämon sein Schrecken verloren, die Frauen
obsiegen. Im Gewand des Friedens betritt Endo die Bühne und erhebt seinen Geist
zu den Vögeln. Diese Botschaft ist so einfach wie einleuchtend. Nur gemeinsam
besiegt man den Unterdrücker. Dann brechen wieder paradiesische Zeiten an.
Die Mittel sind klar verteilt. Es ist ein Kampf dynamisch
gegen starr. Hier der Dämon, der die Zeit schockgefrostet hat. In seinem Bann
dehnt sich alles in die Unendlichkeit. Dort die Dynamik und die Lebensfreude
der Frauen, die durchaus wütende Elemente kennt.
Hier liegt die Schwäche der Choreografie. Die Gräben sind so
tiefgezogen, dass es keine Verbindung der Akteure gibt. Die Interaktion
zwischen den beiden Polen beschränkt sich auf ein Mindestmaß. Gelegentlich
wirkt es, als wären zwei Welten gleichzeitig auf einer Bühne.
Es ist nicht zu übersehen, dass Tadashi Endo in den letzten Jahren an
Dynamik eingebüßt hat. Wo sich früher Kraft und Ausdruck trafen, ist nur noch
Ausdruck geblieben. Deswegen hat er in der Rolle des Dämon den Frauen wenig
entgegenzusetzen und unterliegt schlussendlich. Das ist wohl die schöne
Botschaft diese Choreografie.