Harzerkritiker nennt die schönsten Inszenierungen der Saison
Die Indoor-Saison 2014/15 ist längst Geschichte, die Festspielzeit neigt sich dem Ende. Höchste Zeit, einen Rückblick zu werfen. Hier meine ganz persönliche Hitliste, der der härteste aller Kritiker nun unter Vorbehalt zustimmt.
Die Nummer fünf: Judas
Studiotheater ist Theater auf Augenhöhe und er hat uns verdammt oft in die Augen geblickt. Ja, es stimmt, ich bin ein Fan von intimen und intensiven Inszenierungen und die Körperlichkeit von Gunter Heun beeindruckt mich immer noch. Hier kommt beides zusammen und das Publikum wusste es zu schätzen.
Platz fünf für "Judas" bei den 57.
Gandersheimer Domfestspielen.
Peter Jech unter Dauerbelastung und ein kreativer Umgang mit den Insignien des Figurentheaters. Das
schwarzweiss figurentheater brachte den Buchklassiker von Hannes Hüttner in einer kind- und zeitgerechte Form im Theater unterm Dach in Nordhausen.
Dazu gab es auch noch einen frechen Umgang mit den Versatzstücken der Popkultur.
Über die Platzierung gab es noch einen kurzen Disput mit dem härtesten aller Kritiker. Platz vier für "Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt" im Theater Nordhausen. Aber die Verdienstmedaille, die hat sich Jech wirklich verdient Das Stück steht in der kommenden Spielzeit wieder auf dem Plan. Hingehen und anschauen.
William Burroughs und Tom Waits treffen die deutsche Romantik tief ins Herz. Beate Baron hat dann am
Deutschen Theater in Göttingen aus dem Musical eine Inszenierung gemacht, die nur einen Wunsch offen lässt: Tom Waits muss beim nächsten Mal gefälligst selbst auftreten.
Ansonsten hat das Musical Tempo und Witz und versteckte Spitzen. Dazu kommt eine Vanessa Czapla in Höchstform, eine Großvater in der Standort, Kostüme zwischen Schwarzwaldmädel und Prärie und ein Bühnenbild, das deutschen Forst, Metropolis und Frankenstein vereint.
Besonders die Zeitlupen-Szene im dramatischen Finale hat es mir angetan und natürlich die exquisite Livemusik von Tom Waits. Merkt man eigentlich, dass ich Waits-Fan bin?
Auch ein Märchen der Grimms kann ziemlich rocken. Auch ein Märchen der Grimms kann ziemlich viel Mut machen. Dazu die Musik von
Tante Polly und die Erkenntnis, dass nicht nur Moritz Fleiter sondern auch Julia Friede erstklassiges Kindertheater spielen kann.
Auch wenn der härteste alle Kritiker nur unter Vorbehalt zustimmt, Platz drei für "EselHundKatzeHahn", das Familienstück bei den 57.
Gandersheimer Domfestspielen.
Also, wenn der Vorführraum aussieht wie ein Schiff unter Deck, der Boden schwankt, man den Wind in den Segeln hört und den Rum auf den Lippen schmeckt, dann haben sie alles richtig gemacht.
Deshalb Platz zwei für die
stillen hunde und ihre szenische Lesung der Schatzinsel in der Stadtbücherei Herzberg.
Anmerkung: Ich habe das Buch anschließend glatt noch einmal gelesen.
200 Schauspieler, Laien und Profis, hunderte von Klischees und ein Dutzend Ängste, Tausende Zuschauer, dazu eine Verfolgungsfahrt durch die Fußgängerzone, eine Schießerei mit Wasserpistolen, ein Maharadscha und ein sprechendes Pferd und gefühlte 192 schräge Einfälle mehr und alles in einer schlüssigen Inszenierung.
"
In Namen der Rose", das gemeinsame Projekt von TfN und Forum Heersum, ist für mich eindeutig der Sieger der Saison. Kommt in der nächsten Spielzeit aber bestimmt nicht wieder.
Ich bin aber auch neidisch, dass Dennis Habermehl das dürfte, was ich als Kind gern gedurft hätte: Baden im Brunnen vor dem Rathaus.