Ausstellung mit acht Fotografen im Kunsthaus Meyenburg
Meine Damen und Herren, Sie sind ausreichend gewarnt. Ich bin als Kulturphilosoph angekündigt worden und Sie müssen damit rechnen, dass nun einige ausschweifende und abschweifende Worte zu den hier vertretenen Werken und Künstlern folgen.
Dabei sollten Sie aber nicht alles für bare Münze nehmen und auf die Goldwaage legen. Es ist bestimmt nicht der Weisheit letzter Schluss. Verstehen Sie meine Worte eher als Anmerkungen. Ich möchte Sie zum Nachdenken anregen und dazu, nach meinen Ausführungen ins Gespräch zu kommen, ihre Meinung zu äußern und sich rege auszutauschen. Das haben wir bitter nötig nach drei Jahren des sozialen Stillstands.
Zum Thema
Aber kommen wir zum Thema. Journalisten und Fotografen haben eins gemeinsam. Ständig werden sie mit der Aussage konfrontiert „Das kann ich auch und das kann ich viel besser als du“. Dass solch eine These bezogen auf Fotografen nicht zu halten ist, dass werden Sie im Anschluss an meine Einleitung feststellen. Mit den Journalisten, da werden Sie noch bis zur nächsten Ausgabe der TA warten müssen. Oder auf den Bericht bei radio enno.
Wort und Bild
Überhaupt scheinen Fotografie und Reportage ein Begriffspaar, dass für viele Betrachter immer noch unlösbar miteinander verknüpft ist. Es sind zwei Zugänge zu dieser einen Welt, die verstanden werden will.
Aber sind es wirklich die zwei Seiten der Medaille „Weltverständnis“? Schließlich beweist doch schon der Begriff „Fotoreportage“, dass die Künstler ganz gut ohne die Schreiberlinge auskommen. Es gilt die alte Weisheit:
„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“
Dennoch konnte sich die Foto-Branche nur sehr langsam aus dem Gefängnis der Realität lösen. Gerade in der DDR galt bis in die 80er Jahre in der Ausbildung und in der täglichen Arbeit der Fotografinnen und Fotografen das Dogma der Dokumentation. Im Gegenzug durfte nicht alles dokumentiert werden, was man gern dokumentiert hätte und gezeigt werden schon gar nicht. Was dies für einzelne Künstler und Künstlerinnen bedeutete, dazu können Sie gleich den einen oder anderen anwesenden Fotografen befragen.
Auf das Verhältnis zwischen Fotografie und Reportage möchte ich an anderer Stelle noch einmal zurückkommen
Bild und Bilder
Ohne Frage müssen die bildenden Künstler und Künstlerinnen den Pionieren der Fotografie immer noch dankbar sein. Denn die einen haben den anderen die Aufgabe abgenommen, das abzubilden, was man leichtfertig als Realität bezeichnet.
Erst seit 1929 gilt Fotografie als eigenständige Kunstform, als die ersten Aufnahmen in das neue Museum of Modern Art genommen wurden. Diese Anerkennung ist vor allem das Verdienst des Gründungsdirektors Alfred Barr. Dieser griff nicht nur auf die Vorarbeiten von Alfred Stieglitz und Edward Steichen zurück, die schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts Fotografien in Galerien gebracht hatten. Aber erst Barr erkannte die Fotografie im Kontext einer neuen ganzheitlichen Sichtweise.
Heute würde man
ihn als gut vernetzt bezeichnen, seinerzeit war er ein Globetrotter in Sachen
Kunst. Bei Besuchen und in der Auseinandersetzung mit dem Bauhaus und anderen
Institutionen in Deutschland entwickelte er ein zeitgemäßes Kunstverständnis,
in dem die Fotografie fortan einen festen Platz hat.
Seitdem sind 94
Jahre vergangen, die Welt hat sich radikal verändert und vor allem die Fotografie
hat sich gewandelt. Sie ist nicht nur bunt geworden, sondern auch bunter. Die
Dokumentationen des Alltags von Alfred Stieglitz wurden ergänzt mit tausenden
Themen. Einige dieser Themen und Techniken sehen Sie hier in dieser
Ausstellung.
Ich gebe Ihnen
gleich mal ein aktuelles Kriterium an die Hand: Ist es Schwarz-weiß, dann muss
es Kunst sein. Farbe kann jeder. Nicht wahr?
Die Fotografen
des 19. Jahrhunderts waren in aller Regel auch Maler, die das neue Medium zur
Umsetzung ihrer künstlerischen Ideen und für neue Darstellungsformen nutzen
wollten. Zwar wurden viele Portraitmaler mit dem Siegeszug der Fotografie
arbeitslos. Aber sie hatten nun genug Kapazitäten, sich mit dem Pinsel auf die
Suche nach neuen Ausdrucksformen zu begeben. Der erste, der diesen Vorteil
nutzte, war Pablo Picasso. Zeit seines Lebens machte er Portraitfotos zur
Vorlage für seine Gemälde und Collagen. Gerhard Richter verwendet heute noch
die Fotografie bei der Konzeption seiner Werke.
David Hockney
versuchte in den 70-er Jahren das Verhältnis von Malerei und Fotografie neu zu
definieren. Ausgiebig widmete er sich dem Fotorealismus. Mit dieser Spielart
der bildenden Kunst schienen einige Künstler vor etwa 50 Jahren das Supremat
der Fotografie akzeptiert zu haben. Es gab sicherlich triftige Gründe, warum
der Fotorealismus in der DDR auf nur wenig Begeisterung traf.
Wer das Thema
„Fotografie und Bildende Kunst“ vertiefen möchte, hat noch bis zum 28. Januar
Zeit, sich in der Tate Modern Art Gallery in London die Ausstellung „Capturing
the moment“ anzuschauen. Wer sehenden Auges durch diese Ausstellung hier geht,
der muss aber gar nicht auf die Insel und kann zuhause bleiben.
Nordhausen
schlägt London. Meine Damen und Herren, seien Sie ehrlich, das haben Sie nie zu
träumen gewagt und nun ist es doch Wahrheit geworden. Allein dafür gebühren der
Kuratorin Susanne Hinsching, ihrem Team und den Künstlern ausreichend Applaus.
Die Technik
Der schnöde
Fachbegriff bezeichnet Fotografie als bildgebendes Verfahren. Dabei steckt viel
mehr Poesie in diesem Wort, eine Poesie, die uns ein Lächeln auf die Lippen
zaubern kann. Immerhin kann man „fotografieren“ auch übersetzen als „zeichnen
mit Licht“. Es ist ein Kunstwort aus dem griechischen Substantiv „Photos“ für
Licht und dem griechischen Verb „graphein“, welches die Tätigkeiten schreiben,
zeichnen oder malen oder beschreibt.
Was viele
Mitmenschen zu einer solch leichtfertigen Aussage wie „Das kann ich auch und
das kann ich viel besser als du“ verleitet, ist die Tatsache, dass man
lediglich auf einen Knopf, auf eine Schaltfläche drücken muss, um ein Bild zu
erstellen. Über respekteinflößende Instrumente wie Staffelei, Palette, Hammer,
Meißel oder Beitel verfügt der Fotograf oder die Fotografin nicht. Ihnen bleibt
lediglich ein schnöder Auslöser.
Natürlich braucht
man keine Ausbildung, um den Auslöser zu drücken. Man kann aber auch Stromkabel
ohne Ausbildung verlegen. Was am Ende dabei rumkommt, das überlasse ich ihrer
Fantasie.
Aber genau
deswegen ist die Fotografie eine demokratische Kunst. Der Zugang ist einfacher
und das Erlernen der Bildproduktion auch. Niedrigschwellig nennt man das heute.
Wenn Sie auf die Biografien der hier vertretenen Künstler schauen, werden Sie
feststellen, dass einige noch was ganz anderes gemacht haben, bevor sie Fotografen
wurden. Oder Fotografie nur im Nebenerwerb betreiben.
Ach ja, an der
Stelle eine weitere Auffälligkeit: Fotografieren ist eine männliche Domäne.
Obwohl Dorothea Lange schon in den 30-er Jahren Bilder über die Folgen der
Wirtschaftskrise ablieferte, die heute noch erschüttern, erarbeiten sich Frauen
erst seit den 80-er Jahren Klick für Klick ihren Platz. Aber, meine Damen und
Herren, sehen Sie es nach dem Ying und Yang-Prinzip. Spätestens nach dem
nächsten Nordhäuser Grafikpreis ist die Balance hier in diesem Haus wieder
hergestellt.
Die Komposition
Ich möchte mal
wieder Phrasen dreschen. „Kunst kommt von Können“, heißt es so schön. Aber um
mit einer Kamera Bleibendes zu kreieren, dazu bedarf es doch mehr als auf den
Auslöser drücken zu können. Da müssen solche Faktoren wie Auflösung, Fokus,
Belichtungszeit, Perspektive und Tiefenschärfe in Einklang gebracht werden, um
etwas zu schaffen, das über den Tag hinausweist.
Manchen von uns
gelingt dies gelegentlich in einem Schnappschuss, aber der macht noch keinen
Meister und auch keine Meisterin. Die Kunst besteht darin, die genannten
Faktoren und noch einige andere Bestandteile gewissermaßen auf Knopfdruck und
das ständig in den geforderten Einklang zu bringen. Und dabei haben wir die
Frage der Farbigkeit noch gar nicht in Erwägung gezogen. Denn das Ziel ist
immer ein stimmiges Ganzes.
Jetzt muss ich
Sie schon wieder vertrösten, meine Damen und Herren, denn was man beim
Fotografieren, beim Zeichnen mit Licht, so alles berücksichtigen muss, das
erklären Ihnen die anwesenden Fotografen gleich im Gespräch. Die kennen sich
damit nämlich viel besser aus als ich. (Ich bin ja nur Journalist und zu deren
Befähigungen habe ich schon zu Anfang was gesagt.)
Die Geschichte
Aber viel lange
gibt es die Fotografie eigentlich schon? Zwischen 1826 und 1884 sorgen Männer
wie Joseph Nicéphore Niépce oder George Eastman für enorme technische
Fortschritte, die es ermöglichen nicht nur Licht zu fixieren, sondern dies auch
in großer Zahl fast schon automatisch zu ermöglichen.
Aber wie das
oftmals so ist. Die Wurzel gehen wohl auf die alten Griechen zurück. Schon im
4. vorchristlichen Jahrhundert wusste man auf den Penelopes, dass sich
bestimmte Silberverbindungen verfärben, wenn man sie dem Licht aussetzt. Selbst
Aristoteles soll sich dabei die Finger schmutzig gemacht haben.
Warum der Ausflug
in die Wissenschaft? Silber, Jod und diverse andere Verbindungen wie Säuren und
Basen waren im 19. Jahrhundert die chemischen Voraussetzungen für die
Fotografie.
Die nächste
Grundlage ist die Camera obscura, auf hochdeutsch mit „seltsamer Raum“ zu
übersetzen. Hier fällt Licht durch ein einfaches Loch auf eine abgedunkelte
Rückseite und erzeugt dort ein spiegelverkehrtes Abbild. Damit gehört
Verzerrung auf jeden Fall zu den Geburtswehen der Fotografie.
Die Camera
obscura haben wir den optischen Experimenten der Antike zu verdanken, aber erst
in der Renaissance entdecken Künstler und Wissenschaftler dieses Gerät wieder.
Auch Leonardo da Vinci soll mit der Lochkamera gearbeitet. Achtung, jetzt kommt
eine steile These: Kennen sie das Grabtuch von Turin? Es soll das Gesicht des
frisch gekreuzigt Jesus zeigen.
Dieses Wunderwerk
wird wohl ein Produkt von da Vinci sein. Der Universalgelehrte soll ein
Leinentuch mit einer Silberlösung bestrichen haben und dann mittels einer
Camera obscura mit seinem eigenen Konterfei belichtet haben. Angeblich war es
eine Auftragsarbeit für den damaligen Regenten von Savoyen.
Was dafür
spricht? Anhand von Gewebeproben hat man festgestellt, dass das Grabtuch nicht aus der
Antike, sondern wohl aus dem späten Mittelalter oder der Renaissance stammt.
Damit wären wir
wieder beim Verhältnis von Fotografie und Wirklichkeit. In Zeiten einer
Bilderflut und KI stellt sich diese Frage immer wieder und immer dringender.
Nur die Fachleute haben neulich erst bei genauem Hinschauen erkannt, dass Papst
Franziskus doch nicht zur Kirche der erleuchteten Hartreimer konvertiert ist
und fortan das Geschäft des Rappens betreibt.
Gefälschte Bilder
Zu einer der
populärsten Wortschöpfungen der digitalen Welt gehört das Verb „Photoshoppen“.
Nein es bezeichnet nicht den Kauf hochwertiger Fotografien, sondern das
Abändern vorliegenden Bildmaterials mittels einer Software. Wofür früher die
Fähigkeiten von Fachleuten nötig waren, das wird heute mit Maus-Klick und
Regler schieben erledigt.
Vergleichen Sie
mal alte Aufnahmen und aktuelle Bilder. Was wird ihnen auffallen? Die Welt ist
heute viel bunter und die Farben sind viel kräftiger, viel satter. In tausenden
von Internet-Foren stolpern sie über Millionen von Bildern, deren Farben so
fett sind, dass sie Augenkrebs bekommen, deren Konturen so scharf sind, dass
sie befürchten müssen, sich beim Betrachten die Finger zu schneiden.
Wir sind also
schon vor langem in das Stadium eingetreten, in dem die Fotografie nicht die
Realität ablichtet, sondern die technischen Fähigkeiten der bildgebenden
Verfahren die Realität bestimmt.
Doch wir sind
schon einen Schritt weiter. War das Schönen der Realität vor noch gar nicht so
langer Zeit ein Teil der kreativen Bildgestaltung, sind diese Prozesse
mittlerweile automatisiert.
Glauben Sie mir,
meine Damen und Herren, auch meine Welt ist viel bunter seitdem ich mit einem
Gerät fotografiere, auf dem ein Apfel prangt. Das macht das Gerät sogar ohne
meine Einwilligung. Aus dem „Life according to Agfa“ von 1992 ist 30 Jahre
später das „Life made by Apple“ geworden.
Wo ist das Ende
der Übersättigung? Diese Frage kann nur jeder selbst beantworten.
Auf jeden Fall
wurde mir zugesichert, dass hier in dieser Ausstellung nur Werke zu sehen sind,
die eben nicht gephotoshoppt wurden und einige der Anwesenden wissen nur zu
genau, dass ich in solchen Fragen nicht mit mir scherzen lasse.
Die Motive
Wie ich vorhin
schon sagte, ist die Fotografie bunter geworden, weil das Spektrum an Themen
sehr breit geworden ist. Sie immer noch auf Dokumentation zu reduzieren, das
ist so was von 1929. Wir haben es uns aus gutem Grund abgewöhnt, Malerei und
Bildhauerei mit der Forderung nach Realitätstreue zu konfrontieren. Aber kaum
sehen wir ein Foto, schon verfallen wir in dieses antiquierte Verhaltensmuster.
Andreas Gursky
sagt hingegen, dass Fotografie verhüllen muss, um die Realität deutlich zu
machen. Erst dank der Maskerade dringt der Betrachter zum Wesentlichen vor. Der
Mann muss es wissen, schließlich ist er Professor an der Kunstakademie
Düsseldorf. Gursky macht auch kein Geheimnis daraus, dass er sich schon seit
Jahren digitaler Manipulation bedient.
Präsentation,
Dokumentation, Verfremdung und Verhüllung, diese Grundsätze fotografischen
Schaffens finden Sie in dieser Ausstellung gleichberechtigt und gleichwertig
wieder. Sie dürfen selbst entscheiden, ob es Gegensätze sind oder Ergänzungen.
Schauen sie mal,
ich habe Ihnen was mitgebracht. Ein handelsübliches Objektiv. Laut Hersteller hat
es einen Durchmesser von 58 Millimetern. 58 Millimeter sind wahrlich nicht
viel. Da passt die ganze Welt doch gar nicht. Denken Sie mal scharf nach, bei
58 Millimetern ist es doch unmöglich, die ganze Realität zu erfassen. Also kann
uns die Fotografie technisch bedingt immer nur einen Ausschnitt liefern. Pars
pro toto sagen wir Philosophen, einen Teil, der fürs Ganze steht. Für welchen
Teil man sich entscheidet und ob der dann pro toto steht, darin besteht die
Kunst des Fotografierens. Deswegen gibt es Bilder, die uns viel sagen, und
deswegen gibt es Bilder, die wir selbst besser machen könnten.
An dieser Stelle
einige Worte zur Konzeption der Ausstellung, die ist nämlich einfach und
überzeugend: Es geht nicht um Vergleich unterschiedlicher Lösungen zu gleichen
Aufgabenstellungen. Jeder Künstler hat seinen eigenen Raum bekommen und kann
dort sein Schaffen präsentieren.
Damit haben wir
acht Werkschauen, in ihrer Gesamtheit einen Eindruck geben über die Fotokunst
zwischen Northeim im Westen, Leipzig im Osten, Nordhausen im Norden und Weimar
im Süden. Oder müsste ich sagen Rügen im Norden und Basel im Süden? Nicht
zuletzt durch das Internet ist Fotografie stärker globalisiert als andere
Künste. Ein Foto kann man als E-Mail verschicken, versuchen Sie das mal mit
einer Plastik aus Holz oder gar aus Bronze. Macht es also noch Sinn, nach
Wohnorten zu unterscheiden?
Warum aber die
Fotoreporter hier unten im Basement zu sehen sind und die hehren Künstler nur
über die Treppen erklommen werden müssen, dazu kann ich nur Vermutungen
anstellen. Befragen sie dazu die Kuratorin Susanne Hinsching.
Rundgang
Nun möchte ich
Ihnen die Künstler und ihre Werke näherbringen. Heutzutage muss man
Sensibilität bei dem Thema an den Tag legen, aber gendern geht hier heute aus
bekannten Gründen nicht.
Alphabetisch ist
altbacken, also nehme ich Sie mit auf eine kleine Reise durchs Haus. Wir
starten hier unten und während ich rede, können sie simultan überprüfen, ob ich
dummes Zeug rede. Zumindest auf den ersten beiden Stationen.
Hubert Jelinek
Ich freue mich
besonders, Ihnen Hubert Jelinek vorstellen zu dürfen, schließlich kennen Hubert
und ich uns schon seit Jahrzehnten. 'wir haben viel miteinander gelacht und auch ein wenig übereinander
Aus seinem
umfangreichen Oeuvre präsentiert er Sportbilder. Es sind keine Schnappschüsse,
sondern Bilder, die in Sekundenbruchteilen konstruiert wurden und uns als pars
pro toto das Wesen des Sports offenbaren: Dynamik, Schwerelosigkeit und
Anspannung.
Persönliche
Anmerkung: Vielleicht sind seine Bilder so hintergründig, weil Hubert nie selbst
Sport betrieben hat. Der Beobachter schaut eben tiefer auf den Grund der Sache
als der Akteur.
Christoph Keil
Er ist mit
Abstand der jüngste unter den hier vertretenen Künstler und einer derjenigen,
die Fotografie im Nebenerwerb betreiben. Warum er trotz der zahlreichen
Auszeichnungen den Weg in den Staatsdienst vorgezogen hat, dass müssen Sie ihn
schon selbst fragen. Vielleicht hat er einfach zu lange als Freier für die TA
gearbeitet
Auch er zeigt
Beiträge aus seiner Arbeit als Sportfotograf. Es sind vor allem Schnappschüsse
aus skurrilen Szenen des Wettkampfes oder des Trainings. Das erfordert ein
gehöriges Maß an Vorahnung, um im rechten Augenblick den Auslöser zu drücken.
Capturing the Moment eben, den Moment einfangen und unvergänglich machen. Dieses
Gefühl für die Situation speist sich aus jahrelanger Erfahrung.
Aber er ist nicht
nur gut darin, die Szene zu erfassen. Wenn ich von hier aus nach vorne rechts
schaue auf die Portraits schaue, dann weiß ich, dass Christoph Keil auch zum
Wesen der Sportler vordringt.
Marco Kneise
Sollte mich
jetzt, hier und heute jemand auffordern „Stellen Sie mir doch mal Marco Kneise
vor“, dann werde ich antworten „Oh Mensch, gucken Sie doch einfach mal in die
Zeitung. Da sehen Sie täglich Beweise für die große Klasse dieses Mannes. Das
sind Portraits aus einer anderen Liga.“
Damit habe ich schon Andeutungen zu einem Teil seiner Werke geliefert. Doch Marco Kneise zeigt uns diese Mal keine Portraits, sondern Werke aus dem Alltag des Fotoreporters. Er setzt die alte Forderung von Robert Capa um. Er geht dicht dran, aber nicht zu dicht. Zwischen Fotograf und Objekt bleibt die Respektzone erhalten. Damit zeigt er das Erhabene im Alltäglichen. Man muss schon Menschenfreund sein, um so etwas zu können.
Roland Obst
Meine Damen und
Herren, wenn Sie selbst jetzt noch ‚ne halbe Stunde Geduld haben, dann erzähle
ich Ihnen ein wenig aus der Biografie von Roland Obst und listete seine zahlreichen
Ausstellungen auf. Aber ich mache es kurz: Auch Roland Obst kam über Umwegen
zur professionellen Fotografie, war lange Zeit in der Reportage beheimatet, hat
bei der TA auch in Nordhausen gearbeitet und ist seit 8 Jahren im Unruhzustand.
Alles weitere können Sie auf dem Banner im Jagdzimmer nachlesen.
Mit den Beiträgen in dieser Ausstellung gibt uns Roland Obst einen Einblick in eine Welt, die uns ansonsten verborgen bleibt. Es ist eine mystische Welt voller Elfen und Nixen. Er zeigt uns die Unterwasserwelt des Salzaspring. Es ist eine Quelle im Karst. Wir als Betrachter tauchen mit ihm hinab in eine unbekannte Welt voller unbekannter Lebensformen mit ihrem ganz eigenen Zauber.
Mein Tipp: Stellen Sie sich nicht vor die Bilder. Setzen Sie sich auf die Bank, dann sind Sie auf Augenhöhe mit dem Wasserspiegel. So entsteht die Illusion, Sie würden selbst tauchen. Aber Sie müssen nicht mit Schnorchel und Flossen ins Jagdzimmer.
Olaf Martens
Wie Hr. Uhley
vorhin sagte, ist auch Olaf Martens ein Produkt des Foto-Clubs Nordhausen. Von
hier aus zog er in die weite Welt. Es ist gerade ein gutes Jahr her, dass er in
Nordhausen, das er als seine Heimat bezeichnet, eine umfassende Werkschau
zeigte. Damals ging es quer durch die Jahrzehnte, durch seine Entwicklung hin
zum eigenständigen Stil. Ich gehe mal davon aus, dass sie allesamt „Heimat und
Tapeten“ seinerzeit hier im Hause besucht haben. Ansonsten sollten Sie jetzt so
tun als ob.
Hier und heute können Sie den Endpunkt betrachten. In dieser Ausstellung zeigt Martens Bilder, die in außergewöhnlicher Weise an der Grenze zum Surrealismus wandeln. Es sind Menschen, Körperteile und Gegenstände, die in kräftigen Farben in traumhaften Szenen in ungewohnten Kombinationen aufeinandertreffen.
Es ist Bilder, die uns herausfordern, weil sie entschlüsselt werden wollen. Dafür gibt es keine DIN-Norm und deswegen bleibt einiges unentdeckt und wartet auf den nächsten Besuch. Nur so viel sei verraten: Es geht irgendwie immer um die Absurdität des Lebens.
Damit hat sich Olaf Mertens endgültig freigemacht vom Dogma der Dokumentation, unter dem er nach eigener Aussage lange gelitten hat.
Marcel Krummrich
Auch Marcel Krummrich kam über verschlungene Pfade und mit Verzögerung zur professionellen Fotografie. Aber das scheint immer ein Vorteil zu sehen, wenn man erst das Leben außerhalb der Blase Kunstbetrieb kennenlernt. Mittlerweile ist Marcel Krummrich fest verankert im Kunstbetrieb. Die Liste seiner Ausstellungen ist etwa so lang wie die von Roland Obst und der hat einige Jahre Vorsprung. Zudem wurden Werke von Marcel Krummrich mittlerweile in die wichtigsten Sammlungen Thüringens aufgenommen.Tilmann Graner
Meine Damen und Herren, Tilmann Graner kennen Sie alle aus einem anderen Haus. Er geht dem ehrbaren Beruf des Orchestermusikers nach und von seinem außergewöhnlichen musikalischen Schaffen konnten wir schon profitieren.
Auch Tilmann
Graner kann schon auf mehrere Ausstellungen seiner Bilder verweisen. Mit „Out
oft he Whites“, Achtung Plural, zeigt er hier Werke, denen jegliche Farbigkeit
abhandengekommen ist. Wie schon sagte: Schwarz-Weiß? Es muss wohl Kunst sein.
Es sind Bilder,
die auf Reisen am Polarkreis und in den Bergen entstanden sind. Die Fotos
werden vom Weiß des Schnees dominiert. Dieser verbirgt nicht nur und deutet nur
an, was unter ihm zu finden ist. Das, was gerade so eben noch sichtbar ist,
erfährt eine enorme Aufwertung.
Es ist aber auch
ein Leichentuch. Damit wird das unschuldig Weiß, oder eben die Weiße, umgedeutet zur Farbe des Todes.
Somit sind wir Betrachter einem lebensfeindlichen Umfeld ausgesetzt und stellen
uns die Fragen nach dem Essentiellen. Ob eine Kamera überlebenswichtig ist,
muss jeder beantworten. Das ist schon ein starkes Stück, lieber Tilmann.
Roy Müller
Zum Abschluss unserer kleinen Tour durch das Kunsthaus kommen wir zu dem Fotografen mit der weitesten Anreise. Mit Roy Müller bringen wir eine internationale Sichtweise ein, doch der gebürtige Schweizer lebt schon seit vielen Jahren in Erfurt und arbeitet an der Bauhaus-Universität in Weimar.
Eben gerade sagte
ich schon mal: Wenn es Schwarz-Weiß ist, dann muss es Kunst sein. Die Fotos von
Roy Müller sind nicht Kunst, weil die Farbigkeit reduziert ist. Sie sind Kunst,
weil diese Reduktion uns als Betrachter zum Wesentlichen bringt.
Wir sehen Tiere
vor weißem Hintergrund und am Rand der Abstraktion. Dadurch erfassen wir
intuitiv ihre Situation und ihre Besonderheit. Wir schauen nicht in Brehms
Tierleben, sondern auf diesen einen ganz besonderen Schwan oder auf diesen
einen ganz besonderen Kranich.
Weitere Fotos
zeigen Tiere, die vor dem dunklen Hintergrund fast verschwinden. Damit ordnet
Müller sie in ihre Umwelt ein, stellt sie in den Gesamtzusammenhang. Auf den
Ersten Blick steht Müller damit im Widerspruch zu sich selbst. Verstehen Sie es
aber nicht als Widerspruch, sondern als Ergänzung, als die andere Seite der
Medaille. Als den anderen Teil der Realität, der durch ein Objektiv passt.
Der Schluss
Was all diese
Bilder mit uns machen? Sie stellen uns wichtige Frage und sie stellen uns ruhig
in einer hektischen Zeit. Dafür sage ich schon einmal Danke und auch Danke an
Sie, meine Damen und Herren, für ihre Geduld mit ihr.
Ach, eins noch, bevor ich es vergesse: Bilder kaufen ist gut fürs Karma. Das erspart Ihnen drei
Yoga-Sitzungen
Ich wünsche Ihnen
angenehme Gespräche und einen schönen Abend.