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Wenn Gambe und Laute singen

Hille Perl und Lee Santana begeistern mit unbekannten Meistern

Barockmusik kennt nicht nur Opulenz und expressive Gesten. Sie kann auch sehr meditativ und innerlich sein. Hille Perl und Lee Santana spielten im Rittersaal im Schloss Herzberg und am Ende dieses musikalischen Nachmittags mit einem der besten Duos für alte Musik bleibt tiefe Zufriedenheit und der Einklang mit sich selbst und mit der Welt im Ganzen.
Das Programm lässt sich unter dem Stichpunkt "Händel und seine Nachbarn" zusammenfassen und es versammelte Komponisten, die sonst nicht im Fokus der musikalischen Aufmerksamkeit stehen. Weil die Zusammenstellung " ... per la viola di Gamba é Liuto... " nach Aussage von Hille Perl nur für diesen Nachmittag erfolgte, wurde das Publikum Ohrenzeuge eines einmaligen Erlebnisses.
Auch so einmalig ist der Dialog der Künstler mit dem Publikum. Beide erläutern nicht nur, was sie tun, sondern auch, warum sie es tun, und stehen in der Pause auch für Fragen und Fachsimpeleien zur Verfügung. Es scheint, als ob sich im Rittersaal hoch über der Stadt eine verschworene Gefolgschaft zweier verkannter Instrumente getroffen hat.
Bei der Suite in A-Dur versinkt Lee Santana in der
Musik. Alle Fotos: tok
Das erste Stück legt die Linie für den Rest des Nachmittags fest. "La bianca Rosa" ist eigentlich eine Kantante. Doch der Gesang wird von der Gamba übernommen und in den Händen von Hille Perl kann dieses Instrument singen. dieser Gesang ist gemessen, meditativ und fast in sich selbst versunken, eben eine Huldigung an die Schönheit einer weißen Rose. Fast scheint es, als ob ein gar lieblicher Gesang durch den Saal strömt.
Mit der Suite in A-Dur von Sigismondo Weiß steht ein Komponist auf dem Programm, von dem noch nicht einmal die Lebensdaten bekannt sind. Damit eröffnet Lee Santana die Reise in unentdeckte Vergangenheit. Der unbekannte Meister hat am Ende des 17. Jahrhunderts italienische und französische Elemente verknüpft, die einen Wechsel von gesetzt und flink ergeben und die Tänze des Barocks vor das geistige Auge holen.
Die Sonate in g-Moll ist wohl das einzige Werke, das Händel für die Viola da Gamba schrieb. Weil der Weltenbürger keine Erfahrungen mit diesem Instrument hat, sind die Sprünge eine besondere Herausforderung für Gambaisten.
Auch von Conradus Hoefflerus ist wenig überliefert. Falls mal jemand versucht, die Weltvergessenheit und Innerlichkeit eines Sonetts von Andreas Gryphius in Musik zu fassen, dann muss es klingen. Meditative Melodieführung und schnelle Tänze wechseln sich nahtlos ab.
Hill Perl kann ihre Gambe zum Singen
bringen.
"Col partir la bella Clori" aus "Ah! che pur troppo é vero" ist ursprünglich eine dieser in Unendliche verlängert Arien, in denen Meister Händel eine Melodie immer weiter und immer wieder neu entwickelt. Für Hille Perl und Lee Santana ist es das perfekte Gamebenlied, denn nun lassen sie ihre Instrumente wieder singen, entblättern sie die Melodien ein ums andere Mal. Dies machen sie mit höchster Präzision, so dass jeder einzelne Ton perlt, und sie machen es mit einer Dynamik, die man diesen Instrumenten nur bedingt zutraut.
Diese Perfektion tragen Perl und Santana auch in der Sonate Nr. 2 von Johann Friedrich Ruhe weiter, die dann im Siciliana gekonnt ausklingt und wieder in ruhige Gewässer zurückkehrt.
Der Nachmittag mit Perl und Santana war ein lehrreicher. Er hat gezeigt, dass Saiteninstrument singen können und dass in einer Gambe mehr Dynamik steckt, als Ungeübte vermuten mögen. Von den richtigen Händen bedient und mit diesem charakteristischen Ton, wird die Gambe dann zur König der Streichinstrumente.
Barockmusik kennt nicht nur Opulenz und expressive Gesten. Sie kann auch sehr meditativ und innerlich sein. Weil eben beide Pole des Barocks, Ausschweifung und Weltenschmerz, zusammenkommen, stellt sich dieses Ying und Yang, diese tiefe In-sich-selbst-Ruhen ein. Dafür gab es an diesem Sonntag keine bessere Kulisse als das frühbarocke Schloss Herzberg und seinen kargen Rittersaal.

Das Interview mit der Künstlerin

Die Händel Festspiele

Die offizielle Website von Hille Perl
Hille Perl bei wikipedia

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