Direkt zum Hauptbereich

Humor für den Denkmalschutz

Lesung mit Sky du Mont im Kloster Walkenried

Es ist durchaus gefährlich, wenn die Idole von der Leinwand herunterklettern und sich im wahren Leben umschauen. Die Enttäuschung kann groß sein, sehr groß. Am Samstag kam Sky du Mont in den realen Kreuzgang nach Walkenried und hielt ein reale Lesung. Hinterher war von Enttäuschung keine Spur. Der Mann ist auf der Bühne so wie im auf der Leinwand. Authentisch halt und das steht ja bald unter Denkmalschutz.

Das wahre Leben ist das Thema der Bücher von Sky du Mont, auch wenn es manchmal wie Realsatire wirkt. Nach seinem Ratgeber zu Beziehungsfragen und einem Rückblick auf das Leben mit Kindern beschäftigt er sich in "Steh ich jetzt unter Denkmalschutz" mit dem Älter werden. Nein, es gibt keine Ratschläge aber auch keine Klagen über die altersbedingten Ausfallerscheinungen. Er nimmt das Älter werden als das, was es ist, als einen ganz natürlichen Prozess zudem es nun mal keine Alternative gibt.

Er deckt auch gleich einen Widerspruch auf: Niemand will jung sterben, aber keiner will alt werden. Das kann nicht aufgehen, ist du Monts Credo. Da muss man ihm beipflichten.

Groß waren  Andrang und Erwartungen.
Fotos: Kügler
Die Lesung beginnt schlicht und schnörkellos und das bleibt sie auch den ganzen Abend. Manch prominenter Kollege holt sich zur Verstärkung ein paar Musiker dazu (siehe hier und siehe da). Du Mont hat das nicht nötig. Der Vortrag steht im Mittelpunkt und man kann sich kompett auf das gesprochene Wort konzentrieren.

Das lohnt sich und das ist auch nötig. Der Witz mancher Texte liegt nämlich im Verborgenen, im sorgfältig abgewogenen Wort. Er ist ein Humorist der alten Schule und kein Comedian und wenn du Mont dann doch mal eine Zote vortrögt, dann tut er dies auf Goethes Niveau.

Die Vorbilder werden deutlich und auf die Orientierung an Ephraim Kishon weist er auch in seiner Einleitung hin. Das ist aber nichts Schlechtes sondern recht gut, da diese Sorte von Humor auf dem Rückzug ist.

Er geht den Absurditäten des Alltags auf dem Leim und dann auf den Grund. Es sind Situationen, die jeder aus dem Publikum kennt, hundertfach schon selbst erlebt hat. Da wird ein Alltagserlebnis Stufe für Stufe ins Absurde gesteigert, um den Wahnwitz dahinter deutlich zu machen. Deswegen erkennt sich fast jeder in den Anekdoten und Satiren wieder.

Wie sein Vorbild macht du Mont dies mit dieser Mischung aus abgeklärter Sprache und überdrehter Situation. Das ist das Spannungsfeld, auf dem diese Sorte Humor wächst.

Es geht um Diät, um Sport, um Freunde und den ganzen Rest des Universums. In den Geschichten aus dem Alltag des Älter Werdens steckt jede Menge Selbstironie drin, die den souveränen Erzähler verrät. Doch im Gegensatz zu dem Kishonschen Grundrezept kommt bei du Mont immer noch eine ordentliche Prise Zynismus hinzu. Frischgeschiedene dürfen das.

Der Grandseigneur des gepflegten Humors pflegt
manchmal Zynismus auf hohen Niveau. 
Das ist ein schlüssiges Konzept, denn Weisheiten zum Thema Älter werden im dauerjugendlichen Comedy-Stakkato, nein, das wirkt nicht. Und Anekdoten zum Sex im Alter als Poetry Slam, nee, das erst recht nicht. Deswegen hat der Humor für den Denkmalschutz hier seine Berechtigung und das Publikum weiß es ja auch.

Natürlich darf man von einem Schauspieler dieser Güteklasse eine routinierten Vortrag erwarten und du Mont liefert ihn. Aber er liefert auch das Spiel mit dem Publikum, die Arbeit an der direkten Reaktion. Das Live-Erlebnis, das sei der Reiz der Lesung, betont er im Interview. Weil das Publikum natürlich auch die Gala liest, ist es für jeden aktuellen Informationshappen dankbar. Du Mont liefert zuverlässig und streut immer wieder ein "Das steht so nicht im Buch" ein. So entsteht ein verschworene Gemeinschaft auf Zeit zwischen dem Vortragenden und den Zuhörenden.

Aber nichts davon wirkt aufgesetzt und einstudiert. Der Mann da vorne auf dem Podium ist halt so, er ist er selbst und das kommt an. Dafür wir er mit reichlich Applaus und noch mehr mit inniger Verehrung belohnt. Wahrscheinlich ist Sky du Mont auf eine unaufgeregte Art und Weise schon zu einem Gesamtkunstwerk oder zu einer Marke geworden. Der Grandseigneur des gepflegten Humors, des wissenden Lächeln eben.

Dieses Gesamtkunstwerk ist am Samstag von der Leinwand gestiegen und im realen Leben in Walkenried angekommen. Hinterher war von Enttäuschung keine Spur, ganz im Gegenteil.







Sky du Mont #1: Der Interview zur Lesung in Schriftform
Sky du Mont #2: Das Interview zur Lesung in der Soundcloud
Sky du Mont #3: Die offizielle Website
Sky du Mont #4: Die Biographie


Kreuzgangkonzerte #1: Das Programm





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Dieter Nuhr offenbart sich als Menschenfreund in Vollzeit

In Goslar zeigt er Werke, die Distanz schaffen Seit dem Auftritt von Christo hat keine Werkschau in Goslar solch ein Aufsehen erregt. Dieter Nuhr stellt dort aus unter dem Titel „Du denkst an durchfahrene Länder“. Es geht um Menschen und Landschaft, denen der Mann vom Niederrhein auf seinen Reisen um die Welt begegnet ist.  Zur Vernissage am 21. Juli war der Garten im Mönchehaus Museum bis auf den wirklich allerletzten Platz belegt. Direktorin Bettina Ruhrberg und Dieter Nuhr machten im Einführungsgespräch deutlich, dass man den Kabarettisten und Künstler voneinander trennen sollte, auch wenn es nicht immer gelingt. Schließlich geht es um zwei Seiten derselben Person.  Dieter Nuhr begann sein Studium als Kunstlehrer 1981 an der Folkwangschule in Essen. Er wollte Künstler werden, sein Vater bestand auf den Lehrer. ein typischer Kompromiss für die alte Bundesrepublik der 70-er und 80-er Jahre. Dass er dann Kabarettist geworden ist, bezeichnete er als Unfall und dann als Glücksfa...

Grell und schnell in Richtung gestern

"Deutsches Haus" ist Heim für überlebende Hirnspender Ein Ensemble in Höchstform, ein Bühnenbild zum Fürchten, eine rasante Inszenierung mit Rocky Horror Momenten und jede menge laute und leise Lacher. Die Uraufführung von Philipp Löhles Eigenwerk "Deutsches Haus" in Eigenregie am Deutschen Theater in Göttingen überzeugt. Doch eins sollte man nicht machen: Diese Komödie zum Politikersatz hochstilisieren. Die Aufführung beginnt mit einem Aha-Effekt. Das Bühnenbild von Thomas Pump verlängert den Plüsch des altehrwürdigen Dekors des DT Göttingen bis auf die Brücke. Das ist nicht neu und gab es in Göttingen vor vielen Jahren schon einmal beim "Zauberberg" zu sehen. Aber es wirkt immer noch. Diese  bauliche Maßnahme durchbricht noch vor Spielbeginn die "vierte Wand" und macht dem Publikum deutlich: Ihr seid ein Teil der Inszenierung! Immer eine Kann in der Hand: Im  "Deutschen Haus" wird gebechtert wie in einer Dorfkneipe. Fotos: DT Gö/ Thom...

Wie ein Kostümfest in Nordhausen

Idomeneo wird zerrieben zwischen Kohl und Sohn Mozart "Idomeneo" erlebt selten eine Aufführung und das hat gute Gründe. Wer das schwächelnde Werk auf den Spielplan setzt, muss eine starke Inszenierung in der Hinterhand haben. Das kann Nordhausens Operndirektor Benjamin Prins nicht von sich sagen. Bei der Premiere zeigt seine Inszenierung einige starke Szenen, die reichen aber nicht, um die Aufführung zum Gewinn für das Publikum zu machen. Trotz der Kürzungen an der Vorlage gibt es an diesem Abend über weite Strecken mehr Fragezeichen als Antworten. Die Aufführung bietet gleich zu Anfang einen mutigen Schritt, von dem das Publikum profitiert. Thomas Kohl schlüpft in die Rolle des Erzähler, der Vorgeschichte und aktuelle Ereignisse vorträgt, die Beziehungen der Akteure und ihre Motivation erläutert. Der auktoriale Erzähler im Bild ist ein Hilfsmittel aus den B-Movies der 50 Jahre, bis er in der Rocky Horror Picture Show als Karikatur endet. Sohn und Vater im Dauerkonflikt. F...