Stefan Gwildis und Band bringen Kloster zum Kochen
Das Rennen ist gelaufen. Zwei Stunden begeisterte Zuhörer, euphorische Fans und Klatschen als Daueraufgabe. Der Titel "Konzert des Jahres 2017" bei den Kreuzgangkonzerten geht eindeutig an Stefan Gwildis und Band. Alles, was vorher war, und alles, was noch kommen wird, muss sich wohl mit Platz zwei zufrieden geben.Angekündigt war ein Programm aus dem aktuellen Album "Alles dreht sich". Seit dem Durchbruch mit "Neues Spiel" 2003 ist dies sicherlich die ruhigste Produktion, Gwildis in Moll gewissermaßen. Wer nun befürchtet hatte, einen besinnlichen Abend im Klostergarten zu verbringen, sah sich gleich zu Anfang arglistig getäuscht. Vom ersten Takt an war Dampf auf dem Kessel und schon beim Intro führte das Publikum die Handflächen rhythmisch und hörbar zusammen.
Gwildis trägt den Stempel "Deutschlands bester Soulman". Doch das ist ein unzulässige Reduktion. Schon das Intro ist Funk im Stil der späten 70er und der 80er Jahre. Ein fetter Bass in Slap-Technik, dazu eine Percussion mit einer treibenden Snare-Drum, darüber ein Keyboard, dass Bläser imitiert und eine Gitarre, die die Melodie übernimmt. So einfach ist das.
Dieser Mann hat jede Menge Spaß und sein Publikum mit ihm. Fotos: Kügler |
Als Gwildis die Bühne betritt, heizt die Stimmung gleich noch einmal zwei Stufen auf. Mit "Pollerhocken" bleibt das Tempo weiterhin hoch. Der Song hat einen hohen Mitsing-Faktor, dem die Zuhörer erliegen. Wer den Text und Stefan Gwildis spielt einen auch gleich mit dem Publikum. Mehrfach wird es den berühmten Ah-Oh-Yeah-und-Dubbido-Wechsel zwischen dem Mann auf der Bühne und den Menschen auf der Tribüne geben. Beim Intro zu "Der Einsame" von Heinz Erhardt erhebt er das Spielchen zur Kunstform.
Er ist nicht nur ein beseelter Musiker und Sänger, sondern auch ein begnadeter Entertainer. In der Kategorie "Rampensau" spielt Stefan Gwildis einfach in einer eigenen Liga. Da gibt es keine Barriere zwischen Bühne und Tribüne und wenn er den Zuhörern das Du anbietet, ist das echt. Schließlich ist man an diesem Abend eine Feiergemeinde und in diesem Sinne sind eben alle Brüder und Schwestern. Es ist nicht wichtig, wer man ist oder woher man kommt. Wichtig ist, dass man da ist, so heißt es doch bei Martha & The Vandellas und im Klostergarten ist es an diesem Abend das Glaubensbekenntnis.
Marc Awounou beherrscht alle Spiel-
arten der populären Musik |
Egal ob Achim Rafain am Bass oder Tobias Neumann an den Tasten oder Drummer Martin Langer, jeder der Musiker bekommt an diesem Abend mindestens einmal die Chance im Rampenlicht zu stehen. Jeder nutzt sie. Gitarrist Marc Awounou gleich mehrfach. Stefan ist eben ein echter Kumpel und deswegen lässt er jeden den Platz, den dieser braucht.
Deswegen kann sich bei "Tanzen übern Kiez" die männliche Hälfte des Publikums durchaus vorstellen, mit ihm über die Reeperbahn zu ziehen. Die weibliche Hälfte träumt sogar davon. Gwildis hat eben jenen Charme des ewigen Jungen und jede Menge Street Credibilty. Jeder Zuhörer kennt natürlich seine abwechslungsreiche Biografie.
Seine Themen sind Liebeskummer, das Leben überhaupt und seine Höhe und Tiefen, das Hinfallen und Wiederaufstehen und von der Freude an der Musik. Er singt vom Liebesrausch und von Scheidung, von Nutten und Schlägern und den Vollmondnächten in Hamburg. Im Südharz hat das natürlich einen Exotenbonus.
Trotz aller Nackenschläge hat Gwildis den Optimismus nicht verloren. Gwildis und seine Fans können nichts anfangen mit dem Selbstmitleid der Generation Y-ammerlappen. Seine Ratschläge sind einfach: Lass den Kopf nicht hängen, bleib einfach Mensch und mach immer mal was Neues. In "Eine Handvoll Liebe" findet diese Rezept seine musikalische Fassung.
"Mach man wie du meinst, aber geh den anderen nicht auffen Sack, dann komm' wir miteinander längs", ist die klare Essenz. Da steckt jede Menge Gelassenheit, aber auch Optimismus hinter.
Aber jetzt heißt es Spaß haben und den haben Musiker und Publikum, egal ob es bluest oder swingt oder soult. Das Programm ist eine Zusammenstellung aus den Alben der letzten Jahre und die Zuhörer werden fast immer zu Mitsängern. Die Bestuhlung im Klostergarten hat an diesem Abend eher eine dekorative Aufgabe. Man hätte sie auch abbauen können, denn das Publikum verbringt den größten Teil des Abends stehend und mitwippend.
Manchmal ist weniger mehr.
Foto: Kügler
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Doch der Kloss im Hals löst sich auf und das Konzert windet in die Spaß-Spur zurück. Schon beim "Heute ist der Tag" wird fleißig geschnippt und geklatscht. So geht das weiter bis mit das Programm mit "In meiner Kathedrale" furios ausklingt. Doch die Fünf unternehmen erst gar den Versuch, die Bühne zu verlassen. Die Zugabe ist Pflicht. Schon als "Papa will da nicht mehr wohnen" angespielt wird, kocht der Klostergarten endgültig. Vier Instrumentalisten und ein Sänger machen bei dem Tempations-Klassiker so viel Druck und Dynamik wie sonst nur eine große Besetzung mit Bläser-Sektion.
Aber alles Doping nutzt nichts. Auch das schönste "Rock gegen Rheuma" ist irgendwann zu Ende. Nach der dritten Zugabe trennen sich Musiker und Publikum gütlich. Müde aber glücklich. Selbst ein Schlipsträger lässt sich zu der Aussage "Mein Gott, war das geil" hinreißen. Das einzige, was an diesem Abend fehlte, war die Gwildis-Hymne "Sie ist so süß, wenn sie da liegt und schläft". Aber die wird das Publikum bestimmt beim nächsten Auftritt im Klostergarten einfordern.
Gwildis #1: Die offizielle Website
Gwildis #2: Der Eintrag bei wikipedia
Gwildis #3: Glücklich sein in Herzberg im Herbst 2014
Gwildis #4: Glücklich sein in Göttingen im Frühling 2014
Gwildis #5: Das erste Interview mit dem Harzer Fragensteller
Gwilids #6: Das zweite Interview mit dem Harzer Fragensteller
Kreuzgangkonzerte #1: Die Website
Kreuzgangkonzerte #2: Der Auftritt bei facebook
Kreuzgangkonzerte #3: Das Programm
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