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Es werden Posts vom April, 2023 angezeigt.

Eher ein Kinderbuch für Erwachsens

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Neuauflage des Dschungelbuchs überzeugt mit Ästhetik Mogli geht es wie Pu. Ebenso wie der Bär mit geringem Verstand ist auch er Walt Disney in die Hände gefallen. Dieser hat den Jungen aus dem Dschungel in Zuckerguss ertränkt, geglättet und postum verstümmelt. Da kann man dem Steidl Verlag nur dankbar sein, dass er nun eine Neuauflage des „Dschungelbuchs“ veröffentlicht hat. Denn das Werk von Rudyard Kipling ist schroff und bestimmt nicht niedlich. Damit taugt es bestens zur Diskussion um Realismus und Werktreue. Herausgeber Andreas Nohl hat das Dschungelbuch oder korrekterweise die Dschungelbücher neu übersetzt und neu sortiert. Das Dschungelbuch versammelt in zwei Bänden Kurzgeschichten und Erzählungen, in deren Mittelpunkt meist der Waisenjunge Mogli steht. Nohl hat Kipling Werke in eine Reihenfolge gebracht, die es einfacher macht, den Weg des „Menschenwelpen“ vom Findelkind zum Herrscher des Dschungels nachzuvollziehen. Dieses Werk ist der Prototyp des Entwicklungsromans. Rudy...

Keiner ist ohne Schuld

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Faszinierende Neuinszenierung von Brechts „Dickicht der Städte“ im DT Göttingen Durchweg gelungen und nix zu meckern. So lässt sich die Katharina Ramsers Inszenierung von „Im Dickicht der Städte“ zusammenfassen. Der Regisseurin, ihrem Team und dem Ensemble des DT Göttingen ist es gelungen, just zum 100. Geburtstag von Brechts Drama das in den Vordergrund zu stellen, was über den Tag hinausweist: Abhängigkeiten und Verstrickung in Schuld. In Brechts Werk nimmt dieses Drama eine besondere Stellung ein. Es zeigt schon alle Elemente dessen, was Brecht und Piscator 1926 als episches Theater formulieren. Auf jeden Fall sorgte die Welturaufführung 1923 im Residenztheater München für einen ordentlichen Skandal und den Aufstieg des Autors. Einhundert Jahre später kann man mit Brecht nicht mehr für Skandale sorgen. Aber die Premiere am Deutschen Theater Göttingen zeigt, dass viel Gegenwart in diesem Drama steckt, weil es die ewigen Themen Macht, Familie, Umgang und Menschlichkeit verhandel...

Ein wahres Glanzlicht

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Eine Chance für Entdecker: Claire Keegans Werk in Neuauflage Selten erhält ein Buch von mir die Auszeichnung, in einem Stück durchgelesen zu werden. Claire Keegan hat sich dieses Prädikat mit „Das dritte Licht“ verdient und das völlig zu Recht und der Steidl bekommt von mir ein Lob dafür, dieses Buch neu aufgelegt zu haben. Schon bei der Erstveröffentlichung unter dem Originaltitel „Foster“ überschlug sich 2009 die englischsprachige Presse vor Begeisterung. The Times zählt das Werk zu den 50 wichtigsten Romanen des 21. Jahrhunderts. Zusätzlich gab es 2009 noch den Davy Byrnes Irish Writing Award. Im Jahr 2013 erschien die deutsche Erstauflage, nun 10 Jahre später immerhin schon die fünfte Auflage in einer Neuübersetzung. Diese war notwendig geworden, nachdem die Autorin 2022 Änderungen vorgenommen. Es eröffnet aber die Gelegenheit, eins der wichtigsten Werke der irischen Gegenwartsliteratur zu entdecken oder wieder zu entdecken. Aber Zahlen geben den Zauber dieses Buches nur unzu...