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Es werden Posts vom Mai, 2019 angezeigt.

Freude und Innerlichkeit zugleich

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Sakrale Werke mit dem Coro e Orchestra Ghislieri Die Händel Festspiele meinen es ernst mit dem Engagement in der Fläche. Das zeigte "Dixit Dominus" in Duderstadt. Das Konzert mit Rachel Redmond und dem "Coro e Orchestra Ghislieri" bot sakrale Werke der Extraklasse und viele Gänsehaut-Momente. Das Ensemble ist das Werk von Guilio Prandi. Er gründete "Coro e Orchestra Ghislieri" 2003 und ist auch dessen Chefdirigent. Der historischen Aufführungspraxis verbunden, haben sich die Musiker und Sänger seitdem in die erste Reihe gespielt, wenn es um das geistliche Repertoire aus dem 18. Jahrhundert geht. Somit brachte es reichlich Erfahrung und Reputation mit nach Duderstadt. Schon in der Ouvertüre zu "Beat Vir" von Niccolo Jommelli wurde es den Erwartungen gerecht. Unter dem deutlichen Dirigat von Guilio Prandi faszinierte es mit einem dynamische Klang, der gleich die gesamte Kathedrale füllte. Das gesamte Kirchenschiff war nur noch Musik. Welt...

Hausmusik für 800

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Händel & Co mit Cembalo & Flöte in der PS.Halle Nach einem guten Konzert verzeiht man seinen ärgsten Feinden und sogar den eigenen Verwandten. Nach diesem Konzert verzeiht man auch dem Rest der Welt und sogar dem Finanzamt. Bei "Händel & Co." in der PS.Halle in Einbeck widerlegten Dorothee Oberlinger und Laurence Cummings die Vermutung, dass solch ein Kombination limitiert sei, sehr eindrücklich. Die Flöte erfreute sich gerade im Großbritannien des 17. und 18. Jahrhunderts enormer Beliebtheit. Dies lag sicherlich an der einfachen Handhabung dieses Instrumentes. Aber anderseits galt die Flöte seinerzeit als das Instrument, das der menschlichen Stimme am nächsten käme. Mit eben jener Kombination Flöte & Cembalo eignete sich das aufstrebende Bürgertum die Musik der großen Häuser und Komponisten an. Damit steht auch dieses Konzert in der Tradition historischer Aufführungspraxis. Flöte und Cembalo sind ein Teil der kulturellen Emanzipation und wohl der Beginn...

Familienkrach in höchsten Tönen

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Händel Festspiele zeigen beeindruckenden Saul Das Experiment ist gelungen. Mit der Aufführung des Oratoriums Saul haben die Händel Festspiele Hochkultur auf flachs Land gebracht und die Aufführung in der St. Blasius Kirche in Hannoversch Münden vereinte einen großartigen Chor mit einem fantastischem Orchester und begeisternden Solisten. Händels Oratorium "Saul"  ist Musik wie für solche Orte gemacht. Die filigrane Tonkunst geht eine verzaubernde Symbiose mit den gotischen Architektur ein. Jeder Ton ist eine Perle und strebt himmelwärts nach ganz oben ins Kirchenschiff. Händel wollte einst die Bibel in Musik umsetzen. Als  der Geist des Samuels von der Empoe der Orgel ruft, deutet diese Aufführung an diesem Ort an, wie Händels Vorstellungen wohl ausgesehen haben. Damit wird das vermeintliche Ausweichquartier St. Blasius zu einem deutlichen Gewinn für die Festspiele. Das macht schon die Ouvertüre klar. Für dieses Werk aus seiner Reihe alttestamentarischer Oratorien stre...

Eine Oper im Paintball-Modus

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Ein recht bunter Rodrigo bei den Händel Festspielen Ein Punktsieg für die Modernisten. Mit der Oper "Rodrigo" hat Walter Sutcliffe bei den Händel Festspielen eine Inszenierung vorgelegt, die dem alten Meister wohl selbst gefallen hätte: Bunt bis schrill und durchaus handlungsstark. Das Publikum bedankte sich mit tosenden Applaus. Schon die Ouvertüre zeigt sich ungewohnt. So gilt Rodrigo zwar als Händels erste italienische Oper. Doch die Dominanz der Streicher durchbricht er mit prägnanten Holzbläsern. Dabei gelingt es Laurence Cummings immer wieder, das filigrane Klangbild in den Vordergrund zu stellen. So werden die drei Sätze der Ouvertüre zu ersten Genuss. Auf der Bühne sieht es aus wie bei Hempels vor Sofa. Das Werk von Dorota Karolczak wirkt wie aus einer Lost-Place-Fotoserie. Es zeigt einen Palast, der sich schon seit längerem in Auflösung befindet. Die Botschaft ist klar: Die Macht des Hausherren hat nicht mehr lange Bestand. Durch das Loch im Dach fällt bald die...

Einheit in der Vielfalt

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Selbst gemacht: Tänzerinnen und Tänzer zeigen eigene Werke Soviel Vielfalt ist selten. Die dritte Auflage der "Freiträume" präsentiert am Theater Nordhausen fünf Choreographien sehr unterschiedlicher Art. Dabei kann nicht jede überzeugen. Die Mitarbeiter werden zum Chef. Zum Kammerballett "Freiträume" darf die Compagnie eigene Werke erarbeiten. Die Präsentation im Theater unterm Dach hat durchaus Wundertüten-Flair. Auch in diesem Jahr gab es Stück von ambitioniert bis ausgereift. Unbreak heißt zusammenfügen und heilen. Alle Fotos: TNLos Körper in Bewegung und in Interaktion. Impulse, die weitergegeben werden, die aufgegriffen  und verarbeitet werden, um zum Schluss etwas anderes zu ergeben. Das ist das Kennzeichen von "Unbreak" von Ruan Martins . Das wogende Tutti ergibt faszinierende Bilder, denen man die Zusammenarbeit mit Ivan Alboresi anmerkt. Drei Tänzerinnen und zwei Tänzer fügen sich immer wieder zusammen, brechen auseinander und heilen ...

Ein Stück wie eine Axt

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Ein beeindruckender Michael Kohlhaas am TfN Wenn man Literatur so auf die Bühne bringt, dann darf man sich nicht wundern, dass das Publikum hinterher begeistert ist. Mit seinem "Michael Kohlhaas" hat Moritz Nikolaus Koch am Theater für Niedersachsen eine Inszenierung vorgelegt, die zugleich verstört und begeistert. In der Uraufführung gab es schon zur Pause tosenden Applaus. Kleist Novelle ist das Synonym für einen Menschen, der ein berechtigtes Anliegen hat, aber bei der Umsetzung jegliches Gefühl für die Verhältnismäßigkeit verloren hat. Berechtigte Empörung schlägt hier in Hass um. Für Kleist ist Kohlhaas das Opfer aristokratischer Ränke und damit ein dunkler Held aufklärerischer Ambitionen gegen staatliche Willkür. In seiner Bühnenfassung verschiebt Koch die Akzente deutlich. Aus dem Opfer wird schnell ein Täter und damit die Blaupause für einen Wutbürger in der übersteigerten Form. Er ist kein bürgerlicher Don Quichote im Sinne von Ernst Bloch sondern einfach ein a...

Händel muss man einfach lieben

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Auftakt der Festspiele mit Ruby Hughes und Laurence Cummings Das Konzept hat sich bewährt. Mit kleiner Besetzung und großartiger Musik gab es am Freitag das Präludium zu den diesjährigen Händel-Festspielen. Unter der Überschrift „Händels letzte Primadonna“ sangen und spielten Ruby Hughes und Laurence Cummings im Muthaus der Burg Hardeg Werke von Händel, Arne, Ciampi und Smith. „Magische Saiten“ ist das Motto der Festspiele 2019. Die englische Sopranistin macht daraus eindeutig ein magische Stimme. Bereits nach zwei Stücken stimmte ihr das Publikum zu, dass man Händel einfach lieben muss. Gekrönt wurde der Abend mit einem Laurence Cummings, der die ganze Pracht des Cembalos zur Geltung brachte. Versprechen auf die Zukunft: Ruby Hughes liebt Händel. Fotos: Kügler Erst seit drei Jahren arbeiten Hughes und Cummings zusammen und haben doch schon ein erstaunliches Niveau an blinden Verständnis erreicht. Bei der Beschäftigung mit Händels sind sie immer wieder auf den Namen Giulia ...

Das Leben ist härter als das Cabaret

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Ein packendes Musical   Große Gefühle und tiefe Verzweiflung, belebende Musik und mitreißende Tanzszenen und zwei unglückliche Liebesgeschichten verpackt in ein visuelles Gesamtkonzept. Alles gepaart mit einem überragenden Hauptdarsteller. Die Inszenierung von "Cabaret" am Theater Nordhausen hat alles, was man von einem Musical erwarten kann. Die Erwartungen sind hoch gesteckt, denn "Cabaret" hat als Film die Wahrnehmung der frühen 30-er Jahre mitgeprägt. Dabei hat sich Ivan Alboresi aber für eine Inszenierung entscheiden, die sich stärker am Musical aus dem Jahre 1966 orientiert als am Streifen von 1972. Deutlich wird dies an der Namensgebung. Alboresis Held heißt wie in der literarischen Vorlage „Goodbye to Berlin“ Clifford Bradshaw und damit wird die persönliche Perspektive des Autors Christopher Isherwood übernommen, wie sie den Ursprungsroman „I am a Camera“ bestimmt. Auf der dunklen Bühne steht ein einsamer Mann im Spotlicht von oben. Im Hintergrund...