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Es werden Posts vom Juli, 2017 angezeigt.

Pinocchio entsäuert

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Collodis Kinderbuch auf der Bühne in Hall Der härteste aller Kritiker war im Auslandseinsatz. Auf dem Plan stand das Familienstück "Pinocchio" bei den Freilichtspielen in Hall. Die Inszenierung im Theaterzelt nimmt der Vorlage reichlich Moralin. Doch aus Altersgründen fällt das Urteil des härtesten aller Kritiker verhallten aus. Er fühlt sich wohl zu alt. Dabei hat Max Merker der Vorlage reichlich Schwung und einen neuen Rahmen gegeben. Entsprechend des Aufführungsortes Theaterzelt macht er aus der Geschichte einer rasante Revue. Er verpasst dem Kinderbuch noch einmal einen ordentlichen Schwung und schafft es so, Collodis Werk die stellenweise Langatmigkeit zu nehmen. Zudem macht die neue Darstellung die Älteren neugierig und den Jüngeren nimmt es etwaige Berührungsängste Dabei kann nicht nur Tina Haas als Conferencier glänzen. Selbst wenn Kinder nicht wissen, wie man dieses Amt auszufüllen,jetzt wissen sie es: Großspurig und raumgreifend und ein wenig selbstironisch, s...

Sterne verbrennen im Liebesfieber

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Die Wahlverwandtschaften in Hall auf das Nötigste reduziert Goethe ist schon schwerer Tobak. Aber man kann ihn auch verdaulich gestalten. Das beweist Caroline Stolz mit ihrer Inszenierung der Bühnenfassung von Gunter Heun. Dabei kommen beide ohne Modernismen aus und schaffen doch ein Stück mit Aussagekraft. Die wichtigste Reduktion liegt in der Konzentration auf die vier Handlungsträger. Alle Randfiguren wurden entfernt und nur Eduard, Charlottte, Otto und Ottilie betreten die kreisrunde Bühne. Ist sie eine Arena, der Schauteller einer Etagere oder ein Liebeskarussel? Mehrere Deutungen sind zulässig und machen auch Sinn. Mit der Ankunft des Hauptmanns Otto (Dirk Weiler, rechts) gerät die Ordnung durcheinander. Alle Fotos: J. Weller Auf jeden Fall wirkt das reduzierte Bühnenbild von Martin Dolnik faszinierend. Er lässt das Publikum in der Innere einer Spieluhr schauen. So wird bildhaft, dass  das weitere Geschehen einer sozialen Mechanik folgt. Oder einer naturgesetzliche...

Das Drama der Reformation

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Brenz 1548 bei den Freilichtspielen Hall Es ist Reformationsjahr und während sich alle Welt auf Martin Luther konzentriert,  feiern die Freilichtspiele Hall den Lokalhelden und Reformator Johannes Brenz. Das ist durchaus zu begrüßen, denn es öffnet neue Perspektiven und liefert zugleich Detailansichten zu einem Ereignis, das die Welt verändert hat.  Mit "Brenz 1548" versucht Intendant und Regisseur Christian Doll einen Spagat, der auf weiten Strecken gelingt. Dies ist vor allem den Hauptdarstellern Dirk Schäfer, Anne Weinknecht und Kerstin-Marie Mäckelburg zu verdanken. Autor Andreas Gäßler wollte dreierlei leisten: Ein Drama abliefern, ein theologisches Lehrstück schaffen und Lokalgeschichte zeigen. Weil viele Anspielungen auf lokale Größen drinstecken, würde das Stück in Thüringen und in Anhalt, den Kernländern der Reformation so nicht funktionieren. Dirk Schäfer beherrscht die Treppe und das Stück. Alle Fotos: Jürgen Weller Dort, wo es theologisches Lehrst...

Ein Mann und sein Publikum

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Eine Abhandlung über Georg Ringsgwandl im Sülbecker Esel Umfallen unmöglich. Bereits zwanzig Minuten vor Beginn des Konzerts ist der Saal rappelvoll. So voll, dass auf den billigen Plätzen jeder den anderen in der Vertikalen hält. Mancher erweckt den Eindruck, als hätte seinen Sitzplatz schon vor 40 Minuten erobert und sei auch nicht gewillt, ihn bis zum Ende des Abends preiszugeben. Die Kopfrechenarten melden sich. Es sind offiziell 220 Gäste an diesem Abend im Esel. Jeder gibt eine Wärmeleistung von 180 Watt ab. Plus die Scheinwerfer, die schon jetzt auf der Bühne leuchten ist das ergo eine Bullenhitze schon zwanzig Minuten vor dem Beginn des Konzerts. Dabei ist es doch ein selten lauer Abend in diesem nass-kalten Sommer 2017 und draußen laden Tische und Bänke zu Verweilen ein. Was treibt also die Menschen nach drinnen. Ganz einfach: Georg Ringsgwandl wird an diesem Abend im Esel spielen. Der Meister hat gerufen und seine Jünger und Jüngerinnen sind ihm gefolgt. Von jünger ka...