Direkt zum Hauptbereich

Pinocchio entsäuert

Collodis Kinderbuch auf der Bühne in Hall

Der härteste aller Kritiker war im Auslandseinsatz. Auf dem Plan stand das Familienstück "Pinocchio" bei den Freilichtspielen in Hall. Die Inszenierung im Theaterzelt nimmt der Vorlage reichlich Moralin. Doch aus Altersgründen fällt das Urteil des härtesten aller Kritiker verhallten aus. Er fühlt sich wohl zu alt.

Dabei hat Max Merker der Vorlage reichlich Schwung und einen neuen Rahmen gegeben. Entsprechend des Aufführungsortes Theaterzelt macht er aus der Geschichte einer rasante Revue. Er verpasst dem Kinderbuch noch einmal einen ordentlichen Schwung und schafft es so, Collodis Werk die stellenweise Langatmigkeit zu nehmen. Zudem macht die neue Darstellung die Älteren neugierig und den Jüngeren nimmt es etwaige Berührungsängste

Dabei kann nicht nur Tina Haas als Conferencier glänzen. Selbst wenn Kinder nicht wissen, wie man dieses Amt auszufüllen,jetzt wissen sie es: Großspurig und raumgreifend und ein wenig selbstironisch, so muss das sein.

Tina Haas ist als Conferencier einer von zwei Stützen
dieser Inszenierung. Alle Fotos: J. Weller
Ansonsten hat Merker die Zahl der Protagonisten auf das Minimum, auf die Handlungsträger, reduziert. Das dient der Übersichtlichkeit und somit der Rezipierbarkeit. So macht ere aus dem umfangreichen Vorlage ein Stück, dass der Konzentrationsspanne des Publikums durchaus entspricht.

Überhaupt glänzt die Inszenierung vor witzigen und frechen Einfällen und Ideen, die spontan wirken. Die Startszene, in der der Holzklotz gespalten werden soll, steckt voller Zirkusluft und ist ein Glanzstück der Clownerie, an der alle Beteiligten Spaß haben, selbst der härteste aller Kritiker. Aber wenn schon so alt ist, dann darf man das wohl nicht mehr zugeben.

Auch die Bett-Rettungsszene ist wohltuender Klamauk, der an Bekanntes anknüpft und deshalb vom Publikum verstanden und leicht rezipiert wird. Diese gelungene Rezept zieht sich durch die gesamte Aufführung.

Gerade Mario Dengler in der Titelrolle trägt dazu bei, dass dieser Pinocchio so gut wie den Kindern landen kann. Ein Grinsen von Ohr zu Ohr und immer ganz große Auge, gepaart mit einer glockenklaren Stimme. Er sprüht geradezu vor Tatendrang und  optimistischer Blauäugigkeit. So ein unbedarfter Junge, der stolpert einfach von einem Missgeschick in das nächste.

Die Fee mit den blauen Haaren steht Pinocchio in seiner
zweitschwersten Stunde ab.
Dazu passt auch, dass Fuchs und Katze fast schon Randfiguren. Es stehen nicht zu sehr die Abenteuer und Missetaten im Vordergrund, sondern ganz eindeutig das Vater-Sohn-Verhältnis von Gepetto und Pinocchio. Serviert wird diese Auseinandersetzung eben in kleinen und appetitlichen Häppchen in schneller Folge. Doch durch die Sequenzen zeiht sich ein roter und somit folgt die Versöhnung der beiden Protagonisten durchaus einer inneren Logik

Für die Kinder wird Pinocchio zur Projektionsfläche und die Eltern und Betreuer können ihm nichts krumm nehmen. Oder ist es andersherum?

Mit EselHundKatzeHahn bei den Gandersheimer Domfestspielen hat Tante Polly schon 2015 bewiesen, dass das Trio ein glückliches Händchen für den Soundtrack zum Märchen hat. Mit Pinocchio setzt das Trio dies eindeutig fort. Dabei spielen Dominik Dietrich und seine Mitmusiker durchaus ironisch mit den Klischees der Musik. Da kann die kleine Möwe auch mal nicht nach Helgoland sondern an den Kocher-Strand fliegen. Aber das merken wohl nur die Älteren.

Vielleicht ist das Problem das undankbare Zwischenalter des härtesten aller Kritiker.Für pure Freude an dieser Inszenierung ist er wohl zu alt, für verständnisvolles Schmunzel und ahnungsvolle Kopfschütteln noch zu jung. Alle anderen haben auf jeden Fall viel Spaß an diesem Pinocchio, der erfrischend leicht daher kommt. Fast schon wie Balsa-Holz.









Veranstalter #1: Die Freilichtspiele Hall
Veranstalter #2: Das Stück

Thema #1: Pinocchio bei wikipedia



Andere Meinungen vom härtesten aller Kritiker

Der härteste aller Kritiker - Teil eins
Der härteste aller Kritiker - Teil zwei
Der härteste aller Kritiker - Teil drei
Der härteste aller Kritiker - Teil vier
Der härteste aller Kritiker - Teil fünf
Der härteste aller Kritiker - Teil sechs
Der härteste aller Kritiker - Teil sieben
Der härteste aller Kritiker - Teil acht
Der härteste aller Kritiker - Teil neun
Der härteste aller Kritiker - Teil zehn
Der härteste aller Kritiker - Teil elf
Der härteste aller Kritiker - Teil zwölf
Der härteste aller Kritiker - Teil dreizehn
Der härteste aller Kritiker - Teil vierzehn





Kommentare

  1. Mein ganzes Leben lang habe ich noch nie etwas gesehen, das so schnell funktioniert wie Dr. Agbazara spell. Nachdem ich Dr. Agbazara kontaktiert hatte, fing ich an zu glauben, dass jede Münze zwei Seiten hat. Als mein Geliebter verließ mich schwor Sie nie wieder zu mir zurück, aber Gott sei Dank, dass durch die Hilfe von Dr. Agbazara ich habe mein Geliebter zurück zu mir innerhalb von 48 Stunden, und ich will auch andere Menschen, die Herz gebrochen, um Dr. Agbazara durch diese details, die unten sind per E-Mail Kontaktieren: ( agbazara@gmail.com ) oder über Whatsapp auf ( +2348104102662 ) dann können Sie die Wunder von Dr. Agbazara sehen

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Viel Abwechslung mit nur einem Instrument

Vier Cellisten beim Kammerkonzert im Kunsthaus Wer Piazzolla spielt, kann kein schlechter Mensch sein. Schon gar nicht, wenn´s gleich zweimal Piazzolla ist. Bis es soweit ist, darf das Publikum einige andere Highlights beim Kammerkonzert der vier Cellisten im Kunsthaus Meyenburg erleben. Das Programm ist zweigeteilt. Vor der Pause gibt es bedächtige Romantik, nach der Pause wird es rhythmusbetont. Kein Grund zur Besorgnis: Das Cello schafft das schon. Das Instrument und das Ensemble bringen dafür ausreichend Potential mit. Erst klassisch, .... Den Auftakt macht Joseph Haydn und sein "Divertimento in D-Dur". Dies hat er einst für eben die Besetzung des Abends geschrieben, für vier Celli. Im zweiten Satz ist das Quartett das erste Mal gefordert. Das Allegro di molto verlangt ein präzises Zusammenspiel, damit der Dialog der Instrument funktioniert und er funktioniert. Im Allegretto des anschließenden Menuetts zeigt Sebastian Hennemann, dass ein Cello tanzen und hüpfen kann...

Eine Inszenierung auf Tratsch-Niveau

 Im DT Göttingen bleibt "Der junge Mann" an der Oberfläche Zu viel Narrativ, zu wenig Analyse. Die Inszenierung von Jette Büshel leidet an Oberflächlichkeit. Die Figuren werden nicht ausgelotet. Deswegen war die Premiere von "Der junge Mann" am 3. November zwar unterhaltsam, ging aber nicht unter die Haut. Das ist schade für das Ein-Personen-Stück auf der Studio-Bühne. In der autofiktionalen Erzählung "Der junge Mann" berichtet Annie Ernaux von ihrer zurückliegenden Beziehung zu einem 30 Jahre jüngeren Mann. Das Buch liegt seit dem Frühjahr in deutscher Übersetzung vor und postwenden haben Jette Büshel und Michael Letmathe ein Stück für das DT Göttingen draus gemacht. Strube bereit zur Berichterstattung. Alle Fotos: Lenja Kempf/DT GÖ Der erste Ansatz verpufft gleich. Seit der Ehe von Brigitte Trogneux und Emmanuel Macron haben Beziehungen zwischen älteren Frauen und jungen Männer so gar nix skandalöses mehr an sich. Auch das Duo Klum-Kaulitz hat null S...

Dieter Nuhr offenbart sich als Menschenfreund in Vollzeit

In Goslar zeigt er Werke, die Distanz schaffen Seit dem Auftritt von Christo hat keine Werkschau in Goslar solch ein Aufsehen erregt. Dieter Nuhr stellt dort aus unter dem Titel „Du denkst an durchfahrene Länder“. Es geht um Menschen und Landschaft, denen der Mann vom Niederrhein auf seinen Reisen um die Welt begegnet ist.  Zur Vernissage am 21. Juli war der Garten im Mönchehaus Museum bis auf den wirklich allerletzten Platz belegt. Direktorin Bettina Ruhrberg und Dieter Nuhr machten im Einführungsgespräch deutlich, dass man den Kabarettisten und Künstler voneinander trennen sollte, auch wenn es nicht immer gelingt. Schließlich geht es um zwei Seiten derselben Person.  Dieter Nuhr begann sein Studium als Kunstlehrer 1981 an der Folkwangschule in Essen. Er wollte Künstler werden, sein Vater bestand auf den Lehrer. ein typischer Kompromiss für die alte Bundesrepublik der 70-er und 80-er Jahre. Dass er dann Kabarettist geworden ist, bezeichnete er als Unfall und dann als Glücksfa...