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Es werden Posts vom Dezember, 2016 angezeigt.

Eine Tragödie in Jazz

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Ein Blick von der Brücke am DT Göttingen Das ist ohne Frage eines der stärksten Stücke am Deutschen Theater in Göttingen in dieser Spielzeit. Am Freitag stand die Premiere von Millers "Ein Blick von der Brücke" auf dem Spielplan. Die Inszenierung von Ingo Berk überzeugt in allen Belangen. Sie ist eine Reise in die Vergangenheit, ein Statement über die Gegenwart und eine Prognose zu Zukunft zugleich. New York in den 1950er Jahren. Der Hafenarbeit Eddie Carbone und seine Frau Beatrice wohnen mit ihrer verwaisten Nichte Catherine im Hafenviertel Red Hook. Die italienischen Einwanderer der zweiten Generation leben in sicheren aber bescheidenen Verhältnissen. Oberflächlich ist Eddie um den gesellschaftlichen Aufstieg des Ziehkindes bemüht. Er wacht als strenger Ersatzvater über sie, heimlich begehrt er die frühreife 17-Jährige. Es ist eine fragile Konstellation, die in sich zusammenbricht als Marco und Rodolfo ins Spiel kommen. Beatrice Cousins wurden von Schleppern nach New...

An der Revolution verzweifelt

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DT Göttingen bringt Mathematikprofessorin auf Bühne Gibt es eigentlich einen besonderen Gattungsnamen, wenn die Biographie einer beliebigen Person auf die Theaterbühne gebracht werden? Na, egal.  Anne Jelena Schulte hat das Leben von Sofja Kowaleskaya zu einem Theaterstück verdichtet und Antje Thoms hat es für das Deutsche Theater bearbeitet. Das Ergebnis ist Kopftheater und am Donnerstag war Uraufführung im DT - 2. Sofja Kowalewskaya ist heute wohl so etwas wie ein vergessener Star der Wissenschaftsrevolution im 19. Jahrhundert. Sie war nicht nur eine hochbegabte Wissenschaftlerin und weltweite die erste Frau, die eine Professur für Mathematik bekam, sondern auch eine Kämpferin für die Rechte der Frauen. Die Tochter eines russischen Generals überwand mit Beharrlichkeit alle Hürden, lebte ein schnelles Leben, stürzte in tiefe Not und verstarb früh. Fast schon ein James Dean der Zahlen und Formeln. Das Bühnenbild von Jeremias Böttcher ist pure Geometrie. Es erinert an ein rüh...

Der Prinz im Purple Rain

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Schwanensee am Theater Nordhausen schlägt eine Brücke Wort gehalten. Als Ivan Alberosi seine Stellung als Ballettdirektor in Nordhausen antrat, versprach er eine spannende Mischung aus klassischen Ballet und aus modernen Tanztheater. Gleich mit seiner ersten abendfüllenden Choreographie "Schwanensee" hat er dieses Versprechen gehalten. Das Ballett schlägt eine Brücke zwischen den Zeiten und versteht es auch, andere Ausdrucksmittel einzubauen. Der Auftakt verbleibt im klassischen Deutungsmuster. Vom ersten Takt an macht das Loh-Orchester unter der Leitung von Henning Ehlert deutlich, dass es einen Schritt nach vorne gemacht hat. Zum vollen Klang kommt ein filigranes und transparentes Gesamtbild. Jedes Instrument ist erkennbar und kommt im Laufe des Abend zu seinem Recht. Gerade die Holzbläser werden Akzente setzen. Damit scheint alles bereit für ein märchenhaftes Spiel. Im ersten Akt öffnet Ivan Alboresi eine charmante Trickkiste. Das Bühnenbild von Ronald Winter lock...

Gestrandet in der Einsamkeit

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Theater für Niedersachsen zeigt das Elend der Effi Briest 'tschuldigung für die antiquierte Formulierung, aber diese Inszenierung geht einem wirklich zu Herzen. Petra Wüllenweber hat beim Schreckgespenst des Deutschunterrichts nicht nur die Rasselkette entrostet. Sie hat dem Stück auch die Bissigkeit zurückgegeben, dass es zu den Zeiten Fontanes auch hatte. Zwei Stühle auf einer leeren Bühne, ein Mikro recht, eins links, Musiker und Schauspieler betreten die Bühne. Eine Frau näht Gardinen. Das Akkordeon spielt eine gedämpfte Melodie, die Gitarre schlägt die Akkorde dazu. Katharina Kwaschik zitiert die ersten Sätze aus Fontanes Romanvorlage. Sie schildert die Idylle eine landadeligen Gehöfts irgendwo in der Weite der brandenburgischen Steppe. Noch sieht es aus, wie der endlose Sommer der Jugend.      Alle Fotos: tok Es ist ein passender Kunstgriff, der hier vollführt wird. Immer wieder wird eine Darstellerin oder ein Darsteller an den Rand des Geschehens treten, ...

Auf alle Fälle stimmungsvoll

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Das Erzgebirgsensemble zeigt seine Version der Weihnachtszeit Sie haben es wirklich getan. Sie haben das Leder vor dem Arsch bei der Nacht getragen. Leder, Arsch, Nacht? Na, das Steigerlied: "Und wir tragen das Leder vor dem Arsch bei der Nacht und saufen ....". Auf jeden Fall gab es in 33 Jahren Kreuzgangkonzerte selten so viele Folklore im Kloster Walkenried. Am Samstag zeigte das  Erzgebirgsensemble seine Sicht auf Weihnachten und traf damit den Nerv des Publikums. Auf jeden Fall besteigt das Ensemble die Bühne in der Paradetracht eines Bergmanns aus dem Erzgebirge und dazu gehört nun mal das Leder am Gesäß. Dieser Anblick ist für ein Podium, auf dem sonst Fliege, Frack und Großes Schwarzes dominieren, ungewohnt und gewöhungsbedürftig. Aber das Publikum weiß ja, worauf es sich eingelassen hat. Der Rotlicht-Bezirk: Der Kreuzgang in Weihnachtsbeleuchtung.  Fotos: tok. Das Konzert beginnt mit dem Geläut der Fundgrube "Weißer Hirsch". Das kommt vom Band u...

Freue dich, oh Zuhörerschaft

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Ludwig Güttler und seine Blechbläser zelebrieren Weihnachten im Kloster Walkenried  Vor 28 Jahren gab Ludwig Güttler zum ersten Mal seine Visitenkarten bei den Kreuzgangkonzerten ab. Seitdem gastierte der Ausnahmemusiker regelmäßig dort. Am Samstag stellten er und sein Blechbläserensemble nun endlich ihr Adventsprogramm vor. Am Ende des Konzertes gab es zwei Fragen. Warum hat es so lange gedauert bis Güttler mal im Advent vorbeischaute? Wann kommt er das nächste Mal wieder? Schon mit den ersten Takt fluten die zwölf Musiker den Kreuzgang musikalisch. Kraftvolle Bläser verkündete das nahende Weihnachtsfest und das ist nach Auffassung von Ludwig Güttler vor allem ein Freudenfest. Was eignet sich am besten, um diese Freude in Töne umzusetzen. Natürlich der helle und optimistische Klang von Blechbläsern. Sie schallen und jauchzen und frohlocken. Freue dich, oh Zuhörerschaft, über diese Pauken und Trompeten. Ludwig Güttler ist an diesem Abend der Primus inter Pares.   ...