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Schlag nach bei Shakespeare

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Auch außerhalb des Kulturpolygons gibt es sehenswerte Aufführungen. Auf Einladung von Dirk Schäfer war der Harzer Kritiker im Staatstheater Kassel. Hier ist seine Reisebericht. Ein quietschlebendiges Musical im Opernhaus  Beziehungsdramen haben wieder Konjunktur auf deutschen Bühnen. Dass man dies auch auf lebendige, unterhaltsame und gleichzeitig nachdenkliche Weise machen kann, beweist derzeit Tom Ryser mit "Kiss me, Kate" im Kasseler Opernhaus. Seine Inszenierung sprudelt über vor Ideen und Einfällen. Sie lebt von der Begeisterungsfähigkeit des Ensembles und von zwei Hauptdarstellern, die das vorgeschriebenen Katz-und-Maus-Spiel fast zur Perfektion treiben. Das Musical von Cole Porter, Simon und Bella Spewack ist das Paradebeispiel für eine Stück-im-Stück-Konstruktion. Tom Ryser denkt dieses Prinzip so weit zu Ende, dass die Grenzen zwischen Rahmen- und Binnenhandlung für den ungeübten Zuschauer gelegentlich verschwinden. Das Bühnenbild von Mayke Hegger leistet dabe...

Showdown auf der Tanzfläche

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"Die Kaktusblüte" gedeiht prächtig am TfN Seien wir doch mal ehrlich. Komödie ist das schwierigste der dramatischen Fächer weil die Grenze zwischen Genuss und Peinlichkeit so verdammt dünn ist. Mit seiner Inszenierung von "Die Kaktusblüte" am Theater für Niedersachsen beweist Karl-Heinz Ahlers, dass er dieses Fach beherrscht. Er erzählt die Dreiecksgeschichte von Pierre Barrillet und Jean-Pierre Grédy mit viel Tempo und einer seltenen Leichtigkeit. Ahlers gelingt mehr, als nur das Lebensgefühl der Swinging Sixties herbeizureden.  "Die Kaktusblüte" am TfN ist eine komplette Inszenierung, nicht zuletzt dank des großartigen Bühnenbildes von Andrea Jensen und der gleichermaßen großartigen Ausstattung von Eva-Maria Huke. Nicht zu vergessen das Ensemble, das in seiner Spiellaune und Leistung durchweg glänzt. Es gibt nicht eine Rolle, die im Vergleich zu anderen abfällt. Das Gesamtpaket bietet pure Lust an guter Unterhaltung. Antonia verlangt von Julian ...

Letzte Ausfahrt Sehnsucht

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Lauter überzeugende Leistungen in “Der Zarewitsch” am Theater Nordhausen   Schwungvolle Musik, bunte Kostüme, opulente Bühnenbilder und raumgreifende Tanzszenen. Dazu Frauen, die sich an starken Männerschultern ausweinen, ein Diener, der den Kaspar spielt und eine Ehefrau als Xanthippe. Das sind die Zutaten in der Oper “Der Zarewitsch” und die Inszenierung von Holger Potocki am Theater Nordhausen überzeugt als Unterhaltung auf hohem Niveau. Die Geschichte ist nicht neu und an anderer Stelle schon in vielen Variationen erzählt worden. Mann liebt Frau, Frau liebt Mann, doch ihre Liebe entspricht den Erwartungen ihres Standes und somit endet die Liebe tragisch. In dieser Operette ist es der Zarewitsch Aljoscha, der Sohn des Zaren, der auf die Tänzerin Sonja trifft und sich vom Frauenhasser zum enthusiastischen Liebhaber wandelt. Kurzfristig werfen beide die Konventionen über Bord und fliehen nach Neapel. Doch als der Za...

Der Gesang der Lerche

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BarrocoTout stellt sich im Kloster vor Wenn die Zukunft der Alten Musik so aussieht, dann muss sich über den Barock keine Sorgen mehr machen.  Im Rahmen des eeemering-Projeklts stellte sich BarrocoTout aus Belgien mit einem Konzert im Kreuzgang vor. Was bleibt, war der Eindruck eines jungen Ensemble mit erfrischender Herangehens, von dem man sicherlich noch viel mehr hören wird. Was BarrocoTout so bemerkenswert macht, ist die Instrumentierung und die Spielweise, die ein transparentes und filigranes Klangbild erzeugen, das immer wieder die Assoziationen an einen hellen Frühlingsmorgen voller Vogelgesang wecken. Wenn Lerchen Instrumentalmusik machen würden, dann würde sie wohl so klingen. Dabei lässt sich dieses Klangbild an zwei Personen festmachen. Da ist zum einen Carlota Garcia an der Traversflöte. Im Gegensatz zur metallischen und spitzen Cousine Querflöte zeichnet sich das Holzblasinstrument durch einen weichen und runden Klang aus, der gelegentlich auch ins Meditative hi...

Ein Universum implodiert

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Theater für Niedersachsen macht Mannsche Fabuliersucht und theatralische Dramatisierung, kann dass überhaupt zusammenpassen? Bereits vor zehn Jahren lieferte John von Düffel eine Bühnenversion der “Buddenbrooks”, Bettina Rehm hat am Theater für Niedersachsen daraus das spannende Psychogramm einer Familie gemacht, deren Universum implodiert. Ein Mensch liegt gekrümmt auf den Boden, eine Frau in Dienstkleidung verrichtet einfache Hausarbeiten, aus dem Off kommt eine Stimmen. Die Aufführung beginnt einfach so, ohne Vorhang und ganz beiläufig. Der Zuschauer schlittert in die Geschichte, er beobachtet zwei Menschen in einem intimen Moment und in einem banalen Moment. Das Publikum wird zu Voyeur. Mit diesem Einstieg bändigt Regisseruin Bettina Rehm die Angst vor diesem Monument der deutschsprachigen Literatur. Zentralgestirn der Aufführung ist das Familienbuch, in dem die Geschwister Antonia und Thomas so gerne lesen. Seit Jahrhunderten notieren die Familienoberhäupter darin die Zeiche...

Ein opulentes Märchen mit Musik

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"Gold!" im Theater unterm Dach Der härteste aller Kritiker war mal wieder unterwegs. Auf dem Spielplan stand "Gold!" von Leonard Evers, ein Märchen für zwei Schauspieler und zwei Musiker. Die Inszenierung von Bianca Sue Henne überzeugt mit vielen Einfällen, visueller Opulenz und dem märchenhaften Bühnenbild von Wolfgang Rauschning. Das Libretto von Flora Verbrugge folgt dem Märchen vom Fischer und seiner Frau. Es ist eine Geschichte von Glück, Gnade, Gier und der Katastrophe, die alles wieder ins Reine bringt, einen vermeintlich natürlichen Zustand wieder herstellt. Fast alles ist wie immer, aber nur fast. Denn  neben den modernen Zutaten wie Auto und Weltreisen hat das Autorenpaaren noch zwei wichtige Ergänzungen beigesteuert. Jakob fängt den Fisch. Fotos: Tilmann Graner   Zum einen gibt es einen Perspektivwechsel. Träger der Handlung ist nicht der Fischer. Er und seine Frau sind die Eltern von Jakob. Er fängt den verzauberten Fisch und aus der Sicht d...

Von Terror keine Spur

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Premiere am DT: Von Schirachs Drama ist gar keins Das Leben sei kein Seminar für Jurastudenten, sagt Strafverteidiger Biegler. Das Theater aber auch nicht. Deswegen hinterlässt "Terror" von Ferdindand von Schirach einen zwiespältigen Eindruck. Ein Drama ist es auf jeden Fall nicht und bei der Premiere am Sonnabend holte das  DT-Ensemble noch das Beste aus der Vorlage. Das Publikum belohnte das Bemühen mit viel Applaus. Der Text gibt nicht vor, mehr zu sein als eine Gerichtsverhandlung. Verhandelt wird der Fall des Majors Lars Koch, angeklagt des Mordes in 164 Fällen. Der Pilot eines Kampfflugzeugs hat einen Airbus  abgeschossen. Der Flug LH 2047 von Berlin-Tegel nach München war entführt worden. Der Kidnapper kündigte an, den Flieger in die vollbesetzte Allianz-Arena stürzen zu lassen. Dort steht das Fußball-Länderspiel Deutschland-England an. Nach Rücksprache mit dem Verteidigungsminister hatten Kochs Vorgesetzte den Abschuss ausrücklich untersagt.Wenige Minuten bevor da...

Lieber Tango hören als nach Hause gehen

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Bolero Berlin verwandeln dern Kreuzgang in eine Bodega Wenn das Konzertpublikum im Kreuzgang mit den Füßen wippt und mit den Fingern schnippt, dann ist die Ordnung gest;rt, dann gibt es einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum, dann muss es außergewöhnliches passiert. Am Freitag war es so weit. Bolero Berlin spielt im Kreuzgang und das Publikum wippte mit den Füßen un schnippte mit den Finger. Das Sextett aus Berlin verwandelte das altehrwürdige Gemäuer in eine Bar, eine Cantina und in einen Club. Nein, das haben sie nicht mit einem Zaubertrank geschafft sondern mit einem zauberhaften Musikmix. Aber mit welchen Musikmix haben sie das getan? Die Frage kann man mit einem Exkurs in die Kategorie "Expertenwissen, das nur dazu dient Laien zu verwirren"  beantworten. Martin Stegner ist das Sprachrohr von Bolero Berlin. Alle Fotos: tok  Der musikgeschichtliche Verdienst von Simon Both und Larry Stabbins besteht sicherlich darin, dass sie einst zusammen mit der Sängerin Juliet ...

Getanzte Clara

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Ballettkompanie Nordhausen überzeugt mit getanzter Biografie Clara Schumann gehört zu den tragischen Figuren der europäischen Musikgeschichte. Erst in den letzten 20 Jahren ist das Leben der Komponistin, der Musikerin, der Frau von Robert Schumann und Geliebte von Johannes Brahms in den Fokus der Öffentlichkeit gekommen. Mit "Geliebte Clara" hat Jutta Ebnother in Nordhausen ein Tanztheater inszeniert, dass die entscheidenden Momente der Biografie verständnisvoll nachtanzt. Die Rebellion bleibt aus. Am Ende fügt sich auch diese Clara in das Rollenbild des 19. Jahrhunderts. Ist es nun ein Ballettabend oder schon ein Konzert? Diese Frage bleibt bis zum Schluss unbeantwortet. Vielleicht muss man hier auch keine Antwort finden. Auf jeden Fall ist die Musik von Clara Schumann, von Robert Schumann und im zweiten von Johannes Brahms ein bestimmendes Moment. Die Abstimmung zwischen den Akteuren auf der Bühne und im Orchestergraben funktionierte beim der Premiere auf jeden Fall bes...

Was für ein Mensch

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Günter Maria Halmer liest Kishon und Roth Satire kann zeitlos sein. Gute Satire ist zeitlos. Das bewies Günther Maria Halmer bei seiner Lesung im Kloster Walkenried. Es war so menschlich, da war die Zugabe schon vorprogrammiert. Auf dem Programm standen Texte von Ephraim Kishon und Eugen Roth. Begleitet wurde der Vorleser von Jörg Fuhrländer am Akkordeon. Der macht auch den Auftakt. Er improvisiert über ein Thema, das deutlich nach Klezmer klingt. Dabei versinkt Fuhrländer in die Musik und fast in sein Instrument. Halmer stellt den Musiker später als  seinen Partner vor. Jörg Fuhrländer ist auch ein guter Zuhörer. Alle Fotos: tok Es ist eine kongeniale Partnerschaft. Hier der extrovertierte Münchner, dort der stille Siegerländer, das ergibt eine abwechslungsreiche, eine kontrastreiche Paarung. Zwischen den Lesungen gibt Fuhrländer dem Publikum immer genug Zeit und Raum zum Verdauen und Vorbereiten. Das Repertoire umfasst Tango, Chanson und Tango-Motive. Nichts, was sich ...

Leicht und bunt wie ein Ballon

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Rike Reiniger inszeniert einen traumhaften Luftballonverkäufer Poesie, Philosophie und Theater und alles zusammen in 45 Minuten und dann auch noch für Kinder. Kann das gut gehen? Ja, das kann es. Das beweißt die Inszenierung von "Der Luftballonverkäufer" am Theater unterm Dach. Zum Maus Türöffner Tag gab es noch einmal ein Sondervorstellung voller Zauber und Poesie. Traumhaft schön und leicht gibt es die Antwort auf die allerletzte aller Frage: "Wo landen die Luftballons, wenn sie davon geflogen sind". Die Freundinnen Antonella ( Uta Haase ) und Margherita ( Bianca Sue Henne ) erzählen die Geschichte vom Luftballonverkäufer Alberto. Jeden Tag bläst er die Ballons auf, bindet sie fest und stellt sich dann auf seinem Platz. Jeden Kind, dass ihm ein Geldstück gibt, gibt er einen Ballon. Sie berichten von seinem Abenteuer, das begann, als der Wind ihn und sein 400 Ballons davontrug. Auf dem Planet der verlorenen Spielsachen fand er unter den drei Sonnen alles das, wa...