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Es werden Posts vom Oktober, 2015 angezeigt.

Ein opulentes Märchen mit Musik

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"Gold!" im Theater unterm Dach Der härteste aller Kritiker war mal wieder unterwegs. Auf dem Spielplan stand "Gold!" von Leonard Evers, ein Märchen für zwei Schauspieler und zwei Musiker. Die Inszenierung von Bianca Sue Henne überzeugt mit vielen Einfällen, visueller Opulenz und dem märchenhaften Bühnenbild von Wolfgang Rauschning. Das Libretto von Flora Verbrugge folgt dem Märchen vom Fischer und seiner Frau. Es ist eine Geschichte von Glück, Gnade, Gier und der Katastrophe, die alles wieder ins Reine bringt, einen vermeintlich natürlichen Zustand wieder herstellt. Fast alles ist wie immer, aber nur fast. Denn  neben den modernen Zutaten wie Auto und Weltreisen hat das Autorenpaaren noch zwei wichtige Ergänzungen beigesteuert. Jakob fängt den Fisch. Fotos: Tilmann Graner   Zum einen gibt es einen Perspektivwechsel. Träger der Handlung ist nicht der Fischer. Er und seine Frau sind die Eltern von Jakob. Er fängt den verzauberten Fisch und aus der Sicht d...

Von Terror keine Spur

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Premiere am DT: Von Schirachs Drama ist gar keins Das Leben sei kein Seminar für Jurastudenten, sagt Strafverteidiger Biegler. Das Theater aber auch nicht. Deswegen hinterlässt "Terror" von Ferdindand von Schirach einen zwiespältigen Eindruck. Ein Drama ist es auf jeden Fall nicht und bei der Premiere am Sonnabend holte das  DT-Ensemble noch das Beste aus der Vorlage. Das Publikum belohnte das Bemühen mit viel Applaus. Der Text gibt nicht vor, mehr zu sein als eine Gerichtsverhandlung. Verhandelt wird der Fall des Majors Lars Koch, angeklagt des Mordes in 164 Fällen. Der Pilot eines Kampfflugzeugs hat einen Airbus  abgeschossen. Der Flug LH 2047 von Berlin-Tegel nach München war entführt worden. Der Kidnapper kündigte an, den Flieger in die vollbesetzte Allianz-Arena stürzen zu lassen. Dort steht das Fußball-Länderspiel Deutschland-England an. Nach Rücksprache mit dem Verteidigungsminister hatten Kochs Vorgesetzte den Abschuss ausrücklich untersagt.Wenige Minuten bevor da...

Lieber Tango hören als nach Hause gehen

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Bolero Berlin verwandeln dern Kreuzgang in eine Bodega Wenn das Konzertpublikum im Kreuzgang mit den Füßen wippt und mit den Fingern schnippt, dann ist die Ordnung gest;rt, dann gibt es einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum, dann muss es außergewöhnliches passiert. Am Freitag war es so weit. Bolero Berlin spielt im Kreuzgang und das Publikum wippte mit den Füßen un schnippte mit den Finger. Das Sextett aus Berlin verwandelte das altehrwürdige Gemäuer in eine Bar, eine Cantina und in einen Club. Nein, das haben sie nicht mit einem Zaubertrank geschafft sondern mit einem zauberhaften Musikmix. Aber mit welchen Musikmix haben sie das getan? Die Frage kann man mit einem Exkurs in die Kategorie "Expertenwissen, das nur dazu dient Laien zu verwirren"  beantworten. Martin Stegner ist das Sprachrohr von Bolero Berlin. Alle Fotos: tok  Der musikgeschichtliche Verdienst von Simon Both und Larry Stabbins besteht sicherlich darin, dass sie einst zusammen mit der Sängerin Juliet ...

Getanzte Clara

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Ballettkompanie Nordhausen überzeugt mit getanzter Biografie Clara Schumann gehört zu den tragischen Figuren der europäischen Musikgeschichte. Erst in den letzten 20 Jahren ist das Leben der Komponistin, der Musikerin, der Frau von Robert Schumann und Geliebte von Johannes Brahms in den Fokus der Öffentlichkeit gekommen. Mit "Geliebte Clara" hat Jutta Ebnother in Nordhausen ein Tanztheater inszeniert, dass die entscheidenden Momente der Biografie verständnisvoll nachtanzt. Die Rebellion bleibt aus. Am Ende fügt sich auch diese Clara in das Rollenbild des 19. Jahrhunderts. Ist es nun ein Ballettabend oder schon ein Konzert? Diese Frage bleibt bis zum Schluss unbeantwortet. Vielleicht muss man hier auch keine Antwort finden. Auf jeden Fall ist die Musik von Clara Schumann, von Robert Schumann und im zweiten von Johannes Brahms ein bestimmendes Moment. Die Abstimmung zwischen den Akteuren auf der Bühne und im Orchestergraben funktionierte beim der Premiere auf jeden Fall bes...

Was für ein Mensch

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Günter Maria Halmer liest Kishon und Roth Satire kann zeitlos sein. Gute Satire ist zeitlos. Das bewies Günther Maria Halmer bei seiner Lesung im Kloster Walkenried. Es war so menschlich, da war die Zugabe schon vorprogrammiert. Auf dem Programm standen Texte von Ephraim Kishon und Eugen Roth. Begleitet wurde der Vorleser von Jörg Fuhrländer am Akkordeon. Der macht auch den Auftakt. Er improvisiert über ein Thema, das deutlich nach Klezmer klingt. Dabei versinkt Fuhrländer in die Musik und fast in sein Instrument. Halmer stellt den Musiker später als  seinen Partner vor. Jörg Fuhrländer ist auch ein guter Zuhörer. Alle Fotos: tok Es ist eine kongeniale Partnerschaft. Hier der extrovertierte Münchner, dort der stille Siegerländer, das ergibt eine abwechslungsreiche, eine kontrastreiche Paarung. Zwischen den Lesungen gibt Fuhrländer dem Publikum immer genug Zeit und Raum zum Verdauen und Vorbereiten. Das Repertoire umfasst Tango, Chanson und Tango-Motive. Nichts, was sich ...

Leicht und bunt wie ein Ballon

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Rike Reiniger inszeniert einen traumhaften Luftballonverkäufer Poesie, Philosophie und Theater und alles zusammen in 45 Minuten und dann auch noch für Kinder. Kann das gut gehen? Ja, das kann es. Das beweißt die Inszenierung von "Der Luftballonverkäufer" am Theater unterm Dach. Zum Maus Türöffner Tag gab es noch einmal ein Sondervorstellung voller Zauber und Poesie. Traumhaft schön und leicht gibt es die Antwort auf die allerletzte aller Frage: "Wo landen die Luftballons, wenn sie davon geflogen sind". Die Freundinnen Antonella ( Uta Haase ) und Margherita ( Bianca Sue Henne ) erzählen die Geschichte vom Luftballonverkäufer Alberto. Jeden Tag bläst er die Ballons auf, bindet sie fest und stellt sich dann auf seinem Platz. Jeden Kind, dass ihm ein Geldstück gibt, gibt er einen Ballon. Sie berichten von seinem Abenteuer, das begann, als der Wind ihn und sein 400 Ballons davontrug. Auf dem Planet der verlorenen Spielsachen fand er unter den drei Sonnen alles das, wa...

Mehr als nur eine Abrechnung

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Hamed Abdel-Samad zeichnet ein Psychogramm Auch wenn der Untertitel reißerisch klingt, war die Zeit doch überreif für dieses Buch. Und es ist gut, dass es von diesem Autor kommt. Doch es dem Anspruch des Autors, die Diskussion über die Reform des Islam zu befeuern, gerecht wird, dies wird die Zeit zeigen müssen. Mit "Mohammed - Eine Abrechnung" wendet sich Hamed Abdel-Samad sicherlich nicht an die Gemeinschaft der Theologen. Sein Anspruch ist es, ein breites Publikum zu erreichen, um dort die Grundlagen für eine eigenständige Sicht zu legen. Das Potential dazu hat das Werk allemal. Damit könnte das Buch den Anstoß geben für eine Diskussion an der muslimischen Basis über die Zukunft des Islams in einer säkularisierten Welt. Es ist das erste populärwissenschaftliche Buch auf Deutsch, dass sich eingehend mit der Figur Mohammeds beschäftigt. Es ist flüssig und verständlich geschrieben und man kann der Argumentation des Autors ohne Zusatzmittel folgen. An seiner Sachkenntnis g...