Musik aus allertiefster Seele
Giora Feidman und Gitanes Blondes bei den Kreuzgangkonzerten
Prolog: Ich hätte nicht gedacht, das ich mich so schnell selbst zitieren könnte. Sei's drum, auch nach dem Konzert von Giora Feidman und Gitanes Blondes gibt es zwei Gewissheiten. "Die Schubladen der Genres wurden für musikalischen Buchhalter geschaffen. Die Liebe zur Musik kennt nämliche keine Grenzen. Wer die Musik liebt, darf mischen und wer seine Musik liebt, der darf auch mal derbe Scherze machen."
Tja, aber damit beginnen die Schwierigkeiten. Wie soll ich etwas über einen Mann schreiben, über den bereits alles gesagt wurde? Über einen Mann, der in den Geschichtsbüchern der Musik steht. Also gut, erste Aussage: Feidman ist keine Figur der Geschichte, sondern noch verdammt lebendig.
Giora Feidman ist in seine Musik versunken. Alle Fotos: tok |
Giora Feidman versteht es, in Sekundenbruchteilen eine Bindung zum Publikum zu finden, den Dialog zu eröffnen und die Zuhörer zu Mitgestaltern zu machen. Er ist eine Zauberer. Der Aufforderung, mitzusummen oder gar zu singen, kann man sich nicht entziehen.
An diesem Abend ist Feidman zurückhaltend. Doch das zwei Werk gehört eher in die Kategorie downtempo, atmosphärisch dicht und balladenorientiert im Vortrag. Auch Gitanes Blondes halten sich an die Vorgabe, doch das Quartett macht auch deutlich, das es keine Begleitband, sondern ein eigenständiger und eingespielter Klangkörper ist.
Mario Korunic gründete die blonden Zigeuner 1999 |
Aber es geht auch anders an diesem Abend. Freude an der Musik hat auch etwas mit Tempo zu tun und deswegen gibt das Quartett Gas, als Feidman zurücktritt und die Bühne seinen jüngeren Partner überlässt. Ja, es sind Partner, die dort jammen, die sich gegenseitig Themen vorlegen, Vorlagen aufnehmen, weiterentwickeln, weiterreichen und die Grenze der Genres überwinden. Grandios ist das Zusammenspiel von Mario Korunic an der Geige und Konstantin Ischenko am Akkordeon. Immer wieder verführen sie sich zu himmelhochjauchzenden Soli und es scheint, als müsste Christoph Peters an der Gitarre den Vermittler zwischen den beiden Polen spielen.
Konstantin Ischenko kann Sachen auf dem Akkordeon, über die andere nur staunen können. |
Feidman ist in der Klassik ebenso zuhause wie im Klezmer, als Jazzer ist er legendär und der Tango seiner argentinischen Heimat hat auch seine Spuren hinterlassen. Er ist der Vordenker dessen, was seit 20 Jahren unter dem Etikett "Weltmusik" firmiert. Doch anstatt Unterschiede im Klangteppich einzuebnen, arbeiten er und seine Musiker die Gemeinsamkeiten heraus. Dabei hat er mit Gitanes Blondes kongeniale Partner und Brüder im Geiste gefunden. Ihre Musik ist fröhlich und lebensbejahend, lautmalerisch und setzt Bilder im Kopf frei, als sie musikalisch von den Gefahren einer Tournee erzählen.
Auch Simon Ackermann ist beeindruckt vom Solo am Akkordeon. alle Fotos: tok |
Epilog: Als Victor Hugo einst sagte "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist" muss er wohl geahnt haben, das mal ein Giora Feidman auf der Bühne dieser Welt erscheinen wird.
Giora Feidman bei wikipedia und bei last.fm
Gitanes Blondes bei wikipedia und die eigene Website
Die Kreuzgangkonzerte
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