Direkt zum Hauptbereich

Aus Freude am Verbrechen und am Spiel

Zwei wie Bonnie und Clyde im hoftheater

Das nennt mal wohl "Wie auf dem Leib" geschrieben. Im hoftheater läuft die Gaunerkomödie "Zwei wie Bonnie und Clyde" und nicht nur Petra Döring-Menzel und Dieter Menzel haben offensichtlich viel Spaß.  Die Inszenierung von Jürgen Kramer überzeugt durch die gelungene Mischung aus Slapstick, Wortwitz und feine Beobachtung. So entwickelt sich rasantes Spiel auf engsten Raum.

Eigentlich sind Manni und seine Rosa alles andere als ein erfolgreiches Gangsterpaar. Er überambitioniert, sie ein wenig vertrottelt. Diese Kombination funktioniert seit Laurel und Hardy und ist immer ein Garant für Fehlschläge und deswegen für Lacher.

Gerade haben sie vermeintlich einen großen Coup gelandet. Schicht für Schicht legen Rosa und Manni Patzer um Patzer frei, bis der der große Traum vom sorglosen Leben geplatzt ist. Damit ist der Streit vorprogrammiert. Das Publikum ist ihnen dabei immer einen Schritt voraus und darin besteht der besondere Reiz dieser Art von Komödien. Der Lacher ist immer eine halbe Sekunde vor dem Gag da. Schließlich bereitet es einen eine diebische Freude, anderem beim Zanken zuzusehen.

Aber die Professionalität, die Petra Döring-Menzel und Dienter Menzel dabei an den Tag legen, ist schon bewundernswert. Da wirkt nichts albern, die Aufführung bleibt beruhigend weit vom Klamauk weg. Die Stimmen passen zur Mimik, die Mimik zu den Gesten und die wiederum zur Stimme. Weil die Andeutungen deutlich werden, deswegen sind die Lacher eben schon eine halbe Sekunde vor dem Gag da.

Zum Anfang ist Rosa unten und Manni obenauf.
Foto: B. Menzel
Zum einen sind die beiden die Experten für Beziehungskrisen. Das haben sie schon mit der Zimmerschlacht gezeigt. Zum anderen verfügen sie durchaus über reichlich komödiantisches Talent. Erstes wird schon beim Streit in der Rücken-an-Rücken-Szene im ersten Akt deutlich. Im verbalen Ping-Pong-Verfahren werfen sie sich über die Schulter die Schuldzuweisungen zu. Das ist nicht nur urkomisch sondern auch realitätsnah. Auch nicht-kriminelle Pärchen dürften sich hier wieder erkennen.

Es ist ist ein komödiantisches Talent, dass sich am Wortwitz und den Haarspaltereien eines Loriots orientiert. Obwohl im kriminelle Milieu angesiedelt verzichtet die Inszenierung von Jürgen Kramer auch Zoten. Trotzdem bleiben die die Wortgefechte so lebensnah, dass das Publikum aus der eigenen Erfahrung mitsprechen könnte.

Das Paar-Gefüge ist denkbar einfach: Er der oberschlaue Kleinstadtganove, sie die leicht trottelige Nervensäge. Zusammen sehen sie sich als die Fortführung von Bonnie und Clyde, jenem legendären Verbrecherduo, dass einst die ganzen USA in angst und Schrecken und Faszination versetzte.

Doch mit Kleinigkeiten lässt Rosa seine hochfliegenden Träume immer wieder am Boden zerschellen. Mit vielen Lachern wird so Gangster Manni dekonstruiert ohne dass das Publikum solch einen Begriff wie Dekonstruktion verstehen müsste. Die Eugen und die Olsen-Bande lassen grüßen.

Alles was es zu sehen bekommt, ist eine zwerchfellerschütternde Generalprobe eines Banküberfalls. Manni schreitet voran zur Tat und Rosa ihm hinterher. Es ist klar, dass das nicht gut gehen, dass etwas dazwischen kommen muss. Es ist nur die Frage, was wird es denn dieses Mal sein wird. Das Murmeltier grüsst hier gleich mehrmals täglich und darin liegt der Erfindungsreichtum dieser Inszenierung. Dieser Reichtum verträgt durchaus ein mehr als zweistündige Aufführung.

Aber selbst dort, wo die Inszenierung auf bekannte Versatzstücke baut, wirkt sie frisch und rasant.  Szenen wie das Schuhkarton-Verwechsel-Spiel hat man schon dutzendfach gesehen. Trotzdem fiebert das Publikum mit und fragt sich, wo der Karton mit Geld zum guten Schluss landen wird. Auf jeden Fall nicht dort, wo Manni ihn gern hätte.

Petra Döring-Menzel spielt nicht die Rosa, sie ist es. Da mag man fast glauben. Auf jeden Fall gibt sie diesere Figur jede Menge Unbedarftheit und kleinmädchenhaften Charme. Für die Geduld mit Manni bewundert man sie und fragt sich, wo hier die Grenze zwischen Naivität und Berechnung liegt. Auf alle Fälle gönnt man ihr den Triumph zum Schluss, denn manchmal muss auch Dummheit belohnt werden.

Erst zum Schluss zeigt Manni sein wahren Gesicht.
Foto: B. Menzel
Dieter Menzel ist großartig in der Rolle des Manni. Das Spiel mit der Stimme und die Gestik dazu liegt weit über dem, was man an solch einer Bühne erwartet. Er ist auch für die Akrobatik zuständig und gibt der Inszenierung eine Menge Tempo. Sein Slapstick zum Auftakt beim Erkunden des Verstecks verbindet die Elemente der Pantomime mit dem Moonwalk Michael Jacksons und den Verrenkung eines John Cleese.

Menzel macht den Kleinganoven zum Kleinbürger, der sich deutlich und immer wieder überhebt mit dem, was er sich so vornimmt. Auch wenn er die Pose des Napoleon übt, der große Coup ist mehr als eine Nummer zu groß für ihn. Da ändern auch Planungen im Generalstabs-Gehabe nichts.

Die Nichtigkeit seiner Person kehrt er in Überheblichkeit Rosa gegenüber um. Da werden Assoziationen zu "Ekel Alfred" und "Dusselige Kuh Else" geweckt. Deswegen hat man auch kein Mitleid, als Manni sein Waterloo erlebt.

Das Bühnenbild von Benjamin Menzel ist einfach und überzeugend. Es verzichtet auf Schnörkel und spricht eine eindeutige Sprache. Mit seinen Anregungen denkt sich auch der Komödienbesucher die fehlenden Teile dazu.

Es korrespondiert gut mit dem Licht, das eine tragende Rolle in dieser Aufführung spielt. Sofern es die beengten Verhältnisse es zu lassen, teilt das Licht die Bühne in unterschiedliche Zonen auf und wird selbst zum Handlungsträger. Das beginnt gleich in der ersten Szene mit dem Wanken durch das Dunkel und Rosas anschließendem Lichtflecken-Tanz

Zum lockeren Spiel mit den Versatzstücken der Pop-Kultur gehört auch die Musik. Sie entstammt der goldenen Rififi-Ära der 60-er Jahre und rundet das gelungene Gesamtbild stimmig ab.





Material #1: Das hoftheater bei Facebook
Material #2: Der Spielplan im hoftrheater
Material #3: Die Zimmerschlacht im hoftheater

Material #5: Die Vita von Jürgen Kramer

Material #6: Bonnie & Clyde, das Original





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Viel Abwechslung mit nur einem Instrument

Vier Cellisten beim Kammerkonzert im Kunsthaus Wer Piazzolla spielt, kann kein schlechter Mensch sein. Schon gar nicht, wenn´s gleich zweimal Piazzolla ist. Bis es soweit ist, darf das Publikum einige andere Highlights beim Kammerkonzert der vier Cellisten im Kunsthaus Meyenburg erleben. Das Programm ist zweigeteilt. Vor der Pause gibt es bedächtige Romantik, nach der Pause wird es rhythmusbetont. Kein Grund zur Besorgnis: Das Cello schafft das schon. Das Instrument und das Ensemble bringen dafür ausreichend Potential mit. Erst klassisch, .... Den Auftakt macht Joseph Haydn und sein "Divertimento in D-Dur". Dies hat er einst für eben die Besetzung des Abends geschrieben, für vier Celli. Im zweiten Satz ist das Quartett das erste Mal gefordert. Das Allegro di molto verlangt ein präzises Zusammenspiel, damit der Dialog der Instrument funktioniert und er funktioniert. Im Allegretto des anschließenden Menuetts zeigt Sebastian Hennemann, dass ein Cello tanzen und hüpfen kann...

Eine Inszenierung auf Tratsch-Niveau

 Im DT Göttingen bleibt "Der junge Mann" an der Oberfläche Zu viel Narrativ, zu wenig Analyse. Die Inszenierung von Jette Büshel leidet an Oberflächlichkeit. Die Figuren werden nicht ausgelotet. Deswegen war die Premiere von "Der junge Mann" am 3. November zwar unterhaltsam, ging aber nicht unter die Haut. Das ist schade für das Ein-Personen-Stück auf der Studio-Bühne. In der autofiktionalen Erzählung "Der junge Mann" berichtet Annie Ernaux von ihrer zurückliegenden Beziehung zu einem 30 Jahre jüngeren Mann. Das Buch liegt seit dem Frühjahr in deutscher Übersetzung vor und postwenden haben Jette Büshel und Michael Letmathe ein Stück für das DT Göttingen draus gemacht. Strube bereit zur Berichterstattung. Alle Fotos: Lenja Kempf/DT GÖ Der erste Ansatz verpufft gleich. Seit der Ehe von Brigitte Trogneux und Emmanuel Macron haben Beziehungen zwischen älteren Frauen und jungen Männer so gar nix skandalöses mehr an sich. Auch das Duo Klum-Kaulitz hat null S...

Dieter Nuhr offenbart sich als Menschenfreund in Vollzeit

In Goslar zeigt er Werke, die Distanz schaffen Seit dem Auftritt von Christo hat keine Werkschau in Goslar solch ein Aufsehen erregt. Dieter Nuhr stellt dort aus unter dem Titel „Du denkst an durchfahrene Länder“. Es geht um Menschen und Landschaft, denen der Mann vom Niederrhein auf seinen Reisen um die Welt begegnet ist.  Zur Vernissage am 21. Juli war der Garten im Mönchehaus Museum bis auf den wirklich allerletzten Platz belegt. Direktorin Bettina Ruhrberg und Dieter Nuhr machten im Einführungsgespräch deutlich, dass man den Kabarettisten und Künstler voneinander trennen sollte, auch wenn es nicht immer gelingt. Schließlich geht es um zwei Seiten derselben Person.  Dieter Nuhr begann sein Studium als Kunstlehrer 1981 an der Folkwangschule in Essen. Er wollte Künstler werden, sein Vater bestand auf den Lehrer. ein typischer Kompromiss für die alte Bundesrepublik der 70-er und 80-er Jahre. Dass er dann Kabarettist geworden ist, bezeichnete er als Unfall und dann als Glücksfa...