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Ein Satz mit X

Wischmeyers neuestes Werk langweilt

Es gibt eine Reihe von Dingen, die man sich sparen kann. Das neue Buch von Dietmar Wischmeyer gehört dazu. Es ist eine Aneinanderreihung von allzu Bekanntem und hundertfach Gelesenen. Nur selten lässt der Autor in "Immer is was, nie is nix" seine Stärken aufblitzen.

Die Enttäuschung ist umso größer, dass Dietmar Wischmeyeer im Frühjahr 2022 mit "Als Mutti unser Kanzler war" eine gelungene Mischung aus analytische Schärfe, kreativer Wortgewalt und sprachlicher Treffsicherheit vorgelegt hatte. Nix ist davon geblieben. Das neue Buch langweilt mit Gleichförmigkeit und bekannten Rollen.

Die Verteilung ist eingeübt: Die Mitmenschen sind dämlich und Wischmeyer ist der Hüter der Vernunft. Schon nach zwei Sätzen weiß man wie die Geschichten enden werden. Nur selten ist er zur Selbstironie fähig wie beim Fehlkauf des SABA Freiburg.

Auch in der Geschichte von Inspektor Conradi und den toten Hunden blinken Wischmeyers Qualitäten im Fabulieren und Erfinden skurriler Szenerien auf. Aber bis dahin ist es ein weiter Weg durch das Gleichförmige. Protagonist begibt sich unter die Mitmenschen, Mitmensch entpuppen sich als dämlich, Protagonist ist genervt. 

Es gibt sie in diesem Buch, die sprachlichen und erzählerischen Perlen. Aber sie sind eher Beifang eines langen Törns durch allzu glatte Gewässer.

Das langweilt und enttäsucht. Das wäre mehr drin gewesen, um mal Plattitüden zu strapazieren. Dazu hätte Wischmeyer eben jene analytische Schärfe aktivieren müssen, die das Vorgängerwerk auszeichnet oder auch seine Arbeit für die "heute show". Jeder Beitrag von Günter, dem Treckerfahrer, zeigt mehr Tiefgang als das gesamtge Buch. 

Bei seinen Geschichten aus dem Alltag ist ihm oder dem Ghostwriter eben jene mächtige Sprachschöpfungskraft abhanden gekommen, die Wischmeyers Werke bisher zu einem Genuss auf der Metaebene gemacht hat. Sprachlich bewegt er sich hier eher auf dem Niveau "Schülerzeitung", wenn große Teile der Texte darin bestehen, negative Konnotationen aneinander zu reihen, wo früher geschliffener Wortwitz als Solitär stand.

Warum Wischmeyeer zusätzlich zu all seinen anderen Aktivitäten innerhalb eines Jahres ein weiteres Buch vorgelegt hat, darüber kann man nur spekulieren. Vielleicht ist "immer is was, nie is nix einfach nur das Begleitmaterial für die nächste Lesereise. Erhärtet wird der Verdacht dadurch, dass Wischmeyer solch alten Geschichten wie "Der neue Amarok" aus der Mottenkisten geholt hat.

Es bleibt lediglich zu hoffen, dass das nächste Wischemyer-Buch dann wieder in alte, unruhige Fahrwasser zurückfindet.


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