Rücktritt aus Verantwortung
Erich Sidler wird seinen Vertrag am Deutschen Theater Göttingen nicht erfüllen. Der 60-Jährige wird seine Intendanz und Geschäftsführung vorzeitig beenden. Als Grund nannte er die unsichere Finanzierung des DT Göttingen durch das Land Niedersachsen ab 2027. Inwieweit die aufgeschobene Sanierung des DT eine Rolle bei der Entscheidung gespielt hat, kann man nur spekulieren. Immerhin kann man aber von einem geordneten Abgang sprechen, der Raum und Zeit für eine Neuordnung gibt.
Eine Stellungnahme des Aufsichtsrats liegt noch nicht vor. Hier die Presseerklärung aus dem Deutschen Theater Göttingen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
auf meinen Wunsch und in Absprache mit der Aufsichtsratsvorsitzenden, Oberbürgermeisterin Petra Broistedt, und meinen nahestehenden Kolleginnen und Kollegen, werde ich meinen Vertrag zum Ende der Spielzeit 26/27 beenden.
Ich blicke mit großer Freude und Dankbarkeit auf die Arbeit an diesem Haus zurück und folge mit diesem Schritt meiner Überzeugung, dass zehn Jahre für eine Intendanz richtig und genug sind. Meine Tätigkeit als Intendant war stets geprägt von der Haltung, dass wir alle Gäste sind an diesem Haus. Die Befristung meines Vertrages war für mich immer Grundlage künstlerischer Arbeit. Die drei Corona-Jahre, mit ihren besonderen Bedingungen habe ich zur langfristigen Stabilisierung des Hauses an meine 10-jährige Vertragslaufzeit angesetzt.
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Erich Sidler macht früher Schluss. Foto: Lenja Kempf |
Durch den Beschluss des Rates der Stadt Göttingen, wie auch des Kreistages des Landkreises Göttingen, sind die Parteien einstimmig übereingekommen, das Deutsche Theater Göttingen wieder ausreichend zu finanzieren und insbesondere die Tarifsteigerungen der Mitarbeitenden in den Zuwendungen abzubilden.
Dass die Finanzierung des Theaters ab Sommer 2027 wieder längerfristig gesichert ist, sendet ein klares Bekenntnis von Stadt und Landkreis für die Kultur und ist meines Erachtens der bestmögliche Hinweis für das Land, jetzt ins Handeln zu kommen und nachzuziehen.
Mit dem massiven Sparprogramm von jährlich mehr als 600.000 Euro, das wir seit Sommer 2025 umsetzen, sind alle Sparmöglichkeiten ausgeschöpft. Sollte eine ausreichende Finanzierung ab 2027 wider Erwarten an der Beteiligung des Landes scheitern, führt kein Weg an Personalabbau durch betriebsbedingte Kündigungen vorbei.
Meine Haltung in dieser Sache habe ich jedoch dem Aufsichtsrat stets klar kommuniziert: Ich stand und stehe für betriebsbedingte Kündigungen nicht zur Verfügung. Da ich als Geschäftsführer jedoch in der Pflicht bin, eine Insolvenz des Deutschen Theaters in jedem Falle abzuwenden, trete ich zurück, um diesen Maßnahmen, wenn es denn nicht anders geht, um das Unternehmen zu retten, nicht im Wege zu stehen.
Ich blicke auf eine erfüllte Zeit mit einem herausragenden Team zurück. Die Abteilungen dieses Hauses, der gemeinsame Wille, die Leidenschaft, die alle mitbringen, gutes Theater zu ermöglichen, all das macht aus dem Deutschen Theater ein einzigartiges Haus. Die Arbeit in diesem Team, insbesondere die langjährige Zusammenarbeit mit Sandra Hinz und seit zwei Jahren auch mit Schirin Khodadadian, war inspirierend, anregend und geprägt von Vertrauen und Loyalität. Ich durfte diesem Haus vorstehen, wofür ich sehr dankbar bin. Ich danke Ihnen allen für eine zugewandte und von Professionalität geprägte Zusammenarbeit.
Das Haus arbeitet erfolgreich und ist in allen Abteilungen gut aufgestellt. Es ist mir sehr wichtig, dafür zu sorgen, dass ich das Haus im besten Zustand an Nachfolgerinnen und Nachfolger übergebe. Auch für mich persönlich ist dieser Entscheid folgerichtig und kommt zum richtigen Moment. Ich gehe diesen Schritt beherzt.
Für das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit, die mir als Theaterleiter entgegengebracht wurde, möchte ich an dieser Stelle den Aufsichtsrätinnen und -räten des Deutschen Theaters sehr herzlich danken.
Ich bedanke mich bei den Politikerinnen und Politikern des Rates und der Fraktionen und letztlich bei den Menschen in Stadt und Landkreis. Ich war mir der großen Verantwortung, dieses Haus für die Menschen zu öffnen und erlebbar zu machen, stets bewusst.
Letztlich gilt mein Dank auch den Kolleginnen und Kollegen des Hauses. Arbeitszeit ist Lebenszeit und wir haben uns stets als Gastgeber und Ermöglicher verstanden und damit auch durch unsere erfolgreichen Arbeiten und Produktionen Zeichen gesetzt.

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