Desdemona hat nicht geredet, aber getanzt
Ballettkompanie Nordhausen zeigt Shakespeare, wie er hätte auch sein können
William Shakespeare und Prince haben Gemeinsamkeiten. Sowohl der Theater-Titan aus dem frühen 17. Jahrhundert und der Pop-Gott aus dem späten 20. Jahrhundert kennen diese schwere Enttäuschung, die in tiefe Verzweifelung mündet. Beide können sie so ausdrücken, das auch jeder sie versteht, und beide kennen sich mit theatralischen Momenten aus. Das ist nur eine Gewißheit aus "Shakespeare. Ein Ballett". Diese Eigenproduktion der Ballettkompanie Nordhausen sprüht vor Ideen aus der Kategorie "Es hätte auch so ausgehen können". Doch die Erzählung mit vielen Wendungen und Überraschungen glänzt auch mit humorvollen Seiten und mit Bildern voller Klarheit und Optmismus. Bei der Premiere im Theater Nordhausen bedankte sich das Publikum mit langanhaltenden Applaus.
Zu den bekannte und unbekannten Seite des Mannes aus Stratford-upon-Avon und seines Schaffens stellt Jutta Ebnother eine Choreographie, die viele Möglichkeiten des Tanztheaters nutzt. Michael Ellis Ingram ergänzt das gemeinsame Werk mit einer Musikauswahl, die Shakespeare durch die Jahrhunderte transportiert, von den varocken Klängen des Henry Purcell bis zur Polyrhythmik eben jenes Prince Rogers Nelson. Somit ist klar: Der Mann aus dem elisabethanischen Zeitalter wirkt noch heute.
Das Bühnenbild ahmt das legendäre Globe-Theatre nach, auch ein Balkon darf nicht fehlen. Die Bühne erinnert an eine Stierkampf-Arena und liegt damit nicht so falsch. Shakespeare heißt immer Kampf und meist endet dieser tödlich. Auch der Titelheld wird bald in den Kampf gegen das Eigenleben seiner Figuren treten.
Für ihre Hommage an den großen Dramatiker hat sich Jutta Ebnother auf sechs seiner Werke und dessen Hauptfiguren konzentriert.
Aus den Büchern befreit, entwickeln die elf Figuren Handlungen, die so
nicht im Skript stehen und die sicht der SChöpfer auch ganz anders gedacht hat. Da wird gemobbt und gefoppt, gefightet und gerungen,
geliebt und geliebt, wie wir es bisher noch nicht kannten. Anfangs wirkt Shakespeare wie Goethes Zauberlehrling, der den Kampf mit den Geistern, die er rief, nicht gewinnen kann. Nur sind es eben nicht die Geister sondern die Helden seiner Werke, die ein Eigenleben entwickeln. Doch Shakespeare wächst mit seinen Aufgaben. Wird er anfangs noch zum Esel aus dem Sommernachtstraum gemacht, beherrscht er Stück für Stück das Geschehen immer, kann seine Figuren hin- und herschieben und die letztendlich die Geister, die er rief, auch wieder wegschicken. Da ist es logisch, dass Shakespeare der einzige ist, der zum abschließenden Hochzeitsmarsch von Mendelssohn Bartholdy noch die Hosen anhat.
András Dobi gelingt es in der Titelrolle, all diese Wandlungen im Laufe des Stückes auch glaubwürdig umzusetzen. Er ist Geck, Grübler und Geschichtenlenker in einem oder auch hintereinander. Bester Ausdruck der zurückgewonnen Souveränität ist Dobis letztes Solo. Die Lichtführung erlaubt ihm die Zwiesprache mit seinen eigen Schatten. Wer mit dem Licht spielen kann, der wird auch mit seinen eigenen Erfindungen fertig.
Zum einen verbleibt "Shakespeare. Ein Ballett" in bekannten Mustern: Die
Romanze von Romeo und Julia endet in einem Duett, dass an Hingabe und
Liebe kaum zu übertreffen ist, trotz eines zwischenzeitlichen
Zickenkriegs. Kirill Kalashnikov ist ein Puck, der das Treiben der
schwermütigen Menschen um sich herum nicht ernst nehmen mag.
Zum anderen entwickeln Ebnother und Dramaturgin Anja Eisner Szenen, die durch den unkonventionellen Umgang mit den Vorlagen überzeugen. Hamlet kommt eher per Zufall an seine berühmte Requisite, weil weder Shakespeare noch Puck eine Verwendung für einen Schädel haben. Es ist Titania und nicht Oberon, die anderen die Eselmaske aufsetzt. Romeo und Ophelia tanzen dermaßen verliebt, dass man denken mag "Mädel, nimmt lieber den Jungen aus Verona und nicht den schwindsüchtigen Dänen-Prinz. Dann bekommt die Geschichte vielleicht doch ein glückliches Ende." Doch alles Hoffen hilft nichts, denn Shakespeare hat Ophelia schon zuvor in der "When Doves Cry"-Szene zum Leiden ausgewählt.
"Shakespeare. Ein Ballett" ist keine Hommage im herkömmlichen Sinne, sondern eine Auseinandersetzung mit sechs Werken des Dramatikers und mit seiner Person. Doch die Auseinandersetzung verbleibt nicht im Historismus. Kreative stehen immer noch vor demProblem, dass ihre Kreaturen ihnen eines Tages über den Kopf wachsen. Die Frage, ob ein Autor wirklich alle Aspekte seines Werke überblicken kan, ist ja auch ein rhetorische Frage. Wer aber alle Zitate und alle Gegenentwürfe verstehen will, der muss in diesem Konzentrat des Shakespeareschen Werkes schon mit den Grundlinien vertraut sein. Wer sich da unsicher fühlt, kann vor der Aufführung von "Shakespeare.Ein Ballett" die Einführung im Rangfoyer nutzen.
Das Stück in der Selbstdarstellung.
Der Spielplan im Theater Nordhausen.
Hamlet in Nordhausen.
Othello bei den Domfestspielen Gandersheim.
Der Sommernachtstraum im Jungen Theater Göttingen
Shakespeare mal im Marx-Brothers-Modus gespielt.
William Shakespeare und Prince haben Gemeinsamkeiten. Sowohl der Theater-Titan aus dem frühen 17. Jahrhundert und der Pop-Gott aus dem späten 20. Jahrhundert kennen diese schwere Enttäuschung, die in tiefe Verzweifelung mündet. Beide können sie so ausdrücken, das auch jeder sie versteht, und beide kennen sich mit theatralischen Momenten aus. Das ist nur eine Gewißheit aus "Shakespeare. Ein Ballett". Diese Eigenproduktion der Ballettkompanie Nordhausen sprüht vor Ideen aus der Kategorie "Es hätte auch so ausgehen können". Doch die Erzählung mit vielen Wendungen und Überraschungen glänzt auch mit humorvollen Seiten und mit Bildern voller Klarheit und Optmismus. Bei der Premiere im Theater Nordhausen bedankte sich das Publikum mit langanhaltenden Applaus.
Shakespeare und seine Figuren bleiben sich anfangs fremd. Fotos: Tilmann Graner/Theater Ndh |
Das Bühnenbild ahmt das legendäre Globe-Theatre nach, auch ein Balkon darf nicht fehlen. Die Bühne erinnert an eine Stierkampf-Arena und liegt damit nicht so falsch. Shakespeare heißt immer Kampf und meist endet dieser tödlich. Auch der Titelheld wird bald in den Kampf gegen das Eigenleben seiner Figuren treten.
Das Duett von Romeo (David Roßteutscher) und Julia (Irene Lópes Ros) ist Hingabe pur. Foto: Graner |
András Dobi gelingt es in der Titelrolle, all diese Wandlungen im Laufe des Stückes auch glaubwürdig umzusetzen. Er ist Geck, Grübler und Geschichtenlenker in einem oder auch hintereinander. Bester Ausdruck der zurückgewonnen Souveränität ist Dobis letztes Solo. Die Lichtführung erlaubt ihm die Zwiesprache mit seinen eigen Schatten. Wer mit dem Licht spielen kann, der wird auch mit seinen eigenen Erfindungen fertig.
Das hat der Dichter nich gewollt: Jago und Petruccio streiten um Ophelia. |
Zum anderen entwickeln Ebnother und Dramaturgin Anja Eisner Szenen, die durch den unkonventionellen Umgang mit den Vorlagen überzeugen. Hamlet kommt eher per Zufall an seine berühmte Requisite, weil weder Shakespeare noch Puck eine Verwendung für einen Schädel haben. Es ist Titania und nicht Oberon, die anderen die Eselmaske aufsetzt. Romeo und Ophelia tanzen dermaßen verliebt, dass man denken mag "Mädel, nimmt lieber den Jungen aus Verona und nicht den schwindsüchtigen Dänen-Prinz. Dann bekommt die Geschichte vielleicht doch ein glückliches Ende." Doch alles Hoffen hilft nichts, denn Shakespeare hat Ophelia schon zuvor in der "When Doves Cry"-Szene zum Leiden ausgewählt.
Zum Schluss ist Shakespeare wieder der Herr im Haus. |
Das Stück in der Selbstdarstellung.
Der Spielplan im Theater Nordhausen.
Hamlet in Nordhausen.
Othello bei den Domfestspielen Gandersheim.
Der Sommernachtstraum im Jungen Theater Göttingen
Shakespeare mal im Marx-Brothers-Modus gespielt.
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