Das geilste Konzert der Welt?
Jan Delay und Disko Nr. 1 eröffnen Soundcheck-Festival
Um in meiner Alters-
und Gewichtsklasse 2.500 Kalorien vom Hüftgold loszuwerden, braucht
es 2,5 Stunden auf dem Fahrrad, bei einem 30-er Schnitt wohl gemerkt.
Bei Jan Delay und Disko Nr.1 schafft man es in der Hälfte der Zeit.
Am Donnerstag macht der Chefstyler den Opener beim
Soundcheck-Festival in Göttingen. Die 1.500 Zuschauer und ich, wir
erlebten 75 Minuten Tempo, Party und Spaß. Besser kann man ein
Festival nicht beginnen.
Jan Delay ist ein Magier. Alle Fotos: Layda |
Für sein aktuelles
Album „Hammer & Michel“ musste sich Jan Delay Kritik und
Spott gefallen lassen. Den Puristen ist das Werk zu rocklastig. Doch
kann Jan Delay nicht erschüttert, deswegen hieß die Devise am
Donnerstag: Volles Brett heißt die Devise in der ausverkauften
Stadthalle. Noch bevor die Lichter angehen, hämmern die
Gitarrenriffs von Wacken ins Publikum. Der Sound ist fett, die
Bass-Drum wummert, die Snare scheppert, die Horn-Section macht Druck.
Nur der Background-Chor hat anfangs Schwierigkeiten, durchzudringen.
Die Beschallung liegt wohl an der Obergrenze dessen, was für das
altehrwürdige Gebäude zulässig ist. Der Sänger betritt die Bühne,
die Fans jubeln, die Party beginnt.
Jan Delay ist ein
Magier. Vom ersten Augenblick an hat er die Zuhörer im Griff. Wenn
der Meister sagt „Hüpft“, dann hüpft das Publikum. Wenn der
Meister sagt „Still stehen“, dann steht das Publikum still. Diese
Symbiose ist ein fester Bestandteil der Party und dafür bekommen die
Fans auch 75 Minuten Hingabe und Extase geliefert. Die acht Musiker
sind bestimmt nicht auf die Bühne gestiegen, um ihr Set abzuspulen.
Die wollen auch spielen und dabei platzen sie fast vor Freude.
Jan Delay spielt mit
dem Publikum und er spielt mit den Doppeldeutigkeiten. Mit Ironie
erzählt er von den Herausforderungen des Großstadtlebens und seinen
schrägen Helden. Wenn man den Text mal nicht versteht, macht es auch
nichts. Die Musik spricht für sich.
Jan Delay und Disko
Nr. 1 sind keine Combo, die ein perfektes Programm und eine
durchgestylte Show liefern. Jan Delay und Disko Nr. 1 fluten die
Stadthalle mit purer Energie und der Körper kann diesen Überschuss
nur mit Bewegungsdrang abbauen. Die Füße können nicht stillstehen,
der Arsch muss wackeln, die Arme zucken im Rhythmus, die Hände
müssen klatschen. Deswegen können Männer meines Alters und meiner
Gewichtsklasse locker 2.500 Kalorien vom Hüftgold abbauen in den 75
Minuten.
Natürlich steht das
aktuelle Album im Vordergrund, aber die Show heißt immer noch Disko
Nr. 1. Deswegen gibt es im kurzen Programm auch noch Nummer aus dem
„Bahnhof Soul“ wie „Oh Johnny“ und auch „Mercedes Dance“.
Jan Delay, dem Meister des deutschsprachigen Funk & Souls,
gelingt an diesem Abend etwas, woran schon andere gescheitert sind.
Er bringt schwarze Musik und harten Rock unter einen Hut und tanzbar
bleibt es trotzdem. Vielleicht verstört dies die Puristen am
meisten. Aber es war wohl keiner von ihnen an diesem Donnerstagabend
in der Göttinger Stadthalle. Orthodoxie verträgt keine gute Laune.
Weil es Dely ernst ist mit der Rockmusik, bringt er auch noch Stücke
von Lennie Krawitz, den Beastie Boys und Blur. Die passen eben ins
Konzept der bedingungslosen Party. Als „Sie kann nicht tanzen“
läuft, kocht die Stadthalle.
Diese drei können tanzen. |
Die Band tanzt vor
und wir, das Publikum, wir tanzen mit. Die Bläser hüpften wie
zuletzt Jake und Elwood Blues und die Background-Vocals
shoo-woow-dy-wappen wie einst die Supremes und das alles zu
Rockgitarren. Und sie können das Tempo halten bis zur letzten Zugabe und das kann nur "Auf St. Pauli brennt noch Licht" sein. Was sonst?
Doch Vorkenntnisse
sind an diesem Abend in der Stadthalle keine Voraussetzung für
uneingeschränkten Konzertgenuss. Jan Delay und Disko Nr. 1 sind
einfach der Hammer. Im nächsten Frühjahr kommen sie wieder nach
Göttingen und dann geht die Party weiter. Er versprach am Donnerstagabend das geilste Konzert der Welt und wir, das Publikum, wir glauben ihm. Ich habe mein
Ticket für den Hüftgold-Abbau schon.
Das Festival
Das komplette Konzert in der NDR-Mediathek
Die offizielle Delay-Website
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