Für alle ein Gewinn
Erich Sidler gelingt mit "Homo Empoathicus"
Bester hätte der Einstand kaum sein können. Mit "Homo Empathicus" von Rebekka Kricheldorf eröffnete Erich Sidler am Freitag die Spielzeit 2014/15 am Deutschen Theater in Göttingen. Mit dieser Uraufführung zeigte der neue Intendant am Deutschen Theater, dass zeitbezogenes Theater keine düstere Weltschmerz-Litanei sein muss, sondern auch bissig und hintersinnig daherkommen kann. Trotz einiger Längen fügen die Einzelteile zu einer Gesamtaussage zusammen.
In ihren neuestem Stück entwirft Rebekka Kricheldorf eine Insel der Glückseligen. Alles Negative, alles Diskriminierende, alles Ausgrenzend, alles Abgrenzende, alles Individuelle und alles Persönlich wurde aus der Sprache getilgt. Selbst natürliche Begriffe wie jung und alt werden ausgemerzt und durch Konstrukte ersetzt. Mit der Kontrolle über die Sprache haben die Bestimmenden auch die Herrschaft über die Köpfe erlangt.
Trotz aller Gleichmacherei ist gibt es immer noch ein oben und ein unten, gibt es immer noch die Bestimmenden und die Bestimmten, gibt es immer noch Machtverhältnisse im Friede-Freude-Eierkuchen-Land. Nur wird Macht anders ausgeübt. Dies arbeiten Sidler und Kricheldorf sehr gut heraus.
Druck übt das Kollektiv auf das Individuum aus und Herrschaft kommt durch die Hintertür, mit einer wissenschaftlich verbrämten Argumentation, mit der Killerphrase "Es ist doch nur zu deinem Besten". Und über allem hängt der Zwang zur permanenten Besserung.
Karl Miller in der Rolle als Ernährungsberater treibt dieses Prinzip bis auf die diabolische Spitze. Nicht einmal mehr über das Privateste, Ernährung und Verdauung, darf der entprivatisierte Mensch bestimmen. Wer sich nicht so verhält, wird zwangstherapiert wie Chris. Benedikt Kauff wandelt als seditierter Teenagers immer am Rande des Nervenzusammenbruchs und wird der Rolle damit vollkommen gerecht.
Nicht das Kollektiv ist der Held, sondern die Besitzer der Weisheit, die neuen Helden einer eingeebneten Gesellschaft. Florian Eppinger spielt den Professor Möhring als Mastermind der Menschenfreunde souverän. Gabriel von Berlepsch interpretiert den Mo mit geschmeidigen Bewegungen als einen Michael Jackson der Coachingszene. Rebbecca Klingenberg macht als Dr. Oscho deutlich, das eine Psychologin, äh 'tschuldigung, eine Wegsprechende auch andere Wege hat, um Störungen glatt zu bügeln.
Das Deutsche Theater
Das Stück
Die Autorin Rebekka Kricheldorf
Der Intendant Erich Sidler
Bester hätte der Einstand kaum sein können. Mit "Homo Empathicus" von Rebekka Kricheldorf eröffnete Erich Sidler am Freitag die Spielzeit 2014/15 am Deutschen Theater in Göttingen. Mit dieser Uraufführung zeigte der neue Intendant am Deutschen Theater, dass zeitbezogenes Theater keine düstere Weltschmerz-Litanei sein muss, sondern auch bissig und hintersinnig daherkommen kann. Trotz einiger Längen fügen die Einzelteile zu einer Gesamtaussage zusammen.
In ihren neuestem Stück entwirft Rebekka Kricheldorf eine Insel der Glückseligen. Alles Negative, alles Diskriminierende, alles Ausgrenzend, alles Abgrenzende, alles Individuelle und alles Persönlich wurde aus der Sprache getilgt. Selbst natürliche Begriffe wie jung und alt werden ausgemerzt und durch Konstrukte ersetzt. Mit der Kontrolle über die Sprache haben die Bestimmenden auch die Herrschaft über die Köpfe erlangt.
Mo(2.v.r.) gehört zu den heimlichen Herrschern in dieser befriedeten Gesellschaft. Foto: Th. Aurin |
Druck übt das Kollektiv auf das Individuum aus und Herrschaft kommt durch die Hintertür, mit einer wissenschaftlich verbrämten Argumentation, mit der Killerphrase "Es ist doch nur zu deinem Besten". Und über allem hängt der Zwang zur permanenten Besserung.
Karl Miller in der Rolle als Ernährungsberater treibt dieses Prinzip bis auf die diabolische Spitze. Nicht einmal mehr über das Privateste, Ernährung und Verdauung, darf der entprivatisierte Mensch bestimmen. Wer sich nicht so verhält, wird zwangstherapiert wie Chris. Benedikt Kauff wandelt als seditierter Teenagers immer am Rande des Nervenzusammenbruchs und wird der Rolle damit vollkommen gerecht.
Nicht das Kollektiv ist der Held, sondern die Besitzer der Weisheit, die neuen Helden einer eingeebneten Gesellschaft. Florian Eppinger spielt den Professor Möhring als Mastermind der Menschenfreunde souverän. Gabriel von Berlepsch interpretiert den Mo mit geschmeidigen Bewegungen als einen Michael Jackson der Coachingszene. Rebbecca Klingenberg macht als Dr. Oscho deutlich, das eine Psychologin, äh 'tschuldigung, eine Wegsprechende auch andere Wege hat, um Störungen glatt zu bügeln.
Der Wilde ist in die Welt der Empathischen einge- derungen. Alle Fotos: Th. Aurin |
Das Deutsche Theater
Das Stück
Die Autorin Rebekka Kricheldorf
Der Intendant Erich Sidler
Kommentare
Kommentar veröffentlichen