Mittwoch, 29. Mai 2024

Wenn der Applaus donnert wie die tosende See

 Zucchini Sistaz bei den Kreuzgang Konzerten

Zu dieser Auswahl kann man dem Team der Kreuzgangkonzerte nur gratulieren, denn besser konnte der Auftakt nicht sein. Die Zucchini Sistaz eröffneten die Spielzeit 2024 mit einem traumhaften Konzert und zum Schluss gab es Applaus, der wie die tosenden See donnerte. Damit toppte das Trio aus Münster die Premiere vor zwei Jahren.

Die drei Damen haben ein neues Programm im Seesack und das lautet "Tag am Meer". Es geht um Sehnsüchte, Romantik und andere Klischees, die Landratten mit der Seefahrt verbinden. Es ist eine Thematik aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, als sich die Menschen in zahlreichen Krisen in die Ferne weggeträumt haben oder gehofft haben, dass der Seemann etwas Abwechslung in den Alltag bringt. Diese Phänomen erlebt derzeit eine Renaissance und deswegen ist es das richtige Programm für die Jetztzeit.

Alle Frauen an Bord, es kann losgehen.
Fotos: Kügler 

Es ist eine Mischung aus Jazz, Blues und Rumba, die so schön temporeich swingt. Angesichts des Durchschnittsalters im Publikum ist es gut, dass Sinje Schnittker, Jule Balandat und Tina Werzinger mit ihre Versions von Trenets "La mer" das Tempo herausnehmen. Wer weiß, was sonst noch passiert wäre. 

Es swingt so schön und die Zucchini Sistaz sind die kleinste Big Band der Welt. Dafür sorgt vor allem Sinje Schnittker als Multiinstrumentalistin. Dem Publikum bietet das Trio eine strikte Rollenverteilung und damit eine einfache Identifikationsmöglichkeit. Da ist die stille Sinje Schnittker in der Rolle des stillen Genies, Tina Werzinger an Gitarre und Mikrofon als femme fatale und Bassistin Jule Balandat als leader of the pack. 

Das Spiel mit dem Publikum beherrschen die Drei meisterhaft. Man nimmt ihnen ab, dass das, was sie gerade sagen und performen nur für das Publikum im Walkenrieder Kreuzgang gedacht ist. Das gerät zwischendurch zum Selbstzweck und man wünscht sich "Mädels, redet nicht so viel, spielt und singt lieber".

Kein Konzert sondern eher ...

Der Begriff Konzert bezeichnet den Abend im Kreuzgang nur unzureichend. Es ist eher eine Perf0ormance. Alle Bewegungen der Musikerinnen sind ein einstudiert und sitzen und die Garderobe gehört genau so dazu. Im ersten Teil orientiert sich die Bekleidung an der Seefahrer-Romantik der 30er Jahre, im zweiten Teil an der Südsee-Sehnsucht der 50er Jahre. Der Auftritt ist auch ein Spiel mit dem Klischees und weil Klischees immer da sind, hat der Auftritt der Zucchini Sistaz einen Hauch von Comedy und Satire. 

Sinje Schnittker, Tina
Werzinger 
und Jule
Balandat im Profil.
Diese eingeübten Rollen drehen sie gern mal um. Geht es im Original von "Copacabana" um eine gealterte Tänzerin aus einem zweitklassigen Nachtclub selben Namens, dreht sich die Version der Zucchini Sistaz um einen alten Mann, der sich an der Copacabana in eine Tänzerin verliebt und ihr verfällt. Dass ein Song der Beach Boys eines Tages mal im altehrwürdigen Kreuzgang gespielt, das hat Brian Wilson nie zu träumen gewagt. Zu seinem "Fun, fun, fun" wird eine junge Frau, die das will, was zu Zeiten der Beach Boys den Männern vorbehalten war, nämlich fahren, fahren, fahren. Emanzipation im 4/4 Takt.

Der Auftritt ist klar strukturiert. Vor der Pause Nordsee, nach der Pause Südsee. Musikalisch wird es im zweiten Teil vielfältiger und Band und Trio sind mittlerweile so gut aufeinander eingespielt, dass beim "Hey (Nah Neh Nah)" von Vaya con Dios die Zuhörer ungefragt zu Mitsängern werden. So kommt zum Schluss das, was kommen muss: donnernder Applaus, einige Zugaben und die Zusage, 2026 wiederzukommen. Vielleicht haben sie dann Götz Alsmann im Gepäck. Schließlich haben die drei Grazien mit dem Grandseigneur der gepflegten Unterhaltung gerade was am Laufen. Man kann sich schon jetzt drauf freuen. 

   



Das Programm der Kreuzgangkonzerte.

Der Heimathafen der Zucchini Sistaz

Die Entdeckung der Kreuzgangkonzerte 2022


    

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