Zum Schluss gab es Tränen
Eine beeindruckende Gala bei den Nordhäuser Ballett-Tagen
Wenn es am Schönsten ist, soll man gehen, heißt es. Am Freitag verabschiedete sich Jutta Ebnother als Chefin der Ballettkompanie Nordhausen mit einer beeindruckenden Gala der Ballett-Tage. Die Gäste aus Hamburg, Dresden, Gießen , Gera und Stuttgart zeigten einen abwechslungsreichen Querschnitt durch das Tanztheater in Deutschland. Den Schlusspunkt setzten die Gastgeber mit einem Ausschnitt aus ihrem Erfolgsstück "Geliebte Clara".
Die Choreographie des Abend ließ nicht zu wünschen übrig. Den Höhepunkt gab es gleich zu Anfang mit dem Bundesjugendballett. Die acht Tänzerinnen und Tänzer aus dem Ballettzentrum Hamburg zeigten eine Choreographie von John Neumeier zu Bachs Suite 3 in D-Dur. Obwohl schon 35 Jahre alt, ist ein immer noch aktueller Beitrag zur Situation des Tanztheater.
Der erste Satz ist für eine Neumeier-Inszenierung überraschend klassisch, geradezu ein Bekenntnis zur Tradition des Balletts. Viel Hebefiguren, viele Pirouetten, viel Spitze und Tänzerinnen im Tutu. Große raumgreifende Bewegungen vor allem in der Bühnendiagonale. Es wirkt mitunter wie eine Aufwärmübung im positiven Sinne, pure Ästhetik. Die Bühne ist strahlendes Licht und kräftige Farben getaucht. Auf alle Fälle ist dies ein Fest der Bewegung zu einer jubilierenden Musik.
Dann kommt der zweite Satz und alles ist anders. Ach ja, der zweite Satz, den kennen sie. Es ist der, in dem das Cello so auf der G-Saite herumjammert. Das Pas de deux erzählt jetzt in kargen Farben eine Geschichte von Liebe von Ablehnung, vom Wechselspiel einer Beziehung. Die raumgreifenden Schritte in der Diagonalen sind nicht mehr da, das Paar verbleibt anfangs in der Bühnenmitte. Es umarmt sich, stößt sich ab und fängt sich wieder auf. Da liegt soviel Innigkeit und Initimität in dieser Choreographie, dass man nur noch zuschauen möchte.
Überhaupt ist der Abend vom Thema "Paarbildung" dominiert. Auch in "Muted" tanzt das Bundesjugendballett ein Pas de deux in der Choreographie von Sasha Riva die Geschichte einer Beziehung, die im höchsten Maße scheitert. Dabei geht es durch alle Stufe, von der Anziehung über die Hingabe bis zur Ablehnung. Zum Schluss ist sie tot. Alle Farbigkeit ist verschwunden. Die Konzentration auf die Bewegung steigert die Tiefe der Gefühle. Diese Emotionalität berührt jeden. Das Stück fesselt so sehr, dass man wünscht, dieser Abend ginge nie zu Ende.
Auch der dritte Auftritt des Bundesjugendballetts berührt mit dieser tiefen Emonalität. "How beautiful is heaven" ist eine radikale Absage an ein Leben im Kummer. Der Tod erscheint in der Choreographie von Zhang Disha als eine Form des Glücks.
Der Wunsch, dass dieser Abend nie enden möge, wird durch den Wunsch ersetzt, dass er gleich und sofort enden möge, damit die wunderbaren Bilder im Kopf bleiben und der Moment des Erstaunens ewig währt.
Das Thüringer Staatsballett Gera/Altenburg gibt im Namen der Generation "Beziehungsunfähig" ein tänzerisches Statement ab. Der Choreographie von Silvana Schröder liegt ein Song von Peter Gabriel zugrunde, in dem der Altmeister des Psycho-Pops von den Hindernissen bei der Kontaktaufnahme singt. Stefania Mancini und Filip Kvaćák setzen diese Isolation in bewegender Weise um. Da ist das Leben, dass ihnen wie Staube zwischen den Finger zerrinnt. Erst tanzen sie als Solitäre, dann finden sie zueinander und zum Schluss bleibt er allein zurück, nachdem sie den Weg allen Irdischen gegangen ist.
Alte Bekannte bei den Ballett-Tage in Nordhausen ist die Tanzcompagnie des Stadttheaters Gießen. Ihr Ausschnitt aus "Petruschka" erzählt in schnellen und rasanten Szenen von einer Menage á trois, die aber auf Einseitigkeit beruht. Im Ringen um die Gunst der Liebsten steht eindeutig der athletische Anteil im Vordergrund. Auch das ist Tanztheater heute.
Für die heiteren Seiten ist am diesem Abend Gauthier Dance aus Stuttgart zuständig. "Alte Zachen" ist eine Choreographie von Nadav Zelner zum Gospelsong "Rock my Soul in the Bosom of Abraham". Maurus Gauthier und Alessio Marchini dürfen befreit auftanzen, ihrem komödiantischen Talenten freien Lauf lassen und über Einsamkeit und gemeinsame Wege philosophieren und herumalbern.
Floating Flowers beginnt beginnt als Statement des Gespenstischen. Sandra Bourdais verharrt im Reifrock am Rand der Bühne. Ihr Tanz ist auf rotierende Armbewegungen reduziert. Doch dann kommt der gelungen konstruierte und heitere Bruch des Schwersinnigen. Die Tänzer wächst und unter dem Rock kommen männliche Beine zum Vorschein. Es ist schon eine atheltisch Höchstleistung, wie Maurus Gauthier die Partnerin bei ihrem Solo rasant auf der Diagonale bewegt und den gesamten Raum ausmisst. Dann kommt die Trennung der einigen Figur und das Solo wird zum Pas de deux, der mit überraschenden und witzigen Einfällen und einem grandiosen Finale überzeugt.
Bevor die Ballettkompanie Nordhausen mit der bewegenden Schlussszene aus "Geleibte Clara" den dramatischen Schlusspunkt an diesem Abend setzt, verabschiedet sich Jutta Ebnother mit bewegten Worten und viel Dank vom Ensemble, den Kollegen und dem Publikum. Der neue Ballettchef Ivan Alboresi tritt in sehr, sehr große Fußstapfen.
Das Publikum wiederum bedankt sich für zwölf schöne Jahre und für eine berauschende Gala mit langanhaltenden und donnernden Applaus. Die nächste Ballett-Gala gibt es 2017 bei den Schlossfestspielen in Sondershausen.
Die Homepage des Bundesjugendballets
"Geliebte Clara" am Theater Nordhausen
Der Spielplan am Theater Nordhausen
Wenn es am Schönsten ist, soll man gehen, heißt es. Am Freitag verabschiedete sich Jutta Ebnother als Chefin der Ballettkompanie Nordhausen mit einer beeindruckenden Gala der Ballett-Tage. Die Gäste aus Hamburg, Dresden, Gießen , Gera und Stuttgart zeigten einen abwechslungsreichen Querschnitt durch das Tanztheater in Deutschland. Den Schlusspunkt setzten die Gastgeber mit einem Ausschnitt aus ihrem Erfolgsstück "Geliebte Clara".
Die Choreographie des Abend ließ nicht zu wünschen übrig. Den Höhepunkt gab es gleich zu Anfang mit dem Bundesjugendballett. Die acht Tänzerinnen und Tänzer aus dem Ballettzentrum Hamburg zeigten eine Choreographie von John Neumeier zu Bachs Suite 3 in D-Dur. Obwohl schon 35 Jahre alt, ist ein immer noch aktueller Beitrag zur Situation des Tanztheater.
So viel klassisches Ballett traut man John Neumeier
gar nicht zu. Foto: Silvano Ballone |
Dann kommt der zweite Satz und alles ist anders. Ach ja, der zweite Satz, den kennen sie. Es ist der, in dem das Cello so auf der G-Saite herumjammert. Das Pas de deux erzählt jetzt in kargen Farben eine Geschichte von Liebe von Ablehnung, vom Wechselspiel einer Beziehung. Die raumgreifenden Schritte in der Diagonalen sind nicht mehr da, das Paar verbleibt anfangs in der Bühnenmitte. Es umarmt sich, stößt sich ab und fängt sich wieder auf. Da liegt soviel Innigkeit und Initimität in dieser Choreographie, dass man nur noch zuschauen möchte.
Überhaupt ist der Abend vom Thema "Paarbildung" dominiert. Auch in "Muted" tanzt das Bundesjugendballett ein Pas de deux in der Choreographie von Sasha Riva die Geschichte einer Beziehung, die im höchsten Maße scheitert. Dabei geht es durch alle Stufe, von der Anziehung über die Hingabe bis zur Ablehnung. Zum Schluss ist sie tot. Alle Farbigkeit ist verschwunden. Die Konzentration auf die Bewegung steigert die Tiefe der Gefühle. Diese Emotionalität berührt jeden. Das Stück fesselt so sehr, dass man wünscht, dieser Abend ginge nie zu Ende.
Muted ist die Choreographie einer gescheiterten Beziehung. Foto: Silvan Ballone |
Der Wunsch, dass dieser Abend nie enden möge, wird durch den Wunsch ersetzt, dass er gleich und sofort enden möge, damit die wunderbaren Bilder im Kopf bleiben und der Moment des Erstaunens ewig währt.
Das Thüringer Staatsballett Gera/Altenburg gibt im Namen der Generation "Beziehungsunfähig" ein tänzerisches Statement ab. Der Choreographie von Silvana Schröder liegt ein Song von Peter Gabriel zugrunde, in dem der Altmeister des Psycho-Pops von den Hindernissen bei der Kontaktaufnahme singt. Stefania Mancini und Filip Kvaćák setzen diese Isolation in bewegender Weise um. Da ist das Leben, dass ihnen wie Staube zwischen den Finger zerrinnt. Erst tanzen sie als Solitäre, dann finden sie zueinander und zum Schluss bleibt er allein zurück, nachdem sie den Weg allen Irdischen gegangen ist.
Alte Bekannte bei den Ballett-Tage in Nordhausen ist die Tanzcompagnie des Stadttheaters Gießen. Ihr Ausschnitt aus "Petruschka" erzählt in schnellen und rasanten Szenen von einer Menage á trois, die aber auf Einseitigkeit beruht. Im Ringen um die Gunst der Liebsten steht eindeutig der athletische Anteil im Vordergrund. Auch das ist Tanztheater heute.
My Body is a Cage ist ein Statement der Generation
"Beziehungsunfähig". Foto: Stefan Walzl
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Floating Flowers beginnt beginnt als Statement des Gespenstischen. Sandra Bourdais verharrt im Reifrock am Rand der Bühne. Ihr Tanz ist auf rotierende Armbewegungen reduziert. Doch dann kommt der gelungen konstruierte und heitere Bruch des Schwersinnigen. Die Tänzer wächst und unter dem Rock kommen männliche Beine zum Vorschein. Es ist schon eine atheltisch Höchstleistung, wie Maurus Gauthier die Partnerin bei ihrem Solo rasant auf der Diagonale bewegt und den gesamten Raum ausmisst. Dann kommt die Trennung der einigen Figur und das Solo wird zum Pas de deux, der mit überraschenden und witzigen Einfällen und einem grandiosen Finale überzeugt.
Bevor die Ballettkompanie Nordhausen mit der bewegenden Schlussszene aus "Geleibte Clara" den dramatischen Schlusspunkt an diesem Abend setzt, verabschiedet sich Jutta Ebnother mit bewegten Worten und viel Dank vom Ensemble, den Kollegen und dem Publikum. Der neue Ballettchef Ivan Alboresi tritt in sehr, sehr große Fußstapfen.
Das Publikum wiederum bedankt sich für zwölf schöne Jahre und für eine berauschende Gala mit langanhaltenden und donnernden Applaus. Die nächste Ballett-Gala gibt es 2017 bei den Schlossfestspielen in Sondershausen.
Die Homepage des Bundesjugendballets
"Geliebte Clara" am Theater Nordhausen
Der Spielplan am Theater Nordhausen
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