Im Grunde genommen sehr lutherisch
Bach-Consort und Capelchor präsentieren zurückhaltende Johannes-Passion
War es nun die vorgezogene Eröffnung der Spielzeit oder doch ein Sonderkonzert? Auf jeden Fall spielten das Bach-Consort und der Capelchor aus Halle am Sonnabend Bachs Johannes-Passion im Kreuzgang im Kloster Walkenried. Unter der Leitung Wolfgang Kupke zeigten sie verinnerlichte und zurückgenommene Version der Leidensgeschichte und waren zutiefst lutherisch.Das Werk gilt als einer der Höhepunkte im Schaffen von Johann Sebastian Bach. In der Johannes-Passion schafft er es, Gefühle wie Trauer, Wut oder Verzweiflung musikalisch auszudrücken und dieses innerhalb von knapp 2 Stunden. Bachs Matthäus-Passion ist da deutlich ausladender.
Das Instrumentarium war überschaubar.
Alle Fotos: tok
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In dem Bemühen um eine historische Aufführungspraxis war da Bach-Consort auch beim Kreuzgangkonzert konsequent. Nikolaus Gädeke tauschte das Cello gegen die Viola da gamba, Annelie Matthes die Oboe gegen die Oboe da gaccia und beide Querflöten im Ensemble sind Holzinstrumente. Dies verschiebt die Grundstimmung nach unten und damit in den weicheren Tonraum.
Damit hat Leiter Wolfgang Kupke die klanglichen Möglichkeiten des Ensembles enorm erweitert. Dies zeigt sich an diesem Abend mehrmals, zum Beispiel im dritten Rezitativ des ersten Teils. Nach dem Verrat durch Judas stürzt hier die Stimmung ohne Bruch von himmelhoch jauchzend auf das "Zu Tode betrübt"-Niveau. Diese so wiederzugeben, stellt schon gehobene Anforderungen an die Musiker.
Kathleen Danke war die Überraschung des Abends. |
Die Überraschung des Abends erlebt das Publikum schon nach dem nächsten Rezitativ. Im Sopran-Solo zeigt Kathleen Danke eine ausgereifte Leistung. Mit einer vorsichtigen Portion tremolo in der Stimme wirkt sie eher knabenhaft. Sie klingt leicht fast schön fröhlich. Auch hier sorgen die Holzbläser mit Bassbegleitung für eine kontrastierte Grundlage.
Stephan Scherpe liefert in der letzten Arie des ersten Teils ein reifes Wechselspiel mit dem Chor. Der Tenor kann hier seine ganze Erfahrung als einer der markantesten Bach-Interpreten Mitteldeutschlands ausspielen.
Der zweite Teil belegt dann die These, dass Bachs Musik zutiefst protestantisch und durch und durch lutherisch. Im Zentrum steht nicht das Leiden Christi am Kreuz sondern die Auseinandersetzung mit Pontius Pilatus. Roms Statthalter baut dem Messias goldene Brücke. Immer wieder unterbreitet er ihm Vorschläge, wie er dem sicheren Tod am Kreuz entgehen könnte. Doch Jesus ist fest im Glauben und schicksalsgewiss. Das erinnert deutlich an Martin Luther und sein Zitat vom "Hier stehe ich, ich kann nicht anders".
Zum Schluss lobte der Dirigent sein Ensemble |
Doch das Resümee ist ein anderes, denn im Dunkel gibt es immer Licht. Musik als Fortsetzung r Theologie mit anderen Mittel: Das ist der Predigt-Anteil im Werk von Johann Sebastian Bach. Somit lautet das Fazit zum Beginn der Karwoche: Berührend, zum Teil auch ergreifend, aber nie erdrückend.
Musikerin #1: Annette Markert
Musikerin #2 Kathleen Danke
Musiker #1: Stephan Scherpe
Musiker #2: Gotthold Schwarz
Kreuzgangkonzerte #1: Das Programm
Kreuzgangkonzerte #2: Die Historie
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