Montag, 22. Mai 2017

Das ist wohl allerfeinste Sangeskunst

Das Ensemble 1700 zeigt Lucio Cornelio Silla als szenische Darstellung

Das ist wahrlich ein Kontrastprogramm. Nach der Premiere des bombastischen "Lotario" gab es am Samstag bei den Händel-Festspielen die Oper "Lucio Corneli Silla" als szenische Darstellung. Das Ensemble 1700 unter der Leitung von Dorothea Oberlinger und die sieben Sängerinnen und Sänger glänzten mit Tonkunst der allerfeinste Art.

Eine Festspieloper mit Glanz und Gloria im Großen Haus des Deutschen Theaters und eine reduzierte Oper in der Stadthalle. Kann das überhaupt aufgehen? Machen sich die Festspiele dabei nicht selbst Konkurrenz. Nein, es geht auf, denn diese Konzept bedient zwei unterschiedliche Aspekt des Musiktheaters.


Die nüchterne Atmosphäre der Stadthalle und der Verzicht auf ein Bühnenbild ermöglichen die volle Konzentration auf die Musik. Für dieses Händel-Destillat ist das Ensemble 1700 wie geschaffen. Die 15 Musiker haben viel Spaß an ihrem Schaffen und diesen Spaß können sie von der ersten Minute an vermitteln. Der Funke springt sofort über auf das Publikum.

Anna Dennis als Metella.
Alle Fotos: tok
Nachdem Dorothea Oberlinger bereits vor zwei Jahren als Flötistin im Eröffnungskonzert begeistern konnte, hat sie mit einer herausragenden Leistung auch als Dirigentin überzeugt. Es bleibt zu hoffen, dass sie den Festspielen weiterhin im Zwei-Jahres-Rhythmus treu bleibt.

Der Kontrast zwischen den üppigen Kostümen in barocken Stil, den steifen Gesten der Entstehungszeit und der nüchternen Kulissen vor den schwarzen Vorhängen der Stadthalle wirt anfangs etwas befremdlich. Doch so hat das Publikum die Möglichkeit zu erkennen, was authentisch ist und was moderne Zutat. Mit dem Wegfall eines Bühnenbildes und einer Choreographie rückt der Gesang in den Mittelpunkt. So kommt die Aufführung der Idee der reinen Musik ein gehöriges Stück näher.

"Lucio Cornelio Silla" ist ein Frühwerk von Händel, über dessen Entstehung wenig bekannt ist. Die Oper dürfte etwa 1713 entstanden sein. Der junge Komponist probiert hier alle Elemente einer Opera seria aus. Es geht ihm vor allem um das Verhältnis zwischen Sängern und Musiker. Gleich zweimal lässt er Gesang und Instrumente in einen direkten Dialog eintreten.

So am Ende des ersten Aktes als Claudio mit der Posaune kommuniziert, sich beide gegenseitig anfeuern und sich in schwindelerregende Höhen steigern. Der donnernde Applaus ist der verdiente Lohn. Aber auch für den Titelhelden hat der Komponist in der zweiten Szene des zweiten Akts ein Duett mit den Holzbläsern parat.

Flavia und Lepido sind ein Paar.
Überhaupt dominieren die Holzbläser diese Oper. Das verleiht ihr ein weiches Klangbild, dass im deutlichen Kontrast zum wenig lieblichen Libretto steht. Die kleine Besetzung wirkt angenehm zurückgenommen und lässt den Sängern und Sängerinnen ausreichend Platz.

Ansonsten ist Lucio Cornelia Silla eine Oper, die ein wahres Feuerwerk an Koloraturen abfeuert und damit höchste Ansprüche an die Sängerinnen und Sänger stellt. Wie gesagt, Händel wollte ausprobieren, was machbar ist.

Es ist ein Werk für einen Gott, fünf Menschen und einen Menschen, der sich für einen Gott hält. Als Gott Mars hat Bariton Thomas Hansen nur zwei kurze Auftritte, so dass er sich nicht weiter auszeichnen kann.

Die Rolle des Diktator Silla, der sich für einen Gott hält, hat Dmitry Sinkovsk. Leider braucht der Countertenor eine Weile, bis er in die Oper findet. Zu Beginn des ersten und zu Beginn des zweiten Aktes wackelt er in der Stimme deutlich. Doch zum guten Ende nimmt ihn Anna Dennis in der Rolle seiner Gattin an die Hände und beide zaubern ein atemberaubendes Duett in die die Stadthalle.

Helena Rasker glänzt als Claudio.
Überhaupt ist Anna Dennis wieder einmal ein verlässliche Größe bei den Göttinger Händel-Festspielen. Ihre Weltklasse ist an diesem Abend die Basis für eine beeindruckende Leistung und eben jenes Feuerwerk an Koloraturen.

Der andere Pol in dieser szenischen Aufführung ist Helena Rasker in der Rolle des Silla-Kontrahenten Claudio. Ohne Frage hat die Altistin genug Volumen für Männerrolle und auch genug Dynamik. Die kann den Wut und den Zorn des enttäuschten Weggefährten beeindruckend vermitteln und wird zum Schluss mit einem Beifallssturm belohnt.

Doch die Stärke dieser Oper ist die Ausgeglichenheit der Sängerinnen und Sänger. Oberlinger hat nicht nur ein glückliches Händchen bei der Besetzung sondern eben wohl auch klar Vorstellungen von einem gelungenen Gesamtbild. Das Göttinger Publikum konnte sich damit überzeugen.





Händel-Festspiele #1: Die Website
Händel-Festspiele #2: Das Ensemble 1700


Händel Werke #1: Silla bei wikipedia




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