Sonntag, 3. Februar 2019

Viva la Pömpel, viva!

Wie füreinander gemacht: Die stillen hunde lesen Don Quixote

Der Aufführungsort, die Intonation, die Mimik und das Bühnenbild. Es passt alles zusammen. Am Freitag zeigten die stillen hunde ihre Version des Klassikers "Don Quixote" im Rittersaal im Schloss Herzberg. Die Erwartungen wurden übererfüllt, Pöhlde fand seinen Platz in der Kulturgeschichte und das Publikum war schlichtweg begeistert.

Zum Edelmann aus der Mancha hat jeder Bilder im Kopf. Huber und Dehler greifen diese auf. Ein Barhocker und ein Schrubber sind das Pferd Rosinante. Ein Schemel und ein Handfeger mutieren zum Esel. Ein Pömpel wird zur Lanze. Bühnenbild und Requisiten erinnern an dem Don-Quixote-Zyklus von Picasso.

Dann betreten die Matadore die Arena und die Aufgabenverteilung ist gleich deutlich. Sie verbleibt im stille-hunde-Schema. Christoph Huber kümmert sich um die derben Rollen, Stefan Dehler darf filigran sein. Das funktioniert nicht erst seit Laurel und Hardy, Heinrich Eickemeyer und Fritze Brinkmann so. Die Zuschauer können sich schnell orientieren.

The Ritter sings the Blues.
Alle Fotos: Kügler
Ihr Einstieg im Wechsel findet in jenem sachlichen Ton statt, den man von Vorlesern erwartet, gerade bei der umständlichen Sprache vergangener Zeiten. Doch das ist schnell vorbei. Zur Einführung der Personen zeigt Huber Tafeln. Diese sind leer und jeder darf seine Bilder darauf projizieren. Huber  trägt  sie umher wie ein Nummerngirl beim Boxkampf ihre Tafeln.

Dann fällt noch jener Satz, dass die Mancha gewissermaßen der Harz von Spanien sei, nur eben ohne Berge und schon haben die hunde die Zuschauer auf ihrer Seite. Aber die sind sowieso ihre Fans. Die meisten waren schon beim letzten Gastspiel da und beim vorletzten und beim vorvorletzten.

Dehler und Huber beherrschen das Spiel mit dem Publikum wie kaum ein anderes Ensemble. Ein Platz in der der ersten Reihe ist immer gefährlich. Ehe man sich versieht, ist man Teil der Aufführung. So auch an diesem Abend. Es treten auf zwei Professionelle, ein Knecht, eine Herzensdame und eine Angebetene.

Dulcinea wird umgetauft auf Hilde und ihr Wohnort wird nach Pöhlde verlegt. Es folgen noch einige weitere Bemerkungen über Pöhlde. Das macht sich gut und es zeigt, dass sich die hunde beim Veranstalter über das Spannungsverhältnis Herzberg-Pöhlde informiert haben. Da amüsieren sich nicht nur die Helden in Feinripp über die dörflichen Bekleidungsangewohnheiten. 

Vorsicht im Verkehr: Pömpel von rechts.
Dann steigt Dehler auf sein Pferd und das eigentliche Spiel beginnt. Textgetreu arbeiten die beiden Vortragenden diesen Teil ab. Das wirkt gelegentlich langatmig, weil das Publikum auf die bekanten Highlights wartet. Doch Stefan Dehler trumpft hier mit Mimik auf, er jagt sein Gesicht durch alle Stadien der Verblödung und des Erstaunen. Sein Grimassenspiel durchzieht den gesamten Abend und hier läuft er zu großer Form auf. Das Wechselbad der Ereignisse spiegelt sich eins zu eins in seinem Gesicht wieder.

Was ihm sicherlich gelingt, ist die Darstellung des Don Quixote als einen Menschen, der hoffnungslos aus der Zeit gefallen ist, der einfach 150 Jahre zu spät dran ist. Seine Weigerung, dies zu erkennen und die Realität anzuerkennen, macht ihn zur tragischen und zugleich sympathischen Figur. Das schafft Dehler.

Christoph Huber ist an diesem Abend eher beschränkter. Aber das gehört zu den Rollen, die der an diesem Abend lesen und spielen muss. Es sind vor allem diejenigen, die am Ende eine ordentliche Tracht Prügel beziehen.

Ohne Worte. 
So ziehen sie also durch das karge spanische Hinterland, das irgendwo zwischen Herzberg und Pöhlde liegt. Der gestelzte, verschrobene und allwissende Edelherr und sein Knappe. Es erinnert ein wenig an die Ritter der Kokosnuss aus Monty Pytons Flying Circus.

In der gewohnten Art und Weise spielen Dehler und Huber auch hier ihrer Frotzeleien aus. Geben sich gegenseitig Ratschläge zur Darstellung und Regieanweisungen. Manchmal geraten diese gespielten Eifersüchteleien sogar in den Vordergrund.

Die stillen hunde arbeiten sich nicht am gesamten Werk ab, aber die Szene mit den Windmühlen, die darf nicht fehlen. Damit das Publikum diese in allen Feinheiten genießen darf, haben Dehler und Huber hier jede Menge Slow-Mo-Technik hereingepackt. Manchmal ist das Lachen schon da, bevor der Gag ausgereizt ist. Man weiß ja, was unweigerlich kommen wird.

Auch die Schlacht gegen die Schafe und Hirten wird detailgetreu wiedergegeben und einige andere Raufereien. Am Ende steht eine Netto-Spielzeit von drei Stunden. Den Getreuen unter den Fans ist das recht. Aber es gibt durchaus noch Möglichkeiten der Zuspitzung.

Sie scheinen aber wie füreinander gemacht, der Ritter von der traurigen Gestalt und sein Knappe und die stillen hunde. Damit ist dies wohl eine der besten Produktionen des Ensembles









Material #1: stille hunde - Die Website
Material #2: Don Quixote - Das Stück

Material #3: Miguel de Cervantes - Der Dichter
Material #4: Don Quixote - Das Buch

Material #5: Stichwort stille hunde - Gesucht und gefunden
Material #6: Die Schatzinsel -  eine hunde-produktion







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