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Zusammenspiel auf höchstem Niveau

Leipziger Bläsersolisten bei den Kreuzgangkonzerten

Am Samstag frech Muse, am Pfingstmontag hohe Kunst. Mit einem Kontrastprogramm eröffneten die Kreuzgangkonzerte Walkenried die 37. Spielzeit. Dabei erstaunten die Bläsersolisten aus dem Leipziger Gewandhaus mit einem Zusammenspiel auf höchsten Niveau.

Diesem Ensemble fehlt nur eins und zwar eine Dirigentin oder ein Dirigent. Aber die elf Musiker aus Leipzig kommen auch ohne Taktstock aus. Ihr Programm "Serenaden zu Pfingsten" zeigte, dass klassische Musik auch ohne Streicher auskommen kann. 

Eine Serenade ist ein Musikstück für die Abendstunden und deswegen mit der Erwartung "ruhig und gelassen" verbunden. Genau dies erfüllt Mozarts 11. Serenade in vier von fünf Sätzen. Das Allegro kommt wahrlich majestätisch daher. Gelassen entwickeln Thomas Ziesch und Ingolf Barchmann an den Klarinetten das Thema, das dann die Blechbläser kontrastieren. Im Wechselspiel von Holz und Metall ergibt sich eine für Mozart ungewohnte Ruhe.

Es ist schon recht voll auf
der kleinen
Bühne.
Alle Fotos: Kügler
Das erste Menuetto übererfüllt die Erwartungen. Dabei ist das fehlerfrei Tanzen im Tutti der erste Beweis des einhelligen Verständnis und blinden Zusammenspiels dieses Ensembles. Das anschließende Adagio wird vom Amanda Taurina und Frank Sonnabend bestimmt. Sie entlocken ihren Oboen einen zauberhaften Klang, der den hohen Raum im Kreuzgang feenhaft und elfengleich füllt.

Im Allegro zieht das Tempo deutlich an. Dieser Satz ist bestimmt vom Trialog zwischen Klarinetten, Oboen und Hörner. Dieser funktioniert tadellos.

In seinem Oktett op. 103 hat Ludwig van Beethoven schon in jungen Jahren diesen Ansatz in der Kammermusik ausgebaut. Die sehr kurzen Soli der Holzbläser werden vom Blech beantwortet, um dann im Tutti ein harmonische Ganzes zu ergeben. Das funktioniert eben nur dann, wenn man sich musikalisch versteht. Bei den Bläsersolisten ist das Verständnis so groß, dass für dieses Werk sogar auf den strukturierenden Kontrabass verzichten können. 

Das Wechselspiel der Instrumentengruppe bestimmt die ersten drei Sätze in op 103 und wer genau hinhört, erkennt im Menuetto das Motiv, das später die 6. Sinfonie, die Pastorale, bestimmen wird. Überhaupt gibt Beethoven hier einen Ausblick auf die kurze Glanzzeit der Holzbläser in der Musik der Frühromantik. Das Leipziger Ensemble weiß dieses sehr gut herauszuarbeiten.

Zu Lebzeiten gehörte Franz Krommer als Kapellmeister am Hof in Wien zu den musikalischen Größen. Heute zählt der Spezialist für Kammermusik eher zu den unbekannten Größen. Auch sein Octett-Partita op. 57 gibt einen Vorgeschmack auf die Romantik. Der Einstieg in das allegro vivace erfolgt kraftvoll im Tutti und bringt die Erkenntnis, dass die Bläsersolisten nicht nur bedächtig können. Im Minuetto presto übernehmen die Hörner die Regie und die Holzbläser antworten nur. 

Das Wechselspiel setzt sich im Adagio fort. Lieder geraten hier wie auch in der anschließenden Alla polacca die Blechbläser so laut, dass von den stimmführenden Oboen nicht viel übrig bleibt.

Zum Abschluss des Abend gibt es in Dvořáks Bläserserenade doch noch Streichereinsatz und das auch noch mit dem vom Komponisten wenig geschätzten Cello. Es ist aber ein düsterer Abend, der im ersten Satz dämmert. Erst das Minuetto bringt den quirligen Dialog von Holz und Metall zurück. Zeitgenosse Smetana hat sich von diesen Passagen hörbar für das Quellen-Thema seiner Moldau-Komposition anregen lassen.

Der Abend endet fulminant Das Staccato der Hörner im Final Allegro Molto greift Motive der Polka auf und das Kopfkino beim Publikum geht an, weil hier jeder Ton sitzt. Nur das Cello hat Schwierigkeiten sich bei diesem Parforceritt Gehör zu verschaffen.

Ihr Zusammenspiel auf höchstem Niveau haben die Bläsersolisten mit dieser Auswahl och einmal bestätigt. Auf jeden Fall belohnt das Publikum diese großartige Leistung mit einer großen Portion Applaus.



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