Montag, 25. Juli 2022

Ein Abend mit einer ordentlichen Prise Wehmut

Kreuzchor verzaubert im Kloster Walkenried 

Walkenried. Es gibt sie, die Ying-und-Yang-Konzert. Der Auftritt des Dresdner Kreuzchors bei den diesjährigen Kreuzgangkonzerten in Walkenried gehört bestimmt dazu. Spätestens nach fünf Minuten ist man im Einklang mit sich, der Welt, dem Universum und dem ganzen Rest. Am Ende des Abend verzeiht man nicht nur den ärgsten Feinden, sondern auch der eigenen Verwandtschaft. 

Der Abend stand unter dem Motto "Sing beim Abschied leise Servus". Es war der letzte Auftritt auf der Sommerreise der Kruzianer und damit der Abschied von den Primaner. Traditionell verlassen zu diesem Konzert die Abiturienten nach jahrelanger Mitgliedschaft im Chor das Ensemble. 

Aber es war auch der Abschied von Roderich Kreile. Nach 25 Jahren als Kantor der Kreuzgemeinde hatte er in Walkenried seinen letzten Auftritt mit seinem Chor. Das ist dem "mdr" sogar einen eigenen Beitrag wert, so dass der Kameramann ständig im Bild war.

Der Kreuzchor ist in erster Linie immer noch der Chor das Kreuzgemeinde Dresden, damit ein geistliches Ensemble und weil man als solches in Erinnerung bleiben möchte, tauchte man die Programmblöcke. Erst säkulär und dann sakral. Die hohe Kunst bestimmt darin, e3inmalige Erlebnisse zu schaffen. An diesem Abend war alles dafür vorbereitet und es wurde eben auch einmaliges Erlebnis.

Die weltliche Musik begann mit drei Werken deutschsprachiger Romantik. Das war technisch hochwertig und auch ausdrucksstark. Aber für  den Höhepunkt im ersten Teil sorgten eben die Abgänger. Diese hatten nämlich einen eigenen Block aus drei Songs vorbereitet und bewiesen damit, das Kruzianer auch A Capella können. 

Geriet "The Lion sleeps tonight" vielleicht einen Tuck zu schnell, so war der Token-Klassiker der passende Einstieg. "Wenn die Sonja russisch tanzt" gehörte bis zu diesem Konzert eher zu den unbekannten Werken der Comedian Harmonists. Den schnellen Wechsel vom Weeemmawee der Token zum russisch animierten Gebrumme schafften die 13 jungen Barden fehlerfrei. Zufall oder Absicht? Egal. Dass in diesem Lied ein Trampeltier namens Wladimir vorkommt, sorgte für zahlreiche Schmunzler. 

Gerade mal 10 Jahre alt ist "Deutsche Bahn" von den Wise Guys schon ein Klassiker des deutschen A- Cappella-Gesangs. Sich mit diesem aktuellen Thema und Material zu beschäftigen, zeugt von dem Selbstvertrauen der Kruzianer. Die Fähigkeit, diesem Song ein eigenes Leben zu verleihen und die Vorgabe nicht einfach nachzuträllern, spricht für das hohe Niveau des Ensembles. In diesem Sinne: "Sänk ju for singing se Deutsche Bahn". 

Doch für den Höhepunkt sorgte der Chor in seiner Gesamtheit. "What a wonderful World" gesungen von Kinderstimmen sorgte für Gänsehaut und Pippi im Auge. Die glasklaren Stimmen lassen die Idylle des Songs umso mehr mit der Realität kontrastieren und lässt den Wunsch nach Friede und Freude umso größer werden. Man muss Kreile zu dieser Auswahl gratulieren, denn damit setzte er die Intention des Komponisten George David Weiss mit 55 Jahren Verzögerung um.

Aber nicht alles gelingt in diesem Teil des Programms. Gershwins "Summertime" an einem lauen  Sommerabend von einem Kinderchor singen zu lassen, ist gut gemeint, zerfleddert aber diesem Meilenstein der Musikgeschichte. Es ist ein ironische Arie an die Armut und verträgt keinen Schmelz. Da ist nichts zu hören vom Schmerz der schwarzen Fischer in der Volksoper "Porgy & Bess".

Dann sakral

Aber mit der Bach-Mottete kurz vor der Pause bügelt der Kreuzchor diesen faux pas wieder aus. Das der zweite Teil nicht so reich an Höhepunkte ist, kann man nicht dem Ensemble anrechnen. Es liegt einfach an der Literatur in der sakralen Chormusik gab es in den letzten 800 Jahren nur wenige Neurungen. Innerlichkeit reiht sich an Innerlichkeit.

Es wieder ein Mottete, diese Mal von Brahms, mit dem die Kruzianer ihren meisterlichen Satzgesang präsentieren können. Von den Fans sehnsüchtig erwartet setzt das "Laudate dominum" den dynamischen Schlusspunkt. endlich einmal darf der Chor mit seiner Stimmgewalt glänzen und das Tempo erhöhen. 

Ohne großen Widerstand gibt der Kreuzchor zwei angekündigte Zugaben und zum Schluss bleibt die Bühne den Abgängern überlassen. "Heilig ist der Herr" bringt das Publikum zurück in diesen Zustand von glückseliger Verzückung, Einklang mit dem Universum und den ganzen Rest und zurück zum Friedensangebot an die eigene Verwandtschaft. Solche Konzert sind einmalig. 







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