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Ein Konzert mit Kontrasten

YoYo und B.B. & The Blues Shacks lassen alte Zeiten aufleben

Der Förderverein der Stadthalle Northeim hat Mut bewiesen. Auf die Idee, eine Reggaeband und ein Bluesband und ein Dach zu bringen, sind bisher nur wenige gekommen. Auf jeden Fall ist es aber aufgegangen.

Klassentreffencharakter, vielleicht kann die Atmosphäre so bezeichen . Klassentreffen? Ja, man weiß, dass man sich aus alten Zeiten kennt oder kennen sollten. Dennoch gibt es da eine gewisse Distanz, die man erst mal langsam abbauen. Auch das Publikum machte diese Distanz deutlich, obwohl man sich doch eigentlich bestens kennt.

Yoyo macht das aber nicht aus. Mit "I shot the sheriff" gehen die sieben gleich in vollen. Damit gehen sie durch das Risiko ein, ihr Pulver zu schnell zu verschießen, denn das Set der Vorband besteht ja nur aus 12 Songs und es ist auch auf der Bühne ein wenig wie Klassentreffen, denn Jojo hat zurückgefunden. Sein Tastenspiel reiht sich an diesem Abend nahtlos ein in das Ensemble.

Till zeigt seine Klasse als Solist. Alle Fotos: Tok
Eigentlich könnte der Auftakt nicht besser sein. Der Bass wummert, das Keyboard wimmert, die Percussion breitet einen ordentlichen Rhythmusteppich aus und Till legt ein ordentlich Gitarrensolo hi. Heiko singt stimmig und gefühlvoll und macht die latente Aggressivität in diesem Song deutlich und Heike setzt die passende "Huhuhus". So muss Reggae sein.

Was nicht so sein muss, ist der bestenfalls mittelmäßige Sound in de Gesangspartien. Die Stimmen versacken im Sumpf der Mitte. Keine Spitzenöne in de Höhen und kein bassiges Gebrummel und das Text-Verständnis tendiert gegen Null.

Bei "Could you be loved"  ist es das gleiche Dilemma. Auf der Bühne eine Klasseband, die Spaß hat an dem, was sie spielt und die wegen der Unzulänglickeit der Technik nur einen Teil dieses Spaßes vermitteln kann. Den Fans ist es egal. Die Zahl der Mittänzer steigt langsam aber stetig und bei "Stir it up" kommt dann Stimmung auf. Northeim macht es seinen musikalischen Töchtern und Söhnen trotzdem nicht einfach.

Die Arlt-Brüder sind Rampensäue
Doch die haben Spaß mit dem was sie machen und je länger der Abend dauert. Tills Soli werden immer ausgefeilter und mit den Cover-Versionen von "Come together" und "Konockin' on Heavens Door" zeigen sie, dass irgendwie alles Reggae sein kann, wenn man es nur lässt.  Dann sind die 12 Stück durch und das Set ist durch, aber das Publikum lässt die Sieben dann doch nicht so sang- und klanglos gehen und erklatsch sich noch eine Zugabe. Klassentreffen können doch Spaß machen.

Kontrastprogramm ist angesagt. B.B. & The Blues Shacks kommen auf die Bühne und das Publikum rückt ganz dicht an die Rampe heran. Denn dafür hat man ja den Weg in die Stadthalle gemacht. Auch das ist ein Klassentreffen, denn seit mehr als 25 Jahren sind die Hildesheimer immer wieder zu Gast in Northeim und Michael wird sich publikumswirksam daran erinnern.

Was soll man eigentlich noch schreiben über eine Band, die seit langem und unumstritten Europas beste Bluesband ist? Die den Blues am Leben gehalten hat als kühler Elektro-Pop über dem ganzen Kontinent lag?

Der Mann, der schnell spielt als sein Schatten.
Na, ist doch klar. Die Jungs haben immer noch so viel Spaß wie am allerersten Tag und das Publikum hat mindestens genauso viel Spaß vom ersten Ton an. Schon beim Opener "She moves me" ist klar, wo es an diesem Abend lang geht: Straight forward. Andreas Arlt legt gleich eins seiner unvergleichlichen Soli hin. Eigentlich können so endlose Gitarrensoli recht nervtötend sein. Nicht bei Andreas Arlt. Es ist einfach erstaunlich wann und wo er welchen Ton noch aus seinem Instrument zaubert und das alles ohne irgendwelche Effektgeräte. Purer Sound halt. In einem eigenem Stil aus Blues und Soul reiht er Klänge der hektischen Art und Klänge der bedächtigen Art aneinander, ohne dass es Brüche gibt.  Man ist immer gespannt auf den nächsten Ton

Mit Fabian Fritz hat er jetzt einen adäquaten Mann an den Tasten. Die Kinnlade klappt gelegentlich runter, ob der Geschwindigkeit und Präzision mit der er die Töne aus dem Instrument befreit. Doch, die sind da alle drinnen gefangen und wollen möglichst schnell raus. Fabian Fritz ist wohl der Mann, der schneller spielt als sein Schatten.

Das Michael Arlt die Blues Harp zur Kunstform erhoben hat, dass ist an anderer Stelle schon vielfach beschrieben worden und zuletzt hier im April.

Bum-Bum, Bum-Bum, das ist der Rhythmus des Herzens und es ist der Rhythmus des Blues. Deswegen berührt er so tief  und deswegen werden schon beim zweiten Stück die Luftgitarren im Publikum gezückt. Damit ist alles bereit für ein Konzert aus der Kategorie "Herzschrittmacher".  


Northeim #1: Förderverein Stadthalle
Northeim #2: Programm in der Stadthalle

Musik #!1: Yoyo - die Website
Musik #2: B.B. & The Blues Shacks - die Website
Musik #3: der Youtube-Channel von B.B. & The Blues Shacks
Musik #4: der wikipedia-Eintrag zu B.B. & The Blues Shacks
Musik #5: B.B. & The Blues Shacks im Exil in Göttingen









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