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Ein Rausch in Farben und Tönen

Die Märchen-Oper Cendrillon am Theater Nordhausen Leicht und locker und ein Rausch in Farben und Kostümen, dazu ein ganz großer Sack voller witziger Ideen. So präsentiert sich die Annette Leistenschneiders Inszenierung von Cendrillon am Theater Nordhausen. Das Publikum bei der Premiere am Freitag war verzaubert. Das Libretto dürfte bekannt sein. Im großen und ganzen erzählt die Oper von Jules Massenet die Geschichte vom Aschenputtel. Die Mutter verstirbt früh und der Vater heiratet erneut. Die Stiefmutter bringt zwei Töchter mit und für die Halbwaise beginnt die Hölle der Patchwork-Familie Das Trio Infernale. Alle Fotos: TNLos Doch dann kommt die Chance in Gestalt eines Prinzen. Der ist nämlich auf der Suche nach der Frau und dem Sinn seines Lebens.  Es ist Liebe auf den ersten Blick, doch  die Konvention der Zauberwelt trennt die Beiden. Alles, was zurückbleibt, ist ein Schuh aus Glas. Während die deutsche Märchenversion im sozialen Niemandsland verbleibt, tri...

Der Mensch als Ungeheuer

Ulrich Tukur liest Moby  Dick im DT Die Geschichte vom weißen Wal und von  Käpt'n Ahab, dessen Rachsucht ein Schiff und seine Mannschaft in den Tod reißt,  ist Weltkulturerbe. Ulrich Tukur und der Pianist Sebastian Knauer haben sich dieses Schwergewicht angenommen.  Ihre musikalische Lesung am Samstag im Deutschen Theater erfüllt die Erwartungen gänzlich. Links ein Flügel,  rechts ein Tisch, die Bühne ist übersichtlich bestückt. Ein dunkelblauer Vorhang trennt Vorschiff und Achterdeck. Seine Farbe erinnert an die Tiefsee und in diesem  Abgrund werden Schiff und Mannschaft verschwinden. Der Tisch steht auf gedrechselten Beinen. In der Mitte seiner Kreuzüberblattung ruht eine Weltkugel. Das Möbel gehört einfach in die Kajüte eines Käpt'n. Das hat das kollektive Gedächtnis in Dutzenden Piratenfilmen gesehen. Das Theaterschiff ist voll, nur Käpt'n und Steuermann fehlen noch.  Alles Foto: Kügler Die Ankündigung verspricht eine ...

Ein Parzival für alle Fälle

Sven Mattke entstaubt für Junges Theater Nordhausen Es bedarf keines Wunder, damit Sohn und Vater mal einer Meinung sind. Es braucht nur ein mitreißendes Stück Theater und schon sind sie sich einig. So geschah es am Sonnabend im Theater unterm Dach in Nordhausen. Sven Mattke und Nele Neitzke zeigten in der Uraufführung von "Young Parzival" eine großartige Aufführung. 25.000 paarweise Verse umfasst der Epos von Wolfram von Eschenbach aus den Jahren 1200 bis 1210. In Buchform sind das 16 Bände. Nele Neitzke hat es geschafft, dieses literarische Monstrum auf 65 Minuten Schauspiel zu komprimieren und konzentrieren. die Meisterleistung besteht darin, dass nichts verloren geht. Krone auf: Sven Mattke spielt den König Artus. Alle Fotos: András Dobi Der Dramaturgin und Regisseurin ist es gelungen, die lange Legende auf die Eckpunkte zu reduzieren. In beeindruckenden Schlüsselszene  setzen sie die Wegmarken. Die Entwicklung des jungen Manns, sein Prozess der Reifung wird ...

Erst bedingt witzig, dann doch rasant

Theater Rudolstadt tagt als Festkomitee in Nordhausen Es existiert kein englischen Wort für die deutsche "Vereinsmeierei". Dennoch gibt es sie auf der Insel zu Genüge. Das lehrt das Stück "Das Festkomitee" von Alan Ayckbourn. Für das Theater Rudolstadt hat Steffen Mensching die Komödie inszeniert. Die Premiere in Nordhausen zeigt ein sehr langes Vorspiel, das erst nach der Pause Fahrt aufnimmt und bis dahin nur bedingt witzig ist. Eigentlich ist es eine tolle Idee. Die Kleinstadt soll ein Fest bekommen, wie es in Pendon noch keins gegeben hat. Dafür hat Ray eine Geschichte aus der Vergangenheit ausgegraben. Um "Die Zwölf von Pendon" soll ein Historienspiel entstehen, an dem die ganze Bevölkerung teilnehmen kann. Schließlich steckt hier alles drin, was die Gegenwart braucht: Freiheitsdrang, Widerstand und Gerechtigkeit. Also lädt Ray ein paar Mitbürger zur Gründung eines Festkomitees ein. Doch aus dem gemeinsamen Projekt wird schnell ein Zankapfel. Je...

Die Wahrheit ist ein zweischneidiges Schwert

Der Volksfeind als ein feines Psychogramm am Göttinger DT Es scheint aktueller denn je. Ein Arzt deckt einen Umweltskandal auf und die Mächtigen wollen ihn vertuschen. Das ist der Kern von Ibsens Volksfeind. Doch die Inszenierung von Gerhard Willert am Deutschen Theater in Göttingen konzentriert sich auf die Handelnden und nicht auf den Skandal. Darin liegt die Stärke und deswegen ist dieser Volksfeind auch nach 135 Jahren mehr als aktuell und weist über die Gegenwart hinaus. Tomas Stockmann hat in seiner Heimatstadt eine Heilquelle entdeckt. Das Nest wird zum Kurbad  und erlebt dadurch einen wirtschaftlichen Aufschwung. Stockmann selbst erhält die Stelle des Kuraztes, nachdem er und seine Familie lange Jahre in der Provinz darben mussten. Doch als die Investitionen in die neuen Kuranlagen sich langsam auszahlen, macht Stockmann die nächste Entdeckung. Doch mangelhafte Bauarbeit ist das Wasser verschmutzt und vergiftet die Kurgäste. Stockmann will seine Ergebnisse veröff...

Aus der Dampflok einen ICE gemacht

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer im Deutschen Theater Göttingen Es ist durchaus ein Wagnis, dieses Werk auf die Bühne zu bringen. Schließlich hat jeder die Bilder der Augsburger Puppenkisten vor dem Erwartungshorizont. Das Deutsche Theater Göttingen hat das Wagnis aber auf sich genommen. Sein Familienstück funktioniert, weil es sich von der televisionären Vorlage abgrenzt. Es ist ein Wagnis im doppelten Sinn. Auch der härteste aller Kritiker will mal den Jim und den Lukas live sehen. Trotz seines hohen Alters von fast 13 Jahren und der einstudierten Coolness eines Pubertiers will er einen Blick auf eines der schönsten Werke deutscher Jugendliteratur wagen. Als der Vorhang sich hebt, verzaubert bereits der erste Anblick und die Musik von Michael Frei hat das Publikum schon vorbereitet. Es gibt Pop statt Volksmusik. Niemand singt das Lied von der Insel mit zwei Bergen und das ist auch ganz gut so. Die Inszenierung von Katharina Ramser macht sich so weit es geht frei von ...

Wenn Näseln und Brummen gewollt sind

Das Modern Cello-Piano-Duo in Osterode Wer hätte gedacht,dass bei einer Veranstaltung der Musikgemeinde jemals ein Song von Nirvana erklingt? Dazu bedurfte es erst des Besuchs von Daniel Sorour und Clemens Kröger. Als Modern Cello-Piano Duo gastierten sie in der VHS Osterode und hatten noch einige andere Überraschungen im Gepäck. Von kammermusikalischer Besinnlichkeit war das Konzert im VHS-Forum weit entfernt. Spanische Tänze und bombastischer Rock im Gewand klassischer Instrumentierung bestimmten das Programm. Expressive Spielweise dominierten den Vortrag. Dabei schaffen es Sorour und Kröger, eine klare Linie zu halten und Kontinuitäten über die unterschiedlichen Stile zu verdeutlichen. Oben näselt es, unten brummt es, so lautete Dvorák Urteil über das Cello. Doch die Zeiten ändern sich und auch die Hörgewohnheiten. Was einst als Abwertung gedacht war, wird hier zum Gewinn. In beeindruckender Weise weiß Daniel Sorour die Klangmöglichkeiten seines Instruments zu nutzen und z...