Jede Menge Potential
Radio Antiqua beim Preisträgerkonzert
Im Wettbewerb "Alte Musik - Junge Künstler" der Händel Festspiele Göttingen konnte "Radio Antiqua" Jury und Publikum bei ihrem ersten Auftritt im Dezember überzeugen. Am Pfingstmontag kam das internationale Quintett als Sieger der Reihe 2013/14 zum Preisträgerkonzert in den Muthaussaal nach Hardegsen. Das Ensemble präsentierte mit seinem Programm "Der König of Musicke" einen beeindruckenden Querschnitt durch die Barockmusik, dass Händel und seine Beziehungen zum englischen Königshof in das Zentrum rückte, aber auch in Deutschland selten gespielte Komponisten wie Giovanni Battista Bononcini oder Nicola Antonio Porpora vorstellte. Radio Antiqua bestätigte das Votum der Jury und zeigte, dass es angesichts des eigenen Potentials noch große Dinge möglich sind.
Das Ensemble
Treibende Kraft bei Radio Antiqua sind Lucia Giraudo und Isabel Favilla. Sie riefen das Ensemble vor zwei Jahren in Den Haag ins Lebens. Seit der Gründung konnte das Orchester schon viel Erfahrungen auf Festivals in Europa sammeln. Im vergangenen Jahr war das Quintett als Young Artist in Residence am Centre Culturel de Rencontre in Ambronay tätig.Radio Anitqua hat sich der historischen Aufführungspraxis auf historischen Instrumenten verschrieben. Das Repertoire versammelt Werke von der Renaissance bis in die frühe Klassik. Dementsprechend richtet sich das Instrumentatrium aus. In Hardegsen kamen neben der Theorbe auch das Barockfagott und die Barockgitarre zum Einsatz. Trotzdem entwickelt das junge Ensemble eine beeindruckende Dynamik, die in frischen Darbietungen überzeugt. Beim Preisträgerkonzert gastieren Petr Hamouz am Cello und Leandro Maziote als Countertenor.
Das Programm
Leandro Marziote gastierte am Pfingstmontag als Countertenor. Alle Fotos: tok |
Für "Siedi Amarilli mia" von Bononcini nahm Radio Antiqua eine Umbesetzung vor. Die zweite Violine wurde durch die Tenorflöte ersetzt. Dies nimmt der Kantate ein wenig die Spitze und bringt sie in ruhigere Gewässer. Schließlich ist der Liebesschmerz und die Sehnsucht das Thema und ermöglicht duch den Wechsel von Trauer zu Verzweifelung. Isabel Favilla kontrastiert so harmonisch zu den expressiven Gesang von Leandro Marziote. Somit baut das Ensemble und der Gast eine Spannung auf, die eine eigene Interpretation ermöglicht.
Zu Bachs Sonate in e-Moll bilden Peter Hamouz am Cello und Mariano Boglioli am Cembalo die Basis für Lucia Giraudo, die mit ihren beeindruckend temporeichen Geigenspiel fast schon frei und in großer Höhe über dem Basso continuo variiert. Das hohe Niveau der Künstler zeigt sich im glänzenden Zusammenwirken der Einzelteile des Ensembles. Innerhalb kurzer Zeit
In Händels "Venti, turbini, prestate" geht es wieder um Liebesschmerz und Sehnsucht. Leandro Marziote darf sein gesamtes Potential ausspielen und trifft damit wohl Händel in seinem Kern. Mit dem mittelalterlichen Ambiente des Muthaussaals entsteht so für wenige Minuten ein flüchtiges Gesamtkunstwerk. Leider überzieht Marziote in seiner plakativen Darstellung im zweiten Teil die Arie "Pena Tiranna" aus dem Amadigi di Gaula deutlich. Das Gutgemeinte gerät fast zur Karikatur. Ähnlich verhält es sich auch mit der Kantate Nr. 11 von Porpora. Über einem weichen runden Cello von Peter Hamouz steigt Marziote zu schwindelerregenden Höhen auf.
Zum Schluss gibt es viel Applaus und Blumen für
alle. Foto: tok
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Nach dieser eindruckvollen Vorstellung durfte das Ensemble die Matinee erst mit einer Zugabe beenden. Am Ende des Konzerts im Hardegser Muthaussaal bleibt die Gewissheit, dass hier ein Orchester zu Gast war, dass den Spagat zwischen historischer Praxis und erfrischender Aufführung mühelos bewältigt.
Radio Antiqua, die Website
Die Händel Festspiele Göttingen
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