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Ein starkes Finale

Galakonzert mit dem Christ Church Cathedral Choir in Göttingen

Erst verhalten dann jubilierend. Das Konzert mit dem Chirst Church Cathedral Choir  am Saamstag in der Stadthalle Göttingen hinterließ einen gemischten Eindruck. Doch zum Schluss löste sich alles in Jubel auf.

Für den ambivalenten Eindruck war auch die Auswahl der Werke verantwortlich. Dem allegorischen und fast schon philosophischen „The Choice of Hercules“ stellte Laurence Cummings nach der Pause das jubilierende „Te Deum for the victory of Dettingen“ gegenüber. Damit beleuchtet er Händels Antworten auf die verschiedenen Konflikte.

Dort ist Herkules innerer Konflikt und die fällige antwort auf die Frage „Wie soll es in meinem Leben weitergehen?“. Hier ist es der Jubelgesang nach der gewonnenen Schlacht. Dabei wird das Festpiel-Motto auch mal von einer anderen Seite bespielt.

Passt gut zusammen: FSG und CCCC.
Alle Fotos: Kügler

Die Schublade „Spätwerk“ wurde in der Spielzeit 2018 der Händel Festspiele häufig geöffnet. Doch beim Herkules trifft es das Prädikat wohl eindeutig. An einigen Ecken schimmert schon die Klassik durch und Händel nimmt bei den Streichern einiges vorweg, was 30 Jahre später zum Standard wurde. Er hat das barocke Korsett aus Thema – Variation – Thema – weitere Variation zumindest gelüftet.

Im pastoralen Accompagnato der ersten Szene setzt Fflur Wyn als Pleasure mit ihren jugendlichen Stimme den Kontrast, den sie in den anschließenden Arien noch ausbaut. Die weichen Holzbläser treffen hier auf ein prägnantes Vibrato.

Das Duett mit dem ChristChurch Cathedral Choir setzt diese Linie fort. Hier die kraftvolle Stimme der Freude und Vergnügungssucht, vertont im Sopran von Fflur Wyn, dort die Begleiter.

Doch diese zeigen sich hier unerwartet zurückhaltend. Die Lebensfreude des Chors scheint überschaubar. Dennoch zeigt der Christ Church Cathedral Choir, warum er zur Spitzenklasse gehört. Im transparenten Klangbild baut sich die der runde Sopran über den distinguierten Tenören auf.

Zur jugendlichen Elan von Wyn ist Rachel Kelly der Gegenentwurf. Sie legt ihre Rolle als Virtue wesentlich zurückhaltender an. Sie zeigt sie die eher lyrische Seite ihrer Stimmlage und im direkten Vergleich erschließt sich dem Publikum das Spektrum des Soprans.

Dennoch liefert Kelly in der zweiten Arie der zweiten Szene ein wahres Festivals an Koloraturen ab, doch gemäß der Rollenbeschreibung mit dem Verzicht auf jeglichen Pathos.

Diese drei Herren sollte man sich merken.
Hier ordnet sich auch Diana Moore in der Titelrolle ein. Ihr Mezzosopran intonisiert für die schwierige Situation, in der sich der gefallene Held gerade befindet, auf empfindsame Weise. Mit Synkope verzögert sie den Vortrag und erzeugt Spannung und macht die Entscheidungssituation des Herkules auch in der Arie deutlich.

Die Antwort eines Begleiters der Freude setzt hier einem dramaturgischen Punkt. Chorleiter Darlington und Cummings haben dazu den passenden Tenor aus dem Chor ausgesucht. Der junge Mann singt eine Arie, die voller Liebe zur Freude steht.

Damit ist das Terzett Herkules, Pleasuer und Virtue passend vorbereitet. In dieser Hopp-oder-Topp-Situation können Moore, Wyn und Kelly noch einmal ihre Positionen deutlich machen.

Doch die starken Schlusspunkt setzt der ChristChurch Cathedral Choir. Hat er im „Arise Arise“ seine Zurückhaltung aufgegeben, so wird der Schlusssatz zu einem wahren Festival des Chorgesangs. Alle vier Stimmlagen funktionieren für sich und auch gemeinsam und erzeugen ein Klangbild, das Gänsehaut erzeugt.

Das Dettinger Te Deum steht nach der Pause für die bekannte Seite Händelscher Jubelwerke. Viel Pauken und viel Blech leiten den Lobgesang auf den siegreichen Heerführer ein. Händel zitiert sich selbst und findet wohl Gefallen an seiner Wassermusik.

Mit druckvollem Gesang reiht sich der Chor jetzt in das Geschehen ein. Doch das Klangbild bildet weiterhin bei der brillanten Transparenz in der erstaunlichen Vielschichtigkeit. Im „Cherubim and Seraphim“-Satz steigern sich die Bässe über den Sopran hinweg, bis dann der Alt den starken Schlusspunkt setzt.

Zum guten Schluss gab es Applaus für alle.
Alle Fotos: Kügler
Als Bösewicht voller Tatendrang konnte CodyQuattlebaum schon in der Festspieloper „Arminio“ überzeugen. Hier führt er sich zurückhaltender ein. Seine Arie im Down Tempo kontrastiert den Drang nach Jubel mit einem Moment des Innehaltens.


Später wird er noch die Vouchsafe-Arie mit einem Lamento singen, dass aber nicht ins Weinerlich kippt sondern immer noch die Urgewalt seiner Stimme erkennen lässt.


Doch der tragende Pfeiler des zweiten Teils ist unbestritten der Chor. Das Bass-Tenor-Alt-Trio der drei Chorknaben ist der Höhepunkt des Abends und bestätigt den formidablen Eindruck, denn der Christ Church Cathedral Choir am Vorabend beim Konzert in Duderstadt hinterlassen hat.


Doch dazwischen darf DavidStaff noch ein Solo auf der Barocktrompete spielen, dass dem Jubelgesang in nichts nachsteht.


Das Terzett bietet Harmonie in Perfektion. Die drei Stimmen funktionieren allein und insgesamt. Sie legen die tiefe Freude, die sich hinter verhaltener Intonation verbirgt. Der Jubel mit angezogener Handbremse ist dem Thema durchaus angemessen.

Diese Linie halt die Aufführung bis zum Schlusschor durch. Somit endet das Oratorium in tiefer Friedfertigkeit. Futter für die Seele. Nach solch einem Konzert verzeiht man seinen ärgsten Feinden und sogar der eigenen Verwandtschaft.








Material #1: DerHerkules – Das Werk
Material #2: DettingerTe Deum – Das Werk

Material #3: DieHändel Festspiele – Die Website
Material #4: DieHändel Festspiele – Das Werk

Material #5: Christ ChurchCathedral Choir – Die Website
Material #6: DavidStaff – Die Website
Material #7: CodyQuattelbaum – Die Website







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