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Kurz und knackig im Kloster

Salomo Schweizer begeistert mit dem Staatsorchester Braunschweig

Kurz und klasse. so kann man den Auftritt des Staatsorchester Braunschweig bei den Kreuzgangkonzerten am Sonntag bezeichnen. Neben einem Ensemble in Hochform gab es mit Salomo Schweizer einen Solisten an der Oboe, der wohl am Anfang einer großen Karriere steht.

Dabei ist das Ensemble in kleiner Besetzung angetreten, schließlich stand im Stammhaus zur gleichen Zeiten noch eine Oper auf dem Programm. Das ist eher als Gewinn zu verbuchen und entspricht den Bedingungen im Kreuzgang. Zudem kennt Gastdirigent Gerhard Schaller die Räumlichkeiten und ihre akustischen Besonderheiten und er weiß diese Kenntnisse in Musik und Wohlklang umzusetzen.

Haydn, Mozart und noch einmal Haydn stand auf dem Programm. die Sinfonie Nr. 6 G-Dur, auch „Le Matin“ genannt, ist gekennzeichnet vom Übergang des Barocks in die Frühklassik. Haydn vertraut hier auf Rückgriffe auf bewährte Musizierpraxis.

Josef Ziga spielt die erste Geige.
Alle Fotos: Kügler
Dennoch löst sich sein Frühwerk schon deutlich von den strengen Vorgaben des Barocks und setzt mehr auf Stimmungen als auf die Einhaltung von Schemata. Nach dem verhaltenen Beginn wird die Melodie von den Blechbläser forciert und vorangetrieben, um dann wieder in die ruhige Spur zu wechseln, um die Oboe sich zu Worte meldet.

Die Bezeichnung Adagio Allegro ist ein Widerspruch in sich. Dank der Harmonie und Präzision der Streicher meistert das Ensemble dieses Wechselbad der Tempi erstklassig. Der Kontrast zwischen den zurückhaltenden Streichern und den kräftigen Bläser erzeugt einen Spannungsbogen, der trägt.
Dabei schafft Gerhard Schaller ein filigranes Klangbild. Alle Register kommen zu ihrem Recht und selbst das Cembalo ist noch deutlich zu erkennen. Das ist seinem Dirigat mit deutlicher Führung zu verdanken. Schaller liebt die großen Gesten und das Publikum erwartet dies auch von ihm. so muss eben Klassik sein.

Mit Adagio, Andante, Allegro wirkt der zweite Satz wie ein Übungsstück klassischenMusizierens. Aber auch diese Wechsel stellen das Staatsorchester vor keine größeren Probleme. Dieser Satz bietet dem Konzertmeister Josef Ziga die ersten Möglichkeiten, seine Stellung als Erste Geige noch einmal zu bestätigen.
Das anschließende Menuett bringt mit dem Wechsel von Pizzicato und Stakkato und dem Dialog von Streichern und Fagott den erwünschten tänzerischen Eindruck. Dieser bestimmt auch das anschließende Allegro.

Dafür gibt es deutlichen Applaus und steigert die Erwartungen an das zweite Stück. Schließlich ist der Oboist mit großen Worten angekündigt worden.

Kurz vorm Solo: Salomo Schweizer.
Alle Fotos: Kügler
Für Salomo Schweizer geht gerade die erste Spielzeit im Staatsorchester Braunschweig zu Ende. Mit dem Auftritt im Kloster Walkenried hat der Mann aus Luzern deutlich gemacht, dass mit ihm noch zu rechnen ist. Sein weiterer Weg  wird ihn wohl noch zu anderen Orchestern führen.
Mozarts Konzert C-Dur für Oboe und Orchester genießt eine Ausnahmestellung in der klassischen Musikliteratur. Schließlich war zur Enstehungszeit dieses Instrument technisch noch nicht ausgereift und vom Umfang her noch begrenzt.

Davon ist beim Kreuzgangkonzert nichts zu merken. Nach dem verhaltenen Beginn im Allegro setzt Schweizer in seinem ersten Solo eine Flut von trippelnden Tönen frei. Doch bevor sich diese verdrehen verschleppt Schweizer das Tempo mit langgezogenen Einzeltönen, die sich gleich wieder in Kaskaden auflösen. Von Begrenzung keine Spur, Schweizer zeigt, was in einer Oboe alles drinstecken kann.

Sein Solo im dritten Satz begeistert mit der gleichen Vorgehensweise und mit derselben erstaunlichen Präzision. Mozart war von seinen Zeitgenossen und Konkurrenten vorgeworfen worden, dass er mehr Töne produziere als der Mensch wahrnehmen könne. Schweizer erfindet noch ein paar dazu, so hat es den Anschein. Das Publikum quittiert den Erfindugsreichtum des 25-Jährigen mit einer Euphorie, die schon Pop-Qualitäten hat.

Der Abend beginnt mit Haydn und er endet mit Haydn. In dessen Sinfonie Nr. 8 G-Dur, auch „Le Soir“ genannt, erzeugen Schaller und das Staatsorchester Braunschweig dasselbe filigrane Klangbild wie ein ersten Teil. Dabei ist dieses Werk vom Gedanken des musikalischen Dialogs geprägt. Erst kommunizieren die Streicher untereinander, dann Streicher und Bläser. Die Geigen entwickeln ein Motiv, das der Bass und die Celli aufgreifen, bearbeiten und zurückgeben. Haydns Frühwerk ist vom Spätbarock gekennzeichnet.

Im Andante beschränkt sich dieses Spiel auf Erste Geige und Kontrabass. Michael Klaus entlockt seinem Instrument dabei erfrischen tänzerische Töne. einziger Wermutstropfen sind die Blechbläser, die sich im Menuett sehr deutlich zu Wort melden.

Der Lohn für diese Leistung ist jede Menge Applaus und ein Gastgeschenk nach 90 Minuten Konzert, kurz aber klasse eben. Lob und Gastgeschenk, beides teilt Dirigent Gerhard Schaller gern mit dem Orchester und seinen Solisten. Jeder bekommt seinen Applaus, selbst diejnigen, die sonst in der Tiefe des Orchester verborgen bleiben. Das zeichnet die Qualität von Gerhard Schaller als Teamplayer aus.






Material #1: Die Walkenrieder Kreuzgangkonzerte - Die Website
Material #2: Salomo Schweizer - Die Website
Material #3: Das Staatsorchester Braunschweig - Die Website

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