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Der Himmel weinte ein wenig beim Konzert von Alsmann

Feucht-fröhliche Abschiedsparty im Kreuzgarten

Es waren Götz Alsmann und Band, die 2004 die Tradition der Open Air Konzerte bei den Kreuzgangkonzerten begründeten. Danach kamen der Hr. Doktor und seine Combo regelmäßig zu rauschenden Musikfesten nach Walkenried. Am Montag lieferte das Quintett noch einmal ab und machte deutlich, was ein Konzert der Extraklasse ausmacht. 

Im Gepäck hatte die Band das neue Album "Bei Nacht" und ist Grundlage des neuen Live-Programms. Nach vielen Versuchen in Rumba und Mambo macht das Ensemble damit einen Schritt zurück in Richtung Wurzeln. Es swingt, es jammt, es macht Spaß, die jazzigen Anteile dominieren und das ist gut so. Gemischt wird das ganze mit einem ordentlichen Schuss Schlager aus seinen besten Tagen.

Es zieht sich durch den ganzen Abend: Hier treffen sich Ausnahmemusiker auf Augenhöhe. Götz Alsmann am Piano und Schlagwerker Altfrid M. Sicking treiben sich zu fantastischen Soli an. Manchmal bleibt auch Platz für die anderen, aber weniger als in den Vorjahren



Das ist der Kern der Musik seit Urzeiten. Menschen kommen zusammen, entwickeln gemeinsam Ideen, tauschen Noten aus, jeder variiert ein wenig und zum Schluss trifft man sich wieder auf dem gemeinsamen Nenner. Trotz aller Routine haben Alsmann und sein Ensemble den Spaß an diesem Treiben nicht verloren und diesen Spaß geben sie an der Publikum weiter. Mehr kann man nicht erwarten. 

Das ist der Kern der Musik

Ob drinnen oder draußen, dank des überschaubaren Auditoriums und des direkten Kontakts zum Publikum sind die Kreuzgangkonzerte das allerbeste Forum für solche einmaligen Erlebnisse. Spontan und einmalig statt durchgeplant und beliebig, darauf kommt es an, wenn aus musikalischen Abenden bleibende Erinnerungen werden sollen.

Genau das haben Alsmann und Band geschafft und auch sie hatten ihren Spaß dabei. Das beginnt schon bei der ersten Nummer "Die Nacht, die Musik und dein Mund". Der Jazzschlager kommt locker und beschwingt daher und versetzt das Publikum von der ersten Note an in gute Stimmung. Man vergisst das Wetter und so soll es auch sein. 

Selbst das Trauerstück "In dieser Stadt" aus dem Repertoire von Hildegard Knef  kommt locker daher und Sicking und Alsmann probieren sich bei der Gelegenheit auch mal in Blues-Akkorden. Ausgerechnet bei der Referenz an die Beatles leisten sie sich einen Rückfall in Mambo-Zeiten. Aus "Yesterday" hatte Knut Kiesewetter einst "Gestern noch" gemacht. Die Alsmann-Version mit lateinamerikanischen Rhythmen nimmt dem Original und der Cover-Version den Zuckerguss und das ist gut so. 


Mehr als nur Musik

Was Alsmann einmalig macht, sind seine Moderationen. Das ist Schabernack auf halbwissenschaftlichen Niveau. Rasant und wortreich nimmt er das Publikum mit in sein Kopfkino. Der Doktor erfindet nicht nur Geschichten, sondern auch Worte. Keiner der Anwesenden wird je vergessen, wie einst die Schlager von Margot Hilscher im Archiv des WDR verschwanden, wie sich namhafte Musiker erfolglos darum bemühten, den Soundtrack von "Lieben Sie Brahms?" auf dem deutschsprachigen Markt zu etablieren. Die Erzählung von Horst Frank, Senta Berger und Vivi Bach aus den Zweiten des Agentenfilms ist so eindringlich, dass man gern glaubt, dass es den Streifen "Der Fluch des Tachagoti" wirklich gibt.

Das sind Fake News, aber Götz Alsmann baut die Versatzstück der Pop-Kultur der Nachkriegszeit so gut zusammen, dass man die Wahrheit gar nicht wissen will. Das ist wohl Natürliche Intelligenz. Die lässt sich auch nicht vom kleinen Regenschauer aufhalten. 

Das war's dann wohl

Immer wieder bedankt sich Götz Alsmann bei Thomas Krause und seinem Team. Das kleine Festival im kleine Garten ist dem großen Musiker und seinem Ensemble über 20 Jahre hinweg ans Herz gewachsen. Mehr Lob kann es kaum geben. 

Doch im nächsten Jahr steht der Kreuzgarten wegen Sanierungsarbeiten als Spielstätte nicht zur Verfügung. Zudem beendet Thomas Krause am Ende diesen Jahres seine Intendanz bei den Kreuzgangkonzerten. Wie es dann weitergeht, ist noch unklar.

Auf der anderen darf spekuliert werden, ob das Album " ... bei Nacht ... " das Opus magnum ist, mit dem sich Alsmann und sein Ensemble von den Bühnen verabschieden wollen. Dann darf sich das Publikum umso mehr freuen, Teil dieses grandiose Konzert gewesen zu sein.  




Blick ins Archiv


Die höchsten Weihen - Alsmann 2016 im Kreuzgang

Fliegen, singen, tanzen - Alsmann 2019 im Kreuzgarten

Die letzten ihrer Art - Alsmann 2022 im Kreuzgarten


     

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