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Dieser Elch hat sich überlebt

Trotz Neuerungen zeigt die Preisverleihung akuten Neuerungsbedarf Seit 25 Jahren gibt es den „Göttinger Elch“. Am Sonntag wurde Deutschlands einziger Satirepreis im Deutschen Theater verliehen. Trotz einiger Neuerungen zum Geburtstag wurde deutlich, dass das Prozedere einige Korrekturen braucht, damit der „Göttinger Elch“ lebendig bleibt. Als Preisträgerin 2021 wurde Maren Kroymann ausgezeichnet. Preisträger für das Jahr 2022 ist Eugen Egner. Corona-bedingt gab es 2020 keinen Preisträger. Maren Kroymann zeigte sich bei ihrer Dankesrede glücklich. Sie sei vor allem darüber froh, dass es unter ihren zahlreichen Auszeichnungen der erste Preis sei, der ihr nicht im Zusammenhang mit einer Fernsehsendung verliehen wurde. Zudem bedankte sie sich bei all denjenigen, die sie beim Karrierestart Mitte der 80-er Jahre unterstützt hatten. Maren Kroymann hat mit dem Programm „Auf du und du mit dem Stöckelschuh“ 1982 die Bühne betreten. Sie bot als erste Kabarettistin einen Zugang, der nicht ...

Kein großer Schritt nach vorne

 Antje Thoms verabschiedet sich mit ungewöhnlicher Inszenierung Die Inszenierung ist gut, das Stück hat Schwächen. So lässt sich die letzte Aufführung am Deutschen Theater unter der Regie von Antje Thoms zusammenfassen. Mit „Der Weg zurück“ verabschiedete sie sich nun nach Regensburg. Am Anfang steht die Überforderung. Daraus wächst der Wunsch nach einem einfachen Leben. Weil es immer mehr Menschen mit diesem Wunsch gibt, ist in den USA die Bewegung der Regression, der langsamen Rückwärtsbewegung, entstanden. Der britische Autor Dennis Kelly hat diese Erscheinung in seinem Stück „The Regression“ verarbeitet. Das Werk führt durch fünf Generationen. Am Ende der Technikfeindlichkeit steht eine steinzeitliche Gesellschaft. Ausgangspunkt sind „Der Mann“, seine Tochter „Dawn“ und ihr schweres Schicksal. Endpunkt ist eine weitere „Dawn“, die so retardiert ist, dass sie nur noch einsilbige Wörter beherrscht. Was mit Skepsis der modernen Technik gegenüber beginnt, endet mit dem völlig...

Dieser Fotograf ist nur etwas für Erwachsene

  Neu bei Steidl: Zeitaufnahmen von Werner Bartsch Dieses Buch sollte man von hinten nach vorne lesen. Im Nachwort von Stefan Gronert ist der Schlüssel zum Verständnis versteckt und der lautet „Projektionsfläche“. Es ist aber auch zulässig, sich die Fotos anzuschauen, erst dann das Nachwort zu lesen und mit der Zusatzinformation einen erneuten Zugang zum Schaffen von Werner Bartsch zu suchen. Bartsch gehört zu den prägenden Fotografen der Gegenwart. Seit Jahrzehnten lichtet er Zeitgenossen für die großen Publikationen der deutschen Presselandschaft ab. Mit „Zeitaufnahmen“ hat er jetzt im Steidl-Verlag einen Überblick über die letzten 25 Jahre veröffentlicht. Auf 196 liefert er Porträts von und Fotos mit bekannten und unbekannten Mitmenschen ab. Das ungewöhnliche Format von 52 mal 31 Zentimeter auf der Doppelseite schmeichelt dem Auge. Es sind durchweg Aufnahmen im Querformat und die korrespondieren wunderbar mit der Gestaltung. Auch haptisch ist dieses Buch ein Erlebnis. Gele...

Jane Eyre verharrt im Mittelfeld

 Uraufführung des Musicals kann nur bedingt überzeugen Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht. Diese alte Weisheit gilt zum großen Teil für das neue Musical am Theater Nordhausen. „Jane Eyre“ verharrt im Mittelfeld. Die Inszenierung hat wenige Höhepunkte und einige Schwachstellen. Dabei waren die Erwartungen hochgesteckt, denn das Musical nach dem gleichnamigen Roman von Charlotte Brontë erlebte in Nordhausen seine deutsche Erstaufführung. Am Ende überwiegt die Freude, endlich mal wieder Theater vor großem Publikum erleben zu können. Die Geschichte reiht sich ein in die Gefühlswirren der Romantik. Eine junge Frau mit schwerer Kindheit hat immer noch so viel Liebe in sich, dass sie einen verbitterten älteren Mann wieder auf den rechten Weg führt und am Ende auf die Allee in das gemeinsame Happy End einbiegt. Kommerziell war es der größte Erfolg von Charlotte Brontë. Die vermeintliche Autobiografie wurde 1847 schon kurz nach dem Erscheinen zum Bestseller. Zumindest im ...

Ein leiser Angriff auf den Mythos

Erich Sidler inszeniert "Wagner - Ring des Nibelungen" am DT Göttingen  Dieses Stück ist wohl nötiger denn je. Am Deutschen Theater Göttingen hat Erich Sidler “Wagner - Der Ring des Nibelungen” von Thomas Köck inszeniert. Es geht um die Wirkungsmächtigkeit der Mythen. Die Aufführung ist ein vielschichtiger Kommentar zur Zeit und lässt dabei Raum für die Zuschauer. Vier Opern, 16 Stunden Spielzeit und insgesamt 24 Jahre Schaffenszeit. Der Ring der Nibelungen ist das Opus magnum von Richard Wagner. Das Werk und ihr Schöpfer verschmelzen in der Populärkultur. Seine Fans bezeichnen sich als Wagnerianer und bekennen sich zu ihrem sektenhaften Verhalten. Nicht weniger als die ganze Welt erklären, wollte Wagner hiermit und ausgerechnet der selbst ernannte Punk Schlingensief holte den bayerischen Sachsen aus der Ecke der Untoten. In Zeiten, in denen das Narrativ mehr zählt als die Fakten, ist ein Stück, dass sich mit der Kraft der Mythen beschäftigt, dringend notwendig. Autor Thomas ...

Gemeinsam die Dämonen besiegen

 Sayasaki: Butoh-Tanz im Jungen Theater Eine Choreographie, die Mut macht in diese Zeiten, zeigte das Junge Theater am vergangenen Wochenende. Unter der Leitung von Tadashi Endo war dort in den letzten Wochen „Sayasaki“ entstanden. Dennoch zeigt die Uraufführung ein beeindruckendes Werk mit Schwachstellen. Endo hat den Butoh vor mehr als vierzig Jahren nach Südniedersachsen gebracht. Diese Form des Tanztheaters thematisiert immer wieder den Schmerz in seinen unterschiedlichen Formen. Da ist es also naheliegend, eine Butoh-Choreographie zu Corona zu machen. Ausgehend von der Theorie, dass die Lasten der Pandemie hauptsächlich auf den Schultern der Frauen lasten, hat Endo das Stück mit den Tänzerinnen Virginia Torres Peres, Satoko Shimizu und Natsuko Kono entwickelt.  Tadashi Endo in den wechselnden Rollen das Troll, Dämon oder Virus immerhin als Individuum, die drei Tänzerinnen nur als Kollektiv. Zwei von drei gemeinsam gegen den Dämon Foto: Maciej Rusinek Es ist eine Cho...

Aus der Carmen den Don José gemacht

Ballettpremiere am Theater Nordhausen Endlich wieder Ballett. Das war am Freitagabend die Devise im Theater Nordhausen. Dort stand die Premiere von „Carmen“ auf dem Programm. Nach langer Pause zeigte sich die Choreographie von Ivan Alboresi vor allem als routinierte Inszenierung mit einigen Höhepunkten. Das Publikum bedankte sich am Ende euphorisch für das Ende der Durststrecke. Mit „Carmen“ ist es ähnlich wie mit „Titanic“. Warum soll man sich das anschauen? Das Ende ist doch bestens bekannt. Weil es auf die Erzählweise ankommt und die ist bei Alboresi vor allem ruppig mit Akzentverschiebung, weg von der Titelfigur hin zu Don José, dem Killer von der traurigen Gestalt. Er wolle kein Erzählballett machen, hatte Ivan Alboresi einst im Interview gesagt. Nun hat er es doch getan. Seine „Carmen“ ist es Erzählballett par excellence. Klar arbeitet er sich am Erzählfaden entlang, den Prosper Mérimée einst mit seiner Novelle gelegt hat und die von Georges Bizet zur Oper ausgebaut wurd...